- Wie sieht es mit der aktuellen Sicherheitslage aus?
- Wie ist das Weihnachtsgeschäft verlaufen?
- Was wünscht sich die IGV?
- Wem gehört das Viertel?
- Weshalb hat die Stadt kein Vorkaufsrecht?
- Welche Ideen hat die Interessengemeinschaft im Viertel noch?
- Was sagt die Nachbarschaft?
Gute Nachrichten hatte der neu formierte Vorstand der Interessengemeinschaft "Das Viertel" (IGV) im Lagerhaus zu verkünden. Die Botschaft vorweg: Das Weihnachtsgeschäft ist positiv verlaufen und die Kriminalität zurückgegangen. Der Beirat Mitte mit seinem Ausschuss für öffentliches Leben, Handel und Gewerbe und der Ausschuss Soziales, Kultur, Wirtschaft und Sport des Beirates Östliche Vorstadt hatten die Einzelhändler und Gastronomen eingeladen, um sich die aktuelle Situation schildern zu lassen.
Wie sieht es mit der aktuellen Sicherheitslage aus?
Derk Dreyer, Leiter der Abteilung Mitte-Süd der Bremer Polizei, konnte einige Erfolge vermelden. So befänden sich die hohen Deliktzahlen bei Raub und Einbruchsdiebstählen im Viertel im Sinkflug, auch dank der Erfolge der Soko "Junge Räuber". 28 Haftbefehle seien verhängt worden, 25 Täter inzwischen in Haft. Dreyers Eindruck teilt beispielsweise auch Peter Bollhagen (FDP), Beirat in Mitte, der im Schnoor wohnt. Auch dort habe sich die Lage inzwischen verbessert. Die verbesserte Sicherheitslage im Viertel hat sich aus Sicht einiger Viertel-Kaufleute auch positiv auf das Weihnachtsgeschäft ausgewirkt.
Wie ist das Weihnachtsgeschäft verlaufen?
Anne-Catherine Caesar, Vorstandsmitglied der IGV, stellte die Ergebnisse einer nicht repräsentativen Umfrage unter Viertel-Geschäftsleuten vor. 35 Einzelhändler und Gastronomen nahmen daran teil. Die Aktionen rund um die Weihnachtszeit haben offenbar dazu beigetragen, dass die IGV eine positive Bilanz ziehen konnte. Zweidrittel der Befragten bewerteten ihre wirtschaftliche Situation im November und Dezember als positiv. Bei etwas mehr als der Hälfte der Geschäftsleute ist die Kundenfrequenz gestiegen.
Was wünscht sich die IGV?
An oberster Stelle steht der Wunsch nach einem durchgehenden Beleuchtungskonzept, besonders für die dunklen Seitenstraßen des Viertels. Aber auch eine mobile Video-Überwachung beispielsweise am Ziegenmarkt wird gefordert. Dazu die Etablierung öffentlicher Toiletten und vor allem: Das Viertel soll begrünt werden. Karin Take von der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) hat für einen Zeitraum von zwei Jahren bereits 80 bis 90 Standorte beim Amt für Straßen und Verkehr eingereicht. Auch hier geht der IGV-Appell mit dem Wunsch um Unterstützung an die beiden Beiräte, ebenso an Politik und Verwaltung. Ein weiteres Problem: der Müll im Viertel. Dem neuen IGV-Vorsitzenden Peer Rüdiger zufolge gibt es in einigen Häusern keine Mülltonnen. Da müssten die Vermieter in die Pflicht genommen werden, betonte Ute Treptow von Die Partei. Hilfe von der Politik, insbesondere vom Wirtschaftsressort und auch der WFB erwarten die Geschäftsleute, wenn es um den Branchen-Mix im Oster- und Steintor geht.
Wem gehört das Viertel?
Oft ist die mangelnde Transparenz in Bezug auf die Identität der Immobilien-Eigentümer im Viertel kritisiert worden. Die Wirtschaftsbehörde verweist in diesem Zusammenhang auf den Datenschutz. Wem das Viertel gehört, das habe letztendlich auch Einfluss auf den Branchen-Mix, der sich, gerade im Steintor, immer mehr in Richtung Monokultur bewege, so die Wahrnehmung der Geschäftsleute. Ute Treptow, seit 40 Jahren Viertelbewohnerin, sprach in diesem Zusammenhang vom "offenen Geheimnis der Geldwäsche", die allerdings schwer nachzuweisen sei. SPD-Beirätin Anke Kozlowski riet, solche Verdachtsmomente anonym an die Polizei weiterzugeben. Letztlich sei es immer noch so, dass der Meistbietende einen Mietvertrag in besagten Immobilien erhalte, räumte Karin Take ein. Man sei weiterhin bemüht, die Leerstandsquote einzudämmen. Die WFB versuche hinsichtlich des Branchen-Mix Einfluss auf die Immobilieneigentümer zu nehmen. Oft sei das schwierig.
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Weshalb hat die Stadt kein Vorkaufsrecht?
Peer Rüdiger betonte, dass gerade wieder ein Paket von sieben Geschäften für fünf Millionen Euro im Viertel zum Kauf angeboten werde. Sein Vorschlag: Bremen könnte hier in Vorleistung gehen und per Vorkaufsrecht die Immobilien erwerben, um so Einfluss auf die Vermietung nehmen zu können. Teilweise refinanzieren ließe sich das in Teilen durch Mietkauf der Häuser durch einige Mieter. So werde es bereits seit 30 Jahren in Frankreich von der die Infrastruktur stärkenden Gesellschaft Semaest praktiziert, um alte Quartiere wiederzubeleben. Der IGV-Vorsitzende kritisierte, dass seitens des Senates immer argumentiert werde, dass Bremen kein Geld dafür habe. In anderen deutschen Städten sei das anders. "Das Geld kommt zurück", da ist Rüdiger sich ganz sicher. Anke Kozlowski regte an, diese Idee in den Bauausschüssen zu diskutieren.
Welche Ideen hat die Interessengemeinschaft im Viertel noch?
Über einzelne, temporäre Aktionen wie beispielsweise das regelmäßige Gastspiel von "Stelzenart" hinausgehend, schwebt Peer Rüdiger eine Graswurzelbewegung für die Geschäfte und Gastronomien im Viertel vor. So könnten die Läden mit Live-Musik, oder -Lesungen sowie Workshops oder Ähnlichem belebt werden. Es müsse nun um ein Alle-Mann- beziehungsweise Alle-Frau-Manöver gehen, betonte auch Ute Kraft von "Kraftstoff", ebenfalls Mitglied im Vorstand der IGV. "Wir müssen mutig sein und uns auflehnen gegen diejenigen, die alles kaputtmachen", betonte sie.
Was sagt die Nachbarschaft?
Duglore Katz, engagierte Viertelbewohnerin aus dem Fehrfeld, betonte: "Wir machen es uns hier so schön wie möglich, helfen und besuchen uns gegenseitig." Die Nachbarschaft sei gut vernetzt, auch mit den neu angekommenen Geflüchteten. Aber eines sei auch klar: "Wir brauchen die Unterstützung der Politik." Ein Ärgernis ist demnach immer noch die zu laute Abluftanlage des "City Chicken" am Sielwall. Karin Take und Ortsamtsleiterin Hellena Harttung versicherten, dass sie mit der Bauordnung nach wie vor an dem Thema dran seien. Besonders angetan hat es Duglore Katz eine integrative Aktion des Theaters Bremen: Ab dem 19. Februar gibt es die jeden Montag-, Mittwoch- und Freitag-Nachmittag in der Theater-Kantine das Café global. Bei Kaffee und Kuchen können Interessierte Kontakte zu den Geflüchteten knüpfen, die in den Zelten im Neuen Hulsberg-Viertel untergebracht sind. Anmeldung am Bühnenausgang beim Theater-Pförtner genüge.