Inzwischen ist es fast drei Jahre her, dass die "Schulschiff Deutschland" nach Bremerhaven abgewandert ist. Genau so lange wird in Vegesack auch darüber diskutiert, was auf den Traditionssegler folgen könnte. Im Gespräch ist dabei unter anderem ein Gesamtkonzept, das sich auf die Historie Vegesacks als alte Walfängerstadt fokussieren soll.
Die Idee dazu stammt von Klaus Gawelczyk. Der Vorsitzende des Heimat- und Museumsvereins für Vegesack und Umgebung hatte seinen Vorschlag Anfang des Jahres dem Ausschuss für Stadtentwicklung, Tourismus, Kultur und Wirtschaft vorgestellt. Weil das Gremium mehr darüber erfahren wollte, hat es den Ehrenamtlichen zu seiner nächsten Sitzung eingeladen.
220 Jahre Walfanggeschichte
Und die hat nun stattgefunden. Gawelczyk berichtete dem Ausschuss, dass Vegesack Heimathafen der Walfangflotte war. "1653 hat die Gründung der ersten bremischen Walfangkompanie stattgefunden“, informierte er. „Die Kapitalgeber waren im Wesentlichen Kaufleute aus der Stadt, die Arbeit wurde aber in Vegesack gemacht.“ Insgesamt seien 1600 Ausfahrten Bremer Walfänger gen Grönland dokumentiert. Darüber hinaus habe es im 19. Jahrhundert 44 Fahrten in die Südsee gegeben. Alles in allem sei der Vegesacker Hafen 220 Jahre lang Ausgangspunkt für Walfänger gewesen.
Notwendig waren die Fahrten, weil man den Waltran als Rohstoff für Leuchten brauchte. „Kerzen waren für die einfachen Leute zu teuer“, erzählte der Vorsitzende. Darüber hinaus wurde der Tran unter anderem als Grundstoff für Seifensieder und zur Lederverarbeitung genutzt. "1872 kam das Ende des bremischen Walfangs mit Segelschiffen", erklärte Gawelczyk. "Grund dafür war, dass der Waltran durch Erdöl ersetzt wurde."
Seine Hochzeiten hatte der Walfang im 18. Jahrhundert sowie im 19. Jahrhundert nach der napoleonischen Zeit, die 1815 endete. "Anfang des 18. Jahrhunderts waren mehr als 50 Prozent der Handelsschiffe in Bremen für den Walfang ausgestattet", informierte er. "Das zeigt die wirtschaftliche Bedeutung, die der Walfang sowohl für Vegesack als auch für Bremen hatte."
Ausstellungsräume in der Neuen Strandlust
Ausschusssprecher Norbert Arnold (SPD) überlegte, was man hieraus machen könnte. Er regte an, die Ausstellungsräume, die in der Neuen Strandlust entstehen sollen, zum Thema Walfang einzurichten. Zudem könnte von dort aus ein Rundgang durch den Stadtteil starten. "Das könnte zum Beispiel über einen Audioguide funktionieren", schlug er vor.
Klaus Gawelczyk hatte noch eine andere Idee. "Bremerhaven möchte Kreuzfahrer an Land bringen – und Vegesack hat etwas, was es diesen Touristen zeigen könnte", sagte er. Vor diesem Hintergrund könne er sich durchaus vorstellen, die Kooperation mit der Seestadt auszuweiten. Über entsprechende Angebote, die man dieser Zielgruppe unterbreiten könnte, gebe es bereits Gespräche zwischen dem Heimatmuseum Schloss Schönebeck und dem Vegesacker Geschichtenhaus.
Der Ausschuss will im Nachgang der Sitzung nun erfahren, welche Fördermöglichkeiten es gibt, um die Walfanghistorie Vegesacks aktiv zu nutzen. Auskunft hierzu soll das Kulturressort geben.