"Irgendwann wird es eine Postkarte von unserem Seezeichen geben“, ließ sich 2008 der damalige Bürgermeister von Juist, Karl-Josef Wederhake, enthusiastisch von der Presse zitieren. 15 Jahre später könnte nun sogar ein Zwilling der markanten Stahlkonstruktion an den Startpunkt der Maritimen Meile in Bremens Stadtteil Vegesack gebaut werden. Zumindest, wenn es nach dem Wunsch der Lesumerin Karin Seemann-Ruschin geht. Wo ihre Idee nun debattiert wird und welche Bürger-Vorschläge noch in der Schublade liegen.
Mit welchem Seezeichen lockt Juist?
2008 wurde auf dem Molenkopf der ostfriesischen Insel ein 19,8 Meter hoher, begehbarer Ausguck in Form eines geblähten Segels eröffnet. Die Stahlkonstruktion einer Auricher Firma bietet seitdem Besuchern einen Blick über die Insel, das Wattenmeer und einen Teil des Festlands. Kostenpunkt: 5,5 Millionen, die die Juister mithilfe der EU gestemmt haben.
Warum soll ein Nachbau nach Vegesack?
Der Aussichtsturm in Form eines Segels mit drei Etagen würde von der Optik her zur Klappbrücke im Museumshaven passen und könnte mit ihr ein Ensemble bilden. Das meint Karin Seemann-Ruschin (60). Die Lesumer Bürgerin schlägt den Bau eines solchen Seezeichens „als preiswerte 'Ersatz-Lösung' für das Schulschiff Deutschland“ vor, wie sie formuliert. Wenn vorhandene Bauzeichnungen genutzt würden, könnte dies sogar Kosten sparen: "Man muss das Rad ja nicht immer neu erfinden“, meint Karin Seemann-Ruschin. Als optimalen Standort einer Plattform sieht sie übrigens den früheren Liegeplatz des Schulschiffs Deutschlands in der Lesummündung, der allerdings aufgeschüttet werden müsste. Karin Seemann-Ruschin: „Von diesem neuen Aussichtsturm hätte man einen fantastischen Blick über die 1.852 Meter lange Maritime Meile und ins Werderland.“
Wer prüft den Vorschlag?
Bisher niemand. Das ist auch ein Grund, warum sich die Ideengeberin an die Öffentlichkeit wendet: „Es ist gut, wenn Bürger Vorschläge machen, aber man wird nicht eingeladen. Man bekommt den Eindruck, eine Bürgerbeteiligung ist nicht gewollt“, fürchtet die Lesumerin Karin Seemann-Ruschin. Der Vegesacker Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt kennt den Vorschlag nach eigenem Bekunden bisher nicht. Allerdings hat Jörn Gieschen, Geschäftsführer des Vegesack Marketing, inzwischen angekündigt, die Idee von einem Nachbau des Juister Aussichtsturms während der April-Sitzung der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Maritime Meile vorstellen zu wollen.
Thomas Rutka, Vorsitzender des Vereins Maritime Tradition Vegesack (MTV) Nautilus und Mitstreiter in der Arge, findet die Idee auf Anhieb interessant: "Erfahrungsgemäß lieben es Menschen, wenn sie die Aussicht genießen können.“ Thomas Rutka regt nun seinerseits an, Investor Max Zeitz zu bitten, in einem der von ihm geplanten Hochhäuser an der Weser eine öffentlich begehbare Dachterrasse zu schaffen.
Welche Bürger-Ideen gibt es noch?
Die Arge Maritime Meile hat nach den Worten von Thomas Rutka bereits viele Bürger-Vorschläge für die Weserpromenade in Vegesack gesammelt. „Die Bürger kommen auf uns zu, weil wir aktiv die Maritime Meile bespielen“, so Rutka. „Wir empfinden uns als Sprachrohr der Bürger.“ Ein Vorschlag betrifft beispielsweise die Gastronomie am Hafen. Um die Aufenthaltsqualität zu erhöhen, sollen die Spundwände auf der Hafenwaldseite mit Bistros „verkleidet“ werden. Auch eine Außenbestuhlung ist angedacht. Thomas Rutka: „Die Idee ist, dass sich hier alle Nationen darstellen können.“ Die Arge hat den Vorschlag bereits an Beirat und Deichverband zur Prüfung weitergeleitet. „Wir als Ehrenamtliche wären damit überfordert. Wir können die Vorschläge nur sammeln und weitergeben und hoffen, dass Politik und Verwaltung uns unterstützen.“
Weitere Ideen von Bürgern zur Attraktivitätssteigerung der Vegesacker Uferpromenade sind: Ein Restaurantschiff im Museumshaven und die Installation eines Hammerkran-Denkmals als Erinnerung an die Werft Bremer Vulkan. Außerdem wünschen sich Bürger, dass der Seenotrettungskreuzer "Bremen" samt Beiboot "Vegesack“ als Ersatz für das Schulschiff Deutschland an die Lesummündung geholt werden.

Vom Aussichtsturm Weit-Blick in Lemwerder können Besucher bis nach Vegesack (hier mit Grohner Düne), Farge und Bookholzberg sehen.
Wo lassen sich Rundblicke genießen?
Der nächstgelegene, öffentlich zugängliche Turm befindet sich an der Flughafenstraße in Lemwerder. Die überdachte Aussichtsplattform „Weit-Blick“ befindet sich auf einer Höhe von zwölf Metern und soll einen Blick bis Farge und zur Geestrandkante bei Bookholzberg ermöglichen. Weitere Ausblicke in die Region bieten in Bremen das Universum mit dem Turm der Lüfte (27 Meter) sowie das Bamberger-Haus mit dem VHS-Dachgarten (45 Meter) und die Aussichtsplattform des Südturms des Bremer Doms (98,5 Meter). In Bremerhaven haben Besucher der Plattform des Radarturms (59 Meter) einen 360-Grad-Panoramablick über die Seestadt. Die Aussichtsplattform des Atlantic Hotel Sail City (86 Meter) lädt zu einem Rundblick auf Havenwelten, die Überseehäfen und nicht zuletzt den Fischereihafen vom höchsten Gebäude in Bremerhaven ein.