- Wie sieht der künftige Deich aus?
- Wie stark wird in Privatgrundstücke eingegriffen?
- Kann das Deichschart erhalten bleiben?
- Müssen alle Bäume weichen?
- Wie viel Platz erhalten Fußgänger und Radfahrer?
- Wie geht es weiter?
Es ist eine Planung für ein Ereignis, von dem alle Beteiligten hoffen, dass es niemals eintritt: eine Sturmflut, die deutlich höher ist als jedes bekannte Hochwasser, das Bremen bisher erreicht hat. Eine Höhe von 7,95 Meter über dem Meeresspiegel könnte der Wasserstand der Weser im Zuge des Klimawandels in Zukunft dann kurzzeitig erreichen, so die Berechnung der Fachleute. Das wäre mehr als doppelt so hoch wie der reguläre Stauwasserstand im Werdersee. In diesem Extremfall würden auch das kleine Weserwehr am Teerhof sowie das große Wehr in Hastedt keinen Schutz mehr für die kleine Weser und den Werdersee bieten. Das erläuterte Hauke Krebs von der Umweltbehörde kürzlich dem Neustädter Beirat.
Wie der Deich an der kleinen Weser und am Werdersee zwischen dem Rotes Kreuz Krankenhaus und dem Wohngebiet am Dammacker in Huckelriede ertüchtigt werden muss, um diesen Wassermassen standzuhalten, zeigen aktuelle Pläne der Umweltbehörde. Welche Rolle das Deichschart dabei noch spielt.
Wie sieht der künftige Deich aus?
Die Vorplanung, die sich noch etwas verändern kann, zeigt auf den ersten Blick auf der Wasserseite keinen großen Unterschied zum heutigen Deich. Denn der ist auf diesem Abschnitt in weiten Teilen schon hoch genug. Nur an einzelnen Stellen muss er bis zu einem halben Meter erhöht werden, so Hauke Krebs. Allerdings wird die Neigung des Deichs an vielen Stellen deutlich flacher als heute sein. Das verlangt das aktuelle Regelwerk für sichere Deiche. Um dadurch nicht zu viel Platz zu verbrauchen, planen die Deichbauer eine Kombination aus Erddeich und darin eingesetzten Spundwänden, die immer dann ins Spiel kommen, wenn es besonders eng wird zwischen Wasser und Wohngebäuden. Die Stahlwände werden an den höchsten Stellen nicht mehr als 1,15 Meter aus der Erde ragen, versicherte Krebs.
Wie stark wird in Privatgrundstücke eingegriffen?
Die stärksten Veränderungen am Deich finden auf der Landseite statt. Denn dort bekommt der neue Deich für die notwendige Standsicherheit deutlich mehr Platz als heute. Das bedeutet: Eigentümerinnen und Eigentümer müssen einen Teil ihrer Grundstücke zur Verfügung stellen, den sie heute noch für Beete, Sitzplätze, Geräteschuppen oder Fahrradunterstände nutzen. Bis zu zwölf Meter weiter Richtung Buntentorsteinweg rückt der Deich in Zukunft an die Häuser heran. Das bedeutet im Fall des Martinshofs, dass einige Gebäude dann direkt am neuen Deichfuß stehen werden. Ohne die eingebauten Spundwände wäre es an manchen Stellen deutlich mehr Fläche gewesen, die man auf Privatgrund in Anspruch hätte nehmen müssen, so Krebs. Die nun vorgeschlagene Lösung sei also maßgeschneidert für diesen engen Raum mitten in der Stadt.
Kann das Deichschart erhalten bleiben?
Das Deichschart liegt den Neustädterinnen und Neustädtern besonders am Herzen. Das äußerten mehrere Zuschauer und Beiratsmitglieder während der jüngsten Beiratssitzung. Dass es laut der derzeitigen Planung verschwinden soll, um den Deich möglichst ohne Schwachstelle durchziehen zu können, stößt auf deutliche Kritik. Doch nun sind die Karten neu gemischt. Denn der Beirat hatte im Sommer mit seiner Forderung Erfolg, das Deichschart als Denkmal anzuerkennen, um den Erhalt des barrierefreien Durchgangs sicherzustellen. Seit September steht das Deichschart nun tatsächlich unter Denkmalschutz.

Viele Menschen in der Neustadt wünschen sich, dass das Deichschart am Buntentor erhalten bleiben kann.
Der Haken an der Sache: Die Landesdenkmalschützer fordern nicht nur den Erhalt des Deichschartes als historisch wertvolles Bauwerk, sondern auch den Erhalt der Funktion. Heißt: Der kleine Durchlass muss gleichzeitig fit für den Hochwasserschutz der Zukunft gemacht werden, ohne zu viele markante Bauteile zu verlieren. Ob dieser Spagat gelingen kann, prüft derzeit der Deichverband am linken Weserufer. Erst nach dieser Prüfung wird entschieden, ob das Deichschart bleiben kann.
Müssen alle Bäume weichen?
Besonders schmerzt viele Menschen in der Neustadt, dass die Liegewiese unterhalb der Städtischen Galerie ihre Bäume verlieren wird. Die drei markanten Eichen, die heute dort im Sommer noch Schatten spenden, stehen direkt in der Deichaußenböschung. Ein Sicherheitsrisiko, das beseitigt werden muss, so Krebs. Auch weitere Bäume müssen laut der aktuellen Vorplanung weichen: Auf der Deichkrone vor dem Martinshof und der Städtischen Galerie zum Beispiel sowie weitere in Nähe des Kiosks am Deichschart, ist auf den Plänen zu sehen. Im Bereich Am Dammacker und auch am Kiosk sei es aber möglich, einige Bäume zu erhalten, die nicht im direkten Deichkörper stehen, so Krebs. Und er sicherte dem Beirat zu: "Wir werden im weiteren Verlauf der Planung ganz genau darauf schauen, ob wir noch weitere Bäume erhalten können."
Wie viel Platz erhalten Fußgänger und Radfahrer?
Neu wird sein, dass der Rad- und Fußverkehr soweit möglich getrennt wird. Wer mit dem Fahrrad unterwegs ist, wird künftig auf einem vier Meter breiten Weg auf der Deichkrone fahren. Fußgängerinnen und Fußgänger bekommen bis auf wenige Stellen einen eigenen Weg direkt am Wasser. Das soll die vielen Konflikte auf dem heute noch 2,50 Meter schmalen Weg entschärfen und zugleich dem Deichverband bessere Möglichkeiten für den Deichunterhalt bieten.
Für Irritationen sorgt die Ankündigung, dass an den Stellen, wo eine Spundwand eingebaut werden muss, ein Geländer neben dem Fahrradweg verlaufen wird. Das diene als Absturzsicherung und sei so vorgeschrieben, erläuterte Hauke Krebs.
Sorgen bereiten dem Beirat die Stellen, wo Fuß- und Radverkehr zusammenlaufen oder sich sogar kreuzen. Zum einen ist das der heute schon neuralgische Punkt vor der Fußgängerbrücke am Deichschart. Dort soll die Rampe zum Buntentorsteinweg barrierefrei ausgebaut werden, sodass Radfahrer und Menschen im Rollstuhl sie als Alternative zum Deichschart nutzen können. Eine ähnliche Situation ist zu erwarten vor der neuen Brücke, dem kleinen Wesersprung, wo künftig die Radpremiumroute Richtung Buntentorsteinweg die Deichkrone kreuzen wird. Und auch vor der Städtischen Galerie könnte es brenzlig werden, fürchtet der Beirat. Denn dort wird der Fußverkehr aus dem Wohngebiet über die Deichkrone eine Rampe hinunter zum Wasser geleitet – und muss dafür den Radweg kreuzen. Um diese Problemstellen bereits im Vorfeld zu entschärfen arbeiten die Planerinnen und Planer an Lösungen, versicherte Hauke Krebs.
Wie geht es weiter?
Zunächst werden die Pläne nun weiter ausgearbeitet und das Ergebnis der Deichschart-Prüfung abgewartet. Das wird für Ende Frühjahr 2024 erwartet. Mit Baubeginn sei daher nicht vor 2027, wohl eher etwas später zu rechnen, sagt Krebs. Er geht von einer Bauzeit von zwei bis drei Jahren aus. Momentan sei der Plan, dass der kleine Wesersprung schon vor dem Deichbau fertig ist, sodass die neue Brücke für notwendige Umleitungen des Rad- und Fußverkehrs während der Bauzeit genutzt werden könne.