Die Größenordnung ist beispiellos in der Bremer Nachkriegsgeschichte: Rund 1,2 Milliarden Euro will der Senat aufwenden, um die Folgen der Corona-Krise zu mildern und Strukturverbesserungen für die Zeit danach anzubahnen. Am Dienstag hat der Senat den sogenannten Bremen-Fonds beschlossen, in dem diese Ausgaben für das laufende Jahr gebündelt werden sollen – als Teil des regulären Haushalts, über den die Bürgerschaft vor der Sommerpause beschließen wird.
Das erste Echo auf das Milliardenpaket fällt sehr unterschiedlich aus. Wie berichtet, gliedern sich die geplanten Ausgaben in verschiedene Bereiche. Neben laufenden Hilfen für Betriebe geht es unter anderem um Rettungsschirme für öffentliche Unternehmen und Organisationen aus dem Wohlfahrtsbereich. Auch für staatliche Beteiligungen an bedrohten Privatunternehmen soll Geld zur Verfügung stehen. Damit die Bremer Wirtschaft nach der Corona-Krise wieder auf die Beine kommt, soll die öffentliche Hand außerdem in Digitalisierung sowie Technologie- und Innovationsförderung investieren.
Diesen Teil des Bremen-Fonds begründete Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) bei der Vorstellung des Milliardenpakets mit Lehren aus der Finanzkrise 2008/2009. Damals sei die Wirtschaft des kleinsten Bundeslandes nur langsam wieder in Schwung gekommen, eben weil es an flankierenden staatlichen Maßnahmen gemangelt habe.
Dass der Senat jetzt überhaupt ein so gewaltiges, kreditfinanziertes Hilfsprogramm auf die Beine stelle, sei den politischen Akteuren nicht leicht gefallen, sagte der Bürgermeister. Immerhin müssten die Kosten über 30 Jahre zurückgezahlt werden. Klar sei aber: „Wenn wir es nicht machen, würde es hinterher viel teurer werden.“ Ähnlich sah es Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne). Er habe einen „ziemlichen Respekt“ vor der Zahl 1,2 Milliarden.
Der Gedanke, einer ganzen Generation die Abzahlung des Bremen-Fonds aufzubürden, gefalle ihm „nicht wirklich“, so Strehl. Er unterstrich zugleich, dass die jetzt geplante Kreditaufnahme mit der in der Verfassung verankerten Schuldenbremse vereinbar sei. Diese gestatte im Fall von Naturkatastrophen neue Schulden. Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne) wies auf die ökologische Ausrichtung des Bremen-Fonds hin. „Alle strukturell wirksamen Maßnahmen“ stünden unter der Maßgabe, sich an den Anforderungen des Klimaschutzes auszurichten.
Sowohl Strehl als auch Bovenschulte machten deutlich, dass die 1,2 Milliarden Euro nur ein Näherungswert seien. Niemand könne derzeit schon die kompletten finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise exakt abschätzen. Eine Aufstockung des Bremen-Fonds im nächsten Jahr könne deshalb durchaus erforderlich werden. Auch das Ausmaß der Mindereinnahmen sei mit 500 Millionen Euro derzeit nur ungefähr anzugeben.
Die ersten Reaktionen auf den Senatsbeschluss zum Bremen-Fonds ließen nicht lange auf sich warten. CDU-Landeschef Carsten Meyer-Heder kritisierte, der Senat greife die Zahl 1,2 Milliarden mehr oder weniger aus der Luft. „Jede Firma, die bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau jetzt einen Kredit aufnehmen will, muss eine Analyse zu den finanziellen Folgen von Corona für den Betrieb einreichen“, sagte Meyer-Heder. Dagegen operiere der Senat beim Volumen des Bremen-Fonds mit groben Schätzwerten.
Das sei ungenügend. Mustafa Güngör, Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion, sieht das anders. Für ihn ist die Einrichtung des Sonderfonds „ein mutiger und richtiger Schritt“. Gemeinsames Ziel aller politischen Kräfte müsse es sein, „die Mittel geschickt so einzusetzen, dass Bremen und Bremerhaven sich wirtschaftlich und sozial möglichst rasch von den Folgen der Epidemie erholen“.
Auch die Handelskammer bejaht die Notwendigkeit eines umfassenden Hilfs- und Konjunkturprogramms. „Man muss ganz klar sehen, dass ein Einbruch der Wirtschaftskraft und ein damit verbundener starker Anstieg der Arbeitslosigkeit das Land letztlich noch teurer zu stehen käme als ein über Schulden finanzierter Bremen-Fonds“, sagte Präses Janina Marahrens-Hashagen. Damit der Fonds erfolgreich sein kann, müssten seine Mittel aber „vorrangig investiv und nicht konsumtiv ausgegeben werden“.
Die Linken stellten sich hinter die Forderung der Grünen, die anstehenden öffentlichen Investitionen klimafreundlich auszurichten. „Wenn wir nun planen, die Wirtschaft nach der Corona-Krise wieder anzukurbeln, dann müssen die nötigen Investitionen den sozialökologischen Umbau einleiten“, verlangte der Bürgerschaftsabgeordnete Ingo Tebje. Gefragt sei ein entsprechendes Programm im Volumen von mindestens zwei Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren.