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Versorgung in Bremen-Nord Der Praxen-Plan

Weil in manchen Vierteln die Zahl an Ärzten sinkt, will der Vegesacker SPD-Vorstand gegensteuern. Mit einer Resolution. Was die Führungsriege will – und die Kassenärztliche Vereinigung dazu sagt. Ein Überblick.
21.07.2022, 12:46 Uhr
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Der Praxen-Plan
Von Christian Weth

Weil es immer wieder vorkommt, dass die Notaufnahme des Klinikums zur Anlaufstelle für Menschen ohne Hausarzt wird, wollen Politiker gegensteuern. Der Vorstand der Vegesacker SPD hat jetzt eine Resolution verabschiedet, inklusive eines Drei-Punkte-Plans, der das Krankenhaus entlasten und dem Ärztemangel in manchen Quartieren entgegenwirken soll. Was die Führungsriege des Ortsvereins vorschlägt – und wie der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung zu diesen Ideen steht. Ein Überblick.

Zusätzliche Ambulanz: Der Vegesacker SPD-Vorstand will etwas schaffen, was es so im Bremer Norden noch nicht gibt: einen Bereitschaftsdienst der Kassenärzte, der genauso arbeitet, wie die Notaufnahme des Klinikums – rund um die Uhr und nicht erst dann, wenn die Praxen geschlossen haben. Der Bereitschaftsdienst soll zu einer kassenärztlichen Ambulanz werden, die der Notaufnahme vorgeschaltet wird. Damit, argumentieren die Ortsvereinsvorsitzenden Martina Weßling und Jannik Michaelsen, soll es möglich werden, dass ausschließlich echte Notfälle in die Notaufnahme kommen. Nach ihren Angaben gibt es so eine Ambulanz inzwischen im St.-Joseph-Stift in Schwachhausen.

Bernhard Rochell kennt das Notfallkonzept der Klinik. Deshalb weiß der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung auch, dass es einen Preis gewonnen hat. Dafür, dass sich die Notaufnahme des Stifts mit den kassenärztlichen Bereitschaftsmedizinern einen Empfangstresen teilt. Allerdings: Einen gemeinsamen 24-Stunden-Dienst an sieben Tagen die Woche gibt es ihm zufolge nicht. Kann es nach seinen Worten auch nicht. Eine kassenärztliche Ambulanz darf erst eingerichtet werden, wenn eine eklatante Unterversorgung an Medizinern und Praxen besteht. Mit eklatant meint er, 75 Prozent und weniger. So schreibt es der Gesetzgeber vor. Nur, sagt Rochell, gibt es diese Unterversorgung nicht.

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Kassenärztliche Praxis: Weil in manchen Quartieren die Zahl an Haus- und Fachärzten seit Jahren sinkt, soll eine neue Praxis her – eine, die mehrere Fachrichtungen abdeckt und nicht privat ist, sondern von der öffentlichen Hand betrieben wird. So wie die Polikliniken, die es in der DDR gab und die es in ähnlicher Form noch heute in Skandinavien gibt. Die Doppelspitze des SPD-Vereins geht davon aus, dass mit so einer Praxis eine Grundversorgung sichergestellt werden kann. Und dass sich die Kassenärztliche Vereinigung als Träger eignet. Verwaltung, Abrechnung, Investitionen – alles, meinen Weßling und Michaelsen, wäre Sache des Zusammenschlusses.

Nur dass bei so einer Praxis genau das zum Problem wird, was auch für Schwierigkeiten bei einer Ambulanz sorgt: die Versorgungsquote. Sie ist, wenn man so will, zu gut, um eine Art staatliche Praxis in Bremen etablieren zu können. So sagt es jedenfalls Kassenärztechef Rochell – und auch, dass es nicht die Vereinigung ist, die solche Vorgaben macht. Beim Bedarfsplan, der festlegt, wie viele Ärzte es in einer Stadt oder einem Landkreis geben darf, hat nicht nur der Gesetzgeber das letzte Wort, sondern mischt auch der sogenannte Gemeinsame Bundesausschuss mit. Er ist das höchste Beschlussgremium im deutschen Gesundheitswesen und darum auch für Richtlinien zuständig.

Veränderte Bedarfsplanung: Für den SPD-Vorstand sind eine kassenärztliche Ambulanz und Praxis ausschließlich Projekte für den Übergang. Langfristig wollen Weßling und Michaelsen etwas anderes: dass in jedem Quartier so viele Mediziner sind, wie benötigt werden. Um das zu erreichen, sollen Gespräche mit den Bürgerschaftsabgeordneten geführt werden. Sie sollen sich für eine Bedarfsplanung einsetzen, die Bremen nicht mehr als Ganzes betrachtet, sondern in mehrere Regionen unterteilt. Und dafür, dass sich Praxen nicht mehr von einem Stadtteil in einen anderen verlegen lassen. Die Vegesacker Vorsitzenden fordern eine Initiative, damit dafür Bundesgesetze geändert werden können.

Kassenärztechef Rochell findet es gut, dass sich Stadtteilpolitiker für mehr Ärzte einsetzen. Er sagt, mit mehreren Beiräten in Gesprächen zu sein. Zum Beispiel über finanzielle Anreize des Zusammenschlusses für Jungärzte. Aber auch darüber, dass die Parteien seiner Meinung nach entscheidend dabei helfen können, die Versorgungslage in manchen Quartieren zu verbessern. Rochell spricht von einem attraktiven Umfeld, das nur sie schaffen können. Von freien Wohnungen, Betreuungsangeboten, guten Einkaufsmöglichkeiten. Und davon, dass erst neulich eine alleinerziehende Ärztin abgesagt hat, weil sie in dem Stadtteil, in dem sie eine Praxis übernehmen wollte, keinen Kitaplatz fand.

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