Seit Jahren gibt es in Vegesack Debatten um die Ausweisung eines Trinkwasserschutzgebietes. Jetzt hat Bremen die Grenzen der geplanten Schutzzone bekannt gegeben. Welche Regeln gelten dort bald für Privathaushalte und Betriebe? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Warum braucht Vegesack eine Trinkwasserschutzzone?
"Die Trinkwassergewinnung in Vegesack wird seit Jahrzehnten gefährdet“, sagt Michael Koch, Referatsleiter und Fachmann für Gewässerschutz in der Umweltbehörde. Denn ohne Schutzzone bestehe das Risiko, dass die Brunnen an der Uhthoffstraße irgendwann nicht mehr nutzbar sind. Hier wird bereits Trinkwasser gewonnen, doch: "Wenn da Öl reinkommt, war es das.“ Gerade vor dem Hintergrund der Klimakrise und der abnehmenden Verfügbarkeit von Grundwasser sei dessen Schutz dringend geboten. Dabei geht es vor allem um die Eigenversorgung der Nordbremer. Michael Koch. „Mit zwei Trinkwasserschutzgebieten in Blumenthal und Vegesack ist Bremen-Nord autark.“
Wieso kommt das Schutzgebiet erst jetzt?
„Um die Absicht, ein Wasserschutzgebiet in Vegesack einzurichten, läuft seit Jahrzehnten eine Diskussion“, berichtet Michael Koch von der Umweltbehörde. Die Firmen hegten Bedenken: Sie fürchteten strengere Auflagen und damit verbundene Kosten. „Dies ist kein Wasserschutzgebiet auf einer grünen Wiese, sondern wir befinden uns in einem urbanen Raum“, erläutert Michael Koch.
Was bedeuten die einzelnen Schutzzonen?
Das Gebiet rund um die Brunnen (Schutzzone I) an der Uhthoffstraße ist mit unterschiedlichen Auflagen versehen. In Zone II ist künftig jegliche Bebauung verboten. Die Schutzzone III teilt sich auf in die Bereiche A und B. Dies begründet die Umweltbehörde mit der Bodenbeschaffenheit: Da der Boden in Schutzzone III A sandiger und durchlässiger sei, gelten hier strengere Regeln als im Abschnitt III B. Deshalb ergeben sich laut Behörde selbst für eine metallverarbeitende Firma, die mit wassergefährdenden Stoffen in Schutzzone III B umgeht, zunächst keine Änderungen.
Welche Auflagen gelten für Privathaushalte?
„Für Privathaushalte entstehen überschaubare Betroffenheiten“, meint Michael Koch aus dem Umweltressort. Gartenbesitzer etwa müssen in der Zone III künftig eine wasserrechtliche Erlaubnis für das Bohren eines Brunnens einholen. Eine weitere Änderung betrifft Anwohner, die mit Öl heizen: Die Öltanks im Keller müssen alle fünf Jahre durch einen Sachverständigen geprüft werden. Die Kosten beziffern Fachleute mit rund 150 Euro.
Welche Auflagen gelten für Betriebe?
Das Umweltressort unterscheidet zwischen bestehenden Betrieben und Neuansiedlungen. Für vorhandene Betriebe gilt Bestandsschutz. Das heißt, für diese Firmen ändert sich nichts. Einzige Ausnahme: Liegen die Bestandsbetriebe in der Schutzzone III A müssen sie häufigere Prüfungen durch Sachverständige hinnehmen. Die Kosten dafür liegen nach Einschätzung von Fachleuten bei jährlich maximal 1.500 Euro.
Sind Neuansiedlungen noch möglich?
Firmenerweiterungen und Neuansiedlungen sind laut Umweltbehörde weiterhin möglich. „Einzig große Galvanikanlagen, große Tankläger, neue Tankstellen oder Abfallbehandlungsanlagen und auch der Umgang mit radioaktiven Stoffen und Abfällen ist untersagt“, schränkt Michael Koch als Referatsleiter Gewässerschutz ein.
Auswirkungen auf das Steingut-Quartier
Betroffen ist von der Ausweisung des Schutzgebietes auch das geplante Steingut-Quartier mit Wohnen und Gewerbe auf dem bisherigen Betriebsgelände der Norddeutschen Steingut AG in Grohn. Da es in Schutzzone III A liegt, seien bei der Entwicklung des Quartiers nun Auflagen zu beachten, sagt Olaf Mosel, Geschäftsführer von M-Projekt. Etwa bei den Tiefenbohrungen zur Energieversorgung der Wohnungen: "Um die Wärme aus dem Untergrund zu transportieren, verwenden geothermische Anlagen Wärmeträgerflüssigkeiten. Weil diese theoretisch austreten und ins Grundwasser gelangen könnten, müssen wir hier mit Wasser als Träger arbeiten, was nicht so effektiv ist.“ Dazu kommen weitere Maßnahmen etwa bei der Regenwasserversickerung. Olaf Mosel geht mit den Vorgaben um: "Es macht die Sache kompliziert, aber es ist wie es ist.“
Wann wird die Schutzzone ausgewiesen?
Geplant ist, den Bereich im dritten Quartal 2022 unter Schutz zu stellen. Bürger sowie Unternehmen können sich aber noch zum Vorhaben äußern. Informationen dazu gibt es unter www.wasserschutzgebiet-vegesack.bremen.de.
Rechnen Handwerks- und Handelskammer mit Einwänden?
Weder der Handels- noch der Handwerkskammer sind nach eigenen Angaben Problemfälle bekannt. Oliver Brandt, Sprecher der Handwerkskammer: „Einzelfälle können wir natürlich nicht ausschließen." Die Handwerkskammer hatte bereits 2020 Handwerksbetriebe, Bauherren und Bauunternehmen zu einer Infoveranstaltung zum Trinkwasserschutzgebiet mit dem Unternehmerforum Bremen-Nord, dem Wirtschafts- und Strukturrat Bremen-Nord sowie der Handelskammer eingeladen.