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Bremer Westen Wenn Rennstrecken die Entschleunigung stören

Wird der Storchenweg demnächst asphaltiert? 2022 hatte sich eine Initiative dagegen stark gemacht. Doch es gibt neue Argumente, die dafür sprechen.
14.07.2025, 05:16 Uhr
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Wenn Rennstrecken die Entschleunigung stören
Von Anne Gerling

Bremens Radwegenetz wächst – immer mehr Menschen sollen durch gute und sichere Fahrradrouten dazu motiviert werden, vom Auto aufs Fahrrad umzusteigen. Dass allerdings nicht nur die Wege innerhalb der Stadt ausgebaut werden, sondern Radfahrer auch in Parks, Grünanlagen und Kleingartengebieten mehr Fahrkomfort genießen sollen, stößt auch auf Kritik. So warnen Naturschützer vor stärkerer Erhitzung sowie immer mehr und immer schnellerem Radverkehr, durch den Spaziergänger, Familien mit Kindern, Partygrüppchen mit Bollerwagen oder Leute mit Hunden von den Wegen verdrängt würden. Dabei suchten diese doch gerade im Grünen und in der Natur die Ruhe, die in der Stadt ansonsten nicht gegeben sei.

Beispiel Naherholungspark Grüner Bremer Westen. Dort formierte sich im Frühjahr 2022 eine Initiative gegen die Asphaltierung weiterer Wege, als – für manche Anlieger überraschend und ihrer Wahrnehmung nach in einer Art Blitzaktion – der Chrysanthemenweg asphaltiert wurde. Der Künstler und Schriftsteller René Niemann, der die 1958 eingeweihte Fleetkirche als Atelier nutzt und Mitinitiator der Initiative war, erlebt in diesen Tagen ein Déjà-vu. Denn kürzlich hat sich das Ortsamt bei ihm gemeldet und nachgefragt, was er als Anlieger denn davon halten würde, wenn der Storchenwegs asphaltiert würde. Der Storchenweg, der unmittelbar an der Fleetkirche vorbeiführt, bildet quasi die Verlängerung des Chrysanthemenwegs auf der anderen Seite des Waller Fleets. Seit 2015 verbindet eine Brücke für Fußgänger und Radfahrer die beiden Wege über das Gewässer hinweg – sie wurde damals bewusst gebaut, um eine attraktivere Wegeverbindung durch den Grünen Bremer Westen zu schaffen.

Weg wurde provisorisch ausgebessert

„Von verschiedenen Seiten wird an uns herangetragen, dass eine Asphaltierung des Storchenweges als übergeordnete Radwegebeziehung zwischen Hohweg und Waller Damm sinnvoll wäre“, heißt es nun auch in der E-Mail, die René Niemann Anfang Juli vom Ortsamt erhielt. Bereits als der Chrysanthemenweg asphaltiert wurde, „stand zu befürchten, dass eine Asphaltierung des Storchenwegs alsbald folgen würde“, sagt er. Seine Vermutung: „Man ließ drei Jährchen verstreichen – doch jetzt folgt offenbar der nächste Anlauf. Bereits vor einigen Wochen wurde der Storchenweg mit schwerem Gerät komplett planiert, die Vorbereitungen laufen also schon.“

Dieser Einschätzung widerspricht allerdings Lisa Hübotter, die im Umweltressort für das Projekt Grüner Bremer Westen verantwortlich ist. „Vor ein paar Monaten wurde der Weg im Storchenweg provisorisch ausgebessert“, erklärt sie vielmehr und verweist auf ein noch bewohntes Kaisenhaus im Storchenweg, dessen Schmutzwassersammelgrube regelmäßig von Hansewasser entleert werden müsse: „Das Problem besteht darin, dass aufgrund starker Schlaglöcher der Weg mit dem Entsorgungsfahrzeug nicht mehr befahren werden konnte, da es aufschlägt. Auch ein Ausweichen auf den Rasenstreifen kam nicht in Betracht, da das Fahrzeug drohte in den unmittelbar angrenzenden Graben zu rutschen.“ Tatsächlich gebe es aber auch noch einen Beschluss des Waller Beirats vom 3. März, dessen Umsetzung aktuell in ihrem Ressort geprüft werde.

Versorgung nicht mehr gewährleistet

In diesem Beschluss geht es um die Asphaltierung des Storchenwegs zwischen Hohweg und Waller Damm. Nicht nur Hansewasser habe auf dem Weg aufgrund des schlechten Zustands Probleme, sondern auch der Bremische Deichverband, der deshalb das Fleet nicht mehr pflegen könne, ist darin zu lesen. Und dass sich auch DHL und Post weigerten, dort Sendungen zuzustellen. Im Zuge des Beschlusses hatten die Waller Ortspolitiker sich dabei offenbar nach einer möglichst umweltschonenden Sanierungsmöglichkeit erkundigt. Da der Weg allerdings eine Tragfähigkeit von bis zu zwölf Tonnen haben müsse, sei nach Rücksprache mit der Abteilung Grünordnung im Umweltressort aufgrund der Bodenbeschaffenheit lediglich eine Asphaltierung nachhaltig und kosteneffizient: „Daher wird eine Asphaltierung gefordert." Der im Ortsamt West für Walle verantwortliche Stadtteilsachgebietsleiter Leon Czyborr erklärt dazu: „Natürlich sind wir da auch im Schmelztiegel der unterschiedlichen Interessen. Wir bemühen uns, die Interessen der verschiedenen Anlieger zu berücksichtigen.“

Dass es für die betroffenen Anwohner ärgerlich ist, wenn Hansewasser und andere Versorger den Weg nicht mehr befahren wollen, kann auch Niemann gut nachvollziehen. Er fragt sich allerdings gleichzeitig auch: „Wie konnte es soweit kommen?“ Schließlich sei die Stadt doch verpflichtet, den Weg für die Fleet-Reinigung durch den Deichverband befahrbar zu halten und Schlaglöcher regelmäßig auszubessern – was sie aber offenbar über Jahre versäumt habe.

Wenn Asphalt, dann nur zur Hälfte

Sollte nun tatsächlich auch der Storchenweg asphaltiert werden, dann nur im bewohnten Bereich, unterstreicht Niemann: „Auf keinen Fall aber darf die andere Hälfte des Storchenwegs – zum Waller Damm hin – in die Asphaltierungsarbeiten eingeschlossen werden.“ Klar ist: Kommt es so, dann sähe sich der Waller Künstler und Schriftsteller einmal mehr bestärkt in seiner Kritik am Umgang mit der grünen Oase im Bremer Westen: „Es entsteht eine pseudogrüne Nutzlandschaft, in der die Natur nur noch Staffage ist, und soweit geradegebogen und zurechtgeschnitten wird, dass sie in die schicken und modischen Konzepte passt. Der Radfahrer wird zum guten Menschen stilisiert, und alles was dem Radfahrer dient, kann damit nur gut sein.“

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