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Situation im Bremer Schnoor Kaufleute sehen Verbesserungs-Potenzial

Der Schnoor ist ein Aushängeschild und ein Touristen-Magnet. Doch die Stadt vernachlässige Bremens ältestes Viertel zu sehr, kritisietren die dort ansässigen Geschäftsleute jüngst auf einer Ausschusssitzung.
02.12.2023, 05:00 Uhr
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Kaufleute sehen Verbesserungs-Potenzial
Von Sigrid Schuer

"Der Schnoor oder auch das Schnoorviertel zählt zu Bremens absoluten Highlights". Mit diesem Satz wirbt das Tourismus-Portal bremen.de im Internet für "das einzigartige und zugleich älteste Quartier der Stadt". Die dort ansässigen Geschäftsleute und Gastronomen haben unterdessen moniert, dass das Schmuckstück zwar vermarktet werde, die Stadt sich aber sonst herzlich wenig um das Viertel kümmere.

In einer Sitzung des Ausschusses für Öffentliches Leben, Handel und Gewerbe des Beirates Mitte führten sie Klage darüber, dass der Schnoor vernachlässigt werde. Das werde unter anderem gerade jetzt deutlich: Es fehle die Anbindung an den Weihnachtsmarkt und zum Mittelalter-Markt an der Schlachte. Von den  Weihnachtssternen, die im Schnoor aufgehängt worden seien und zur Hälfte nicht leuchteten, gar nicht zu reden, unterstrich Goldschmiedin Antje Cartwright. Nach eigenem Bekunden sind unterdessen viele Schnoor-Geschäftsleute aus der City-Initiative ausgetreten, weil sie sich dort nicht ausreichend repräsentiert fühlten.

Wie sieht es mit der Kriminalität im Schnoor aus?

Erst im Oktober war ein runder Tisch mit der Polizei wegen der zunehmenden Diebstahls- und Raub-Delikte anberaumt worden. Zwar sei es im November witterungsbedingt etwas ruhiger geworden, hieß es. Positiv bewertet wurden die Erfolge polizeilicher Präventionsmaßnahmen. Doch die Probleme blieben, so die Bilanz der Einzelhändler. Stichwort Beschaffungskriminalität und gewerbs- und bandenmäßige Bettelei unter dem Vorwand, alte Zeitschriften der Straße verkaufen zu wollen.

Aktuell seien insbesondere zwei Frauen im Quartier unterwegs, die ihren Verkaufsausweis immer verborgen hielten, ist verschiedentlich beobachtet worden. Inzwischen hat sich die Polizei mit der Inneren Mission kurzgeschlossen, dort werden die Verkäufer der Zeitung der Straße nun namentlich in Listen geführt. Käme es wegen aggressiver Verstöße zu Beschwerden, könne die Verkaufslizenz gesperrt werden, schilderte Kontaktpolizistin Katja Ellinghaus, die mit der Revierleiterin der Steintorwache und Referatsleiterin Kontaktpolizei, Linda Singenstreu, in die Sitzung gekommen war.

Wie sieht es mit der Drogenkriminalität aus?

Die frisch gekürte Ausschuss-Sprecherin Ann-Kathrin Mattern (CDU) wohnt selbst im Schnoor und hat beobachtet, dass in den Beeten vor dem ehemaligen Vonovia-Gebäude Drogen vergraben und auch konsumiert werden. Die Polizei bedankte sich für den Hinweis, dem sich jetzt nachgehen will. Peter Bollhagen (FDP), der ebenfalls im Schnoor wohnt, hat zudem beobachtet, dass Drogen auch an der Schnoor-Treppe konsumiert werden. Es bleibe ein unangenehmes, subjektives Gefühl, wenn man abends oder nachts im Schnoor-Viertel auf dem Weg nach Haus unterwegs sei und alle Geschäfte geschlossen seien, betonte der Stadtteilparlamentarier.

Aus nächster Nähe habe er schon zwei Überfälle beobachten können: den Überfall auf ein Ehepaar auf der Schnoortreppe sowie den Angriff auf einen Gast des Katzencafés. Der Frau sei ihre Perlenkette abgerissen worden, worauf sie hingefallen sei. Ähnliches berichtet ein Schnoor-Anwohner, der nach sieben Jahren aus der Schweiz zurück in seine Heimatstadt gezogen ist. "Solche Vorfälle habe ich in Zürich nicht erlebt", bilanzierte er und verwies auf die Broken-Windows-Theorie. Diese besagt, wenn Missstände erst einmal eingerissen seien, kämen immer neue Missstände hinzu.

Gibt es ein Müll-Problem im Schnoor?

Ja, das gibt es, kritisierten gleich mehrere Geschäftsleute und die Stadtteilparlamentarierin Henrike Martha Adebar (Die Linke), die selbst im Schnoor wohnt. Die Stadtreinigung schaue zu selten vorbei. Im Quartier wären kaum öffentliche Müllbehälter zu finden, im Gegenteil, es seien sogar noch Behälter entfernt worden, gegenüber dem Laden, in dem Fischbrötchen verkauft werden sowie an der Wüstestätte. Ann-Kathrin Mattern betonte, dass auch die Leerungsintervalle erhöht werden müssten. Denn der Schnoor sei ein Touristen- und Durchgangs-Quartier. Der Referatsleiter des Ordnungsamtes betonte, dass die Müllproblematik dem Ordnungsamt so nicht bekannt sei, er werde sich umgehend mit der Bremer Stadtreinigung ins Benehmen setzen.

Eine weitere Bitte wurde geäußert: Es fehle eine öffentliche Toilette im Schnoor. Linda Singenstreu empfahl bei wilden Müllhalden die App der sogenannten Mängelmelder zu nutzen, die würden in der Regel schnell den Müll beseitigen, sobald sie ein Foto und eine Ortsangabe bekämen, so ihre Erfahrung. Weitere Möglichkeiten: eine E-Mail an info@dbs.bremen.de und /oder an ordnungsdienst@ordnungsamt.bremen.de zu schreiben, so die Empfehlung von Ortsamtsleiterin Hellena Harttung.

Was kann in Zukunft getan werden?

Ein Anwohner, der zuvor die Defizite im Quartier kritisiert hatte, plädierte dafür, lösungsorientiert an einer Verbesserung zu arbeiten und positiv nach vorne zu blicken. Diese Meinung teilt Ortsamtsleiterin Hellena Harttung, die auch auf die immer noch hohe Lebensqualität im Schnoor hinwies.

Ein erster Schritt könnte sein, dass die Geschäftsleute des Schnoors eine Vertreterin oder einen Vertreter zum runden Tisch entsenden, der auf Initiative von Handelskammer und City-Initiative vor einigen Wochen ins Leben gerufen wurde. Das schlug jedenfalls Linda Singenstreu vor. Tanja Nadolny, die 2021 das Tee-Stübchen im Schnoor übernommen hat und ohnehin Mitglied der City-Initiative ist, würde sich da anbieten, finden die Einzelhändler. Ausschussmitglied Erik Marks (SPD) regte an, die Durchsage der Haltestelle an der Domsheide mit dem Hinweis auf den Schnoor zu koppeln.

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