Soll Vegesack seine neue Marketing-Strategie auf den historischen Walfang ausrichten? Wenn es nach Klaus Gawelczyk, zweiter Vorsitzender des Heimat- und Museumsvereins für Vegesack und Umgebung, ginge, würde sich Vegesack auf seine maritime Tradition stützen. Mehr noch: Touristen sollen künftig den Nachbau eines alten Walfängers an der Lesummündung bestaunen und eine Walfänger-Ausstellung an der Maritimen Meile besuchen können. Wie der historische Walfang an der Weser präsenter werden soll.
Welche Bedeutung hat Walfang für Vegesack?
Der Vegesacker Hafen war 220 Jahre lang der Heimathafen der Waljäger. "Der Walfang hatte für ganz Bremen, nicht nur Vegesack, sehr lange Zeit eine große wirtschaftliche Bedeutung“, begründet der stellvertretende Museumschef des Schlosses Schönebeck, Klaus Gawelczyk, seinen Vorstoß. Um 1700 war nach seinen Worten mehr als die Hälfte der Bremischen Handelstonnage für den Walfang eingesetzt.

Der Heimathafen der bremischen Walfang-Flotte war um 1700 der Vegesacker Hafen. Daran erinnern diese Miniaturen im Schloss Schönebeck.
Der Heimathafen der bremischen Flotte sei Vegesack gewesen, aber nicht nur der bremischen Flotte. „Da das Umland zum Königreich Hannover gehörte, war auch ein erheblicher Teil der hannoverischen Walfangflotte von hier aus eingesetzt. Ein guter Teil des Reichtums Bremens und der Region in der damaligen Zeit war dem Walfang zu verdanken. Der Bau von Walfängern hatte auch seine Bedeutung für die Entwicklung der hiesigen Werften.“
Wo ist der Walfang heute im Stadtteil sichtbar?
Wer durch Vegesack spaziert, findet an verschiedenen Orten Hinweise darauf, dass Vegesack eine Walfänger-Stadt war. Markant ist zum Beispiel der Bronzeguss der Künstlerin Christa Baumgärtel eines Walkiefers am Utkiek. Ebenso erinnert die bronzene Walfluke des Bildhauers Uwe Häßler am Fähranleger sowie der Wal in der Vegesacker Fußgängerzone an die Tradition. Mit Walfang beschäftigt sich überdies das Vegesacker Geschichtenhaus am Vegesacker Hafen. Und schließlich beherbergt das Schloss Schönebeck zahlreiche Exponate zum Thema.

Ein konservierter Walembryo.
Im ersten Stock befindet sich ein Zimmer, in dem Harpunen, Tranlampen, Bilder und nicht zuletzt ein konservierter Walembryo gezeigt werden. Im Archiv des Heimatmuseums lassen sich dazu Geschichten wie die des ersten deutschen Südseewalfängers, des Vegesacker Kapitäns Jürgen Diedrich Krudop, finden. „Das von ihm erbaute Haus steht heute noch am Wilmannsberg“, berichtet der zweite Museumsvorsitzende, Klaus Gawelczyk. „Mit dem Thema Walfang bekäme die Maritime Meile Inhalt, Gesicht und Alleinstellungsmerkmal“, so Gawelczyk.
Ein Walfänger als Erinnerungsstation?
Das Vorstandsmitglied des Heimatmuseums hat gleich mehrere Stationen im Sinn, an denen in Vegesack künftig verstärkt an den Walfang erinnert werden könnte. Größter Anziehungspunkt dürfte der von ihm vorgeschlagene Nachbau eines Grönlandwalfängers im Hafen oder am ehemaligen Schulschiffstandort werden – wenn es denn zu einem Nachbau kommt. Zur Frage der Finanzierung sagt er: „Wenn es 43 Millionen für einen Nachbau eines Schiffes in Bremerhaven gibt, dann ist dies für Vegesack auch möglich.“ Während in der Seestadt in den vergangenen Jahren viel für die Entwicklung der Museumslandschaft getan worden sei, habe Vegesack in diesem Bereich bisher nur wenig zu bieten.
Und da die Meeresschutzorganisation Sea Shepherd Vegesack als Standort für ihre Zentrale gewählt hat, könne der Meeresschutz aus heutiger Sicht lokal adressiert werden. Einbeziehen ließe sich laut Gawelczyk auch die Beckedorfer Schmiede, die heute noch demonstriert, wie früher Harpunen produziert wurden. Auch an den Aufbau einer Städtepartnerschaft mit Nantucket, dem US-Walfänger-Hafen, zu dem es schon damals Kontakte gegeben habe, denkt der Nordbremer.
Wo wurde die Walfang-Idee präsentiert?
Klaus Gawelczyk vom Heimat- und Museumsverein für Vegesack und Umgebung hat bereits Kontakt zur Arbeitsgemeinschaft Maritime Meile aufgenommen und seine Vorschläge vor wenigen Tagen auch beim Strategie-Workshop vorgestellt, den das Vegesack Marketing gemeinsam mit dem Dortmunder Büro „Stadt und Handel“ und etwa 40 Akteuren aus Vegesack veranstaltet hat.
Die Anregung, die Historie als Walfangstandort mehr in den Vordergrund zu rücken, sei nur eine von sehr vielen verschiedenen Ideen gewesen, berichtet Jörn Gieschen auf Anfrage. „Sicher kann man das Thema noch mehr bewerben, die Strategie Vegesacks darauf auszulegen führt aber zu weit, da viele andere Faktoren berücksichtigt werden müssen, vor allem zukunftsgerichtete. Die maritime Historie insgesamt wieder stärker sicht- und erlebbar zu machen, bleibt aber auf jeden Fall ein Thema.“