Der städtische Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno) wird im laufenden Jahr etwa ein Prozent seines Personalbestandes abbauen. Das entspricht einem Volumen von rund 50 Vollzeitstellen. Insgesamt beschäftigt der Konzern derzeit gut 7400 Menschen, davon allerdings viele mit Teilzeitverträgen. "Es ist nicht geplant, jemanden zu entlassen, wir werden die Anpassung im Rahmen der normalen Fluktuation vornehmen", kündigt Tobias Möhlmann an.
Der Arzt und Betriebswirt soll – zunächst bis zum Jahresende – der Geno-Spitze als Interimsmanager angehören. Seine Aufgabe: Das vom Aufsichtsrat geschnürte Maßnahmenbündel zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Geno umsetzen. Der Verbund der vier Häuser in Mitte, Nord, Ost und Links der Weser hatte im vergangenen Jahr ein Defizit von fast 20 Millionen Euro erwirtschaftet. Auch 2018 wird er noch tief in den roten Zahlen stecken.
Tobias Möhlmann ist eigentlich Geschäftsführer der Münchener Beratungsfirma WMC Healthcare, die auf das Gesundheitswesen spezialisiert ist. Die Ankunft von Möhlmann und seinem Tross aus elf weiteren WMC-Mitarbeitern wurde von Geno-Insidern bereits mit Spannung erwartet. Einigen gilt er als der neue starke Mann an der Spitze des Klinikverbundes. Angesichts chronisch schlechter Zahlen und immer neuer Verzögerungen bei der Fertigstellung des Neubaus am Klinikum Mitte war das Vertrauen der Politik in die Leitungsebene der Geno zuletzt rapide geschwunden.
Im Februar hatte Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) den kaufmännischen Geschäftsführer Tomislav Gmajnic gefeuert. Auf den übrigen Posten in der Geno-Chefetage herrscht derweil ein munteres Kommen und Gehen. Nach längerer Vakanz wurde im Juni mit Thorsten Hintz die Funktion des Personalchefs neu besetzt. Im Spätsommer wird sich Robert Pfeiffer verabschieden, der Beauftragte für den Neubau.
In dieser Situation stößt nun also Tobias Möhlmann zur Geno. Der Bremer Klinikverbund ist ihm durchaus vertraut. WMC hatte die Geno bei der Ausarbeitung einer neuen Medizinstrategie unterstützt, die eine Umverteilung diverser Behandlungsangebote zwischen den vier Häusern vorsieht (wir berichteten). Nach Informationen des WESER-KURIER erhalten Möhlmann und sein Team, das er nach Bremen mitgebracht hat, ein monatliches Honorar von rund 200.000 Euro. "Ich will diese Zahl weder bestätigen noch dementieren", sagt der 42-Jährige, angesprochen auf seine Vergütung. Als "Sanierungsbeauftragter" sieht er sich nicht.
"Die Geno kommt aus einer Position der Stärke"
Er bevorzugt eine andere Formulierung: "Wir müssen die Erlös-Kosten-Schere schließen." Der Schlüssel dazu ist das genannte Maßnahmenbündel, das fünf Themenfelder umfasst. Eines davon ist die Steigerung der Erlöse. Ziel ist es dabei unter anderem, mehr "hochaufwendige Pflege" gegenüber den Kassen abrechnen zu können und die Patientenbindung an die Geno-Häuser zu verbessern. Auf den übrigen vier Feldern geht es um Kostensenkungen quer durch den Klinikbetrieb. Genannt wird unter anderem die Senkung des Aufwandes für die Reinigung. Wird alles wie geplant umgesetzt, sollen sich bis 2025 Ergebnisverbesserungen von insgesamt 64 Millionen Euro ergeben.
Möhlmann ist bemüht, seiner Mission einen unspektakulären Anstrich zu geben. Die reale Situation der Gesundheit Nord sei "weniger angespannt, als es in den Medien erscheint", sagt der Interimsmanager. Der Klinikverbund komme "aus einer Position der Stärke". Damit meint er die Marktposition der vier Geno-Häuser in Bremen und dem Umland, aber auch ihr operatives Ergebnis in den letzten Jahren, also ohne die Belastungen aus Altschulden und der Finanzierung des Klinikneubaus in Mitte.
Es gehe jetzt darum, vorhandene Doppelstrukturen abzubauen und beispielsweise den Personaleinsatz besser auf das Patientenaufkommen abzustimmen. Ob das reichen wird? Ein Aufsichtsratsmitglied bezweifelt, ob es bei Möhlmanns Mission tatsächlich nur um Feinabstimmung bestimmter Betriebsabläufe gehen kann. "Dafür muss der hier nicht mit elf Leuten einfallen, die überall in den Kliniken und der Verwaltung ausschwärmen und jeden Stein umdrehen", sagt der Geno-Insider.
Derweil naht die große Bewährungsprobe für das Prestigeprojekt der Gesundheit Nord, den Neubau am Klinikum Mitte, der einschließlich Medizintechnik und geplanter Aufstockung über 400 Millionen Euro kosten wird. Die medizinische Geschäftsführerin Jutta Dernedde hält bisher daran fest, dass der Umzug der diversen Einheiten in den Komplex an der Bismarckstraße in der zweiten Januarhälfte 2019 beginnen soll. Die dafür notwendigen Abläufe würden bereits durchgespielt. Geschäftsführer Pfeiffer, der die Logistik geplant hat, wird in der kritischen Phase ausscheiden. Ein Nachfolger ist dem Vernehmen nach bereits gefunden. Er soll sein Amt im Herbst antreten und dann in kürzester Zeit eine Herkulesarbeit angehen.