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Beirat Mitte Fablab kämpft erneut ums Überleben

Schon seit Jahren fordert der Beirat Mitte eine auskömmliche Finanzierung des Fablab im Postamt 5 durch den Senat. Dass noch nichts geschehen ist, hat jetzt Konsequenzen: Das Vorzeige-Projekt steht vor dem Aus.
29.04.2024, 05:00 Uhr
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Fablab kämpft erneut ums Überleben
Von Sigrid Schuer
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Mini-Roboter sausen zielstrebig über die Routen einer Landkarte, auf der vermerkt ist, was im Fablab Bremen alles so gemacht wird: Neben Forschung und Wissenschaft auch Kreativwirtschaft, Kunst und Bildung. Die kleinen Hightech-Wesen namens Ozobots drehen sich um die eigene Achse, um sich zu orientieren, und scheinen mit ihren blinkenden Silberaugen neugierig um sich zu blicken. Nur einer der Schätze, den die Wunderkammer Fablab zu bieten hat. Und zwar unter dem Motto: Gestalten, machen, lernen, teilen. Da staunen die Mitglieder des Fachausschusses Soziales, Sport und Kultur des Beirates Mitte nicht schlecht. Sogar Bürgermeister und Kultursenator Andreas Bovenschulte (SPD) sei von den flitzenden Mini-Robotern begeistert gewesen, erzählt Antje Moebus vom Vorstand des Vereins Fablab. Eine ausreichende Finanzierung des Fabrikationslabors gibt es im Haushaltsnotlageland Bremen trotzdem nicht. Schon mehrfach stand es Lab auf der finanziellen Kippe, zuerst 2018, zwei Jahre nach dem Umzug in die erste Etage des alten Postamtes 5 am Bahnhof. Gleich nebenan befindet sich die Skater-Halle des Sportgartens, Kooperationspartner und Hauptmieter des Areals. Für Uli Barde vom Sportgarten ist der Erhalt des Fablab von "elementarer Wichtigkeit".

Was bietet das Fablab?

2013 war das Fablab nach US-amerikanischem Vorbild der Elite-Uni MIT auch an der Universität Bremen gegründet worden. Das Fabrication Laboratory (Fabrikationslabor) ist der Erfahrungsraum für digitale Technologie in Bremen. In dem multifunktionalen Raum mit hochwertigen modernen Geräten wie beispielsweise einem 3-D-Drucker und einem Lasercutter können Menschen digitale Technik erleben und ausprobieren. So bietet das Fablab auch die Möglichkeit zum niedrigschwelligen Programmieren, sogar schon für Kindergarten-Kinder. Gerade erproben sich die Ausschuss-Mitglieder an einem interaktiven Plakat, dem sie verschiedene, fiepende Töne entlocken. Gleich daneben: Die Löt-Werkstatt und das Regal, in dem kleine, per 3-D-Druck gefertigte Kunstwerke wie ein Modell der im Krieg zerstörten St.-Ansgarii-Kirche oder eine kleine, blaue Raupe aus Kunststoff stehen.

Weshalb ein Ortstermin?

Dass Antje Moebus und ihre Kollegen die Stadtteilparlamentarier zum Ortstermin ins Fablab eingeladen haben, hat einen triftigen Grund: Vorsorglich mussten sie ihren Mietvertrag kündigen, der sich von Jahr zu Jahr verlängert. "Wir haben Angst, dass wir sonst Insolvenz anmelden müssen", betont sie. Schnelle Hilfe ist gefragt, denn die zweijährige Förderung durch das Wirtschaftsressort ist Ende 2023 ausgelaufen. Als Gegenleistung für die Übernahme der Mietkosten durch das Ressort wurden im Fablab Ausbildungssuchende der Ausbildungsgesellschaft Bremen in Workshops geschult, die von der Ausbildungsgesellschaft zusätzlich sozialpädagogisch betreut wurden. "Das stellt uns vor große Probleme. Denn die rund 26.000 Euro Miete inklusive Nebenkosten können wir unmöglich alleine stemmen. Auch wenn wir zuweilen kleinere Summen aus Nachlässen und Stiftungen sowie Fördergelder erhalten", berichtete Moebus. Dazu kommen Mitgliedsbeiträge und Kursusgebühren. Schon vor der Corona-Krise habe sich dieses Finanzierungsmodell als mittelfristig nicht tragfähig erwiesen, um das Angebot zu sichern.

Was sagt der Beirat?

Bereits im Februar 2021 fasste der Beirat Mitte einen Beschluss, mit der Aufforderung an den Senat, dem Fablab spätestens mit dem Doppelhaushalt 2022/23 einen festen Haushaltstitel einzuräumen. Passiert ist seither nichts. Deshalb bekräftigte der Beirat Mitte auf der Ausschusssitzung seine Forderung nach einer dauerhaften Absicherung des Vereins am Standort des Postamtes 5 erneut. Zur Begründung heißt es: Der Senat wird aufgefordert, die innovative und für die Entwicklung der Kreativpotenziale der Bremerinnen und Bremer bedeutenden Arbeit des Fablab Bremen durch Übernahme der Grundkosten in Höhe von 25.000 Euro pro Jahr über verlässliche Zuwendungen oder einen eigenen Haushaltstitel abzusichern. Denn Fablabs gebe es inzwischen in jeder größeren europäischen Stadt als Teil der Strategie zu mehr Digitalisierung. Anderenorts werden sie überwiegend öffentlich gefördert. Ohne eine Absicherung der finanziellen Grundversorgung durch den Senat ist der Fortbestand des Fablab in diesem Jahr erneut gefährdet. Der Beirat betont: Bremen würde dadurch im digital-innovativen Bereich ein einzigartiges Angebot für seine Bevölkerung und seine Gewerbetreibenden verlieren und wäre als Standort nachhaltig geschwächt. Das gelte es zu verhindern. Eine weitere Empfehlung des Beirates: Falls erforderlich solle das Fablab inhaltlich einem oder mehreren Senatsressorts ausdrücklich zugeordnet werden.

Wo liegen weitere Schwierigkeiten?

Genau an der mangelnden Zuordnung zu einem Ressort krankt allerdings die Zukunft des Fablab. "Das Bildungsressort ist ein großer Fan von uns, aber leider gibt es auch von dort kein Geld für uns", bilanzierte Antje Moebus. Das höchste der Gefühle wäre für sie die Finanzierung einer dringend benötigten Geschäftsführungsstelle. "Aber wir trauen uns gar nicht, das auch noch zu fordern." Der bündnisgrüne Beiratssprecher Jonas Friedrich fragt sich, gerade im Hinblick auf speziell auf Schülerinnen zugeschnittene Förderprogramme wie MINT-Steps wie das wohl sein könne. Schließlich werden Schülerinnen im Fablab an mathematische und naturwissenschaftliche Themen niedrigschwellig und spielerisch herangeführt. Neben Schulen sind auch immer wieder Jugendeinrichtungen zu Workshops im Fablab zu Gast. Und es gibt zahlreiche Kooperationen etwa mit anderen Universitäten, aber auch mit der Frauengesundheit Tenever, Stichwort Frauen Empowerment. Mit dabei: das mobile Fablab.

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Info

Die Mitgliedschaft im Verein Fablab, An der Weide 50, kostet 60 Euro Jahresbeitrag. Jeweils montags von 18 bis 21 Uhr und donnerstags von 15 bis 17 Uhr können Interessierte und Wissbegierige das Lab nutzen, um zum Selbstkostenbeitrag die vorhandenen Maschinen auszuprobieren. Eine Voranmeldung ist nicht notwendig. Infos unter www.fablab-bremen.org.

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