- Wie ist die Situation in Bremen?
- Wie viel Regen ist in Bremen gefallen?
- Wie sieht es in Niedersachsen aus?
- Gibt es andernorts größere Schäden?
- Ist der Bahnverkehr beeinträchtigt?
- Wann hat es zuletzt Starkregen-Ereignisse in Bremen gegeben?
- Wie warnt der Deutsche Wetterdienst?
- Wie stellt sich Bremen auf Starkregen-Ereignisse ein?
- Wie sehen konkrete Beispiele für eine Schwammstadt Bremen aus?
- Was ist in Bremen noch geplant?
- Wie soll das Wetter in den nächsten Tagen werden?
Die Warnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) waren eindeutig, die Feuerwehren in der Region haben sich entsprechend vorbereitet: In weiten Teilen Deutschlands, darunter Bremen und Niedersachsen, sind am Donnerstagabend und in der Nacht kräftige Gewitter und Unwetter über das Land gezogen. Die Meteorologen gingen in den betroffenen Regionen von 30 bis 60 Liter Regen pro Quadratmeter aus, lokal sollten auch 100 bis 150 Liter Regen möglich sein. Es drohten Überschwemmungen. Zum Vergleich: In der Nacht zu Mittwoch waren in Bremen 35 Liter pro Quadratmeter vom Himmel gekommen.
Wie ist die Situation in Bremen?
Die stärksten Niederschläge gingen in der Nacht zum Freitag nach 0 Uhr nieder. „Wir waren überrascht, dass es erst so spät losging“, sagte Feuerwehrsprecher Michael Richartz auf Anfrage des WESER-KURIER. Man sei kurz davor gewesen, die ersten Kollegen in den Feierabend zu verabschieden, als sich kurz vor Mitternacht die Anrufe der Bremerinnen und Bremer häuften. Bis um kurz vor 6 Uhr am Freitag seien dann noch 800 Notrufe unter der Nummer 112 registriert worden. „Bis 12 Uhr werden wir 1000 Anrufe erhalten haben“, so Richartz.
Bis zum Freitagmorgen war die Bremer Feuerwehr auf 400 Einsätzen, bis zur Mittagsstunde werde man die Grenze von 500 Einsätzen erreicht haben, so Richartz. Neben den 19 Freiwilligen Feuerwehren waren auch sämtliche Feuer- und Rettungswachen der Berufsfeuerwehr im Einsatz.
Nach ersten Erkenntnissen der Einsatzkräfte sind in der Nacht ausnahmslos Sachschäden entstanden, Personen seien nicht verletzt. Auch das Technische Hilfswerk (THW) war im Einsatz und berichtete bei Twitter etwa von vollgelaufenen Kellern.
Der Einsatzschwerpunkt für die Bremer Feuerwehr lag laut eigenen Angaben im nordwestlichen Raum Bremens. Der Großteil der Einsätze habe sich um vollgelaufene Keller und Wohnungen gedreht, vereinzelt seien abgebrochene Äste beiseite geräumt worden.
Die erste Regenfront hatte Bremen am späten Donnerstagnachmittag erreicht. Dabei kam es lokal zu heftigen Niederschlägen, die allerdings nur wenige Minuten andauerten. Gegen 19 Uhr hatte sich die Lage zunächst beruhigt, später am Abend setzte der Regen dann erneut ein. Um kurz nach 22 Uhr hatte die Feuerwehr auf Nachfrage des WESER-KURIER noch von keinem einzigen wetterbedingten Einsatz berichten können.
Laut Polizei sind auch einige Ampeln aufgrund des Starkregens ausgefallen. Betroffen seien die Stadtteile Neustadt und Osterholz. Wann die Ampeln wieder in Betrieb gehen können, ist aktuell noch unklar.
Wie viel Regen ist in Bremen gefallen?
Laut Hansewasser Bremen waren vor allem die Stadtteile Gröpelingen, Walle und Findorff betroffen. Die Regenschreiber und Radardaten hätten bis zu 60 Liter pro Quadratmeter gemessen. Das sei die durchschnittliche Regenmenge eines ganzen Monats. Von zwölf bis 23 Liter pro Quadratmeter spricht Hansewasser von einem Starkregenereignis, ab 24 Liter handelt es sich um Extremregen. Es seien alle technischen Möglichkeiten eingesetzt worden, um die Wassermengen schnell abzuführen: Die Leistung der Abwasserpumpen sei planmäßig hochgefahren worden und es wurden Entlastungskanäle und Regenwasserüberlaufbecken gefüllt.
Um die Feuerwehr und das THW zu unterstützen, sei der Notdienst von Hansewasser seit der Nacht im Einsatz. Neben den zahlreichen vollgelaufenen Kellern gebe es auch zwei überflutete Unterführungen am Utbremer Ring und in der Holsteiner Straße.
Wie sieht es in Niedersachsen aus?
In der Region um Bremen gab es ebenfalls zahlreiche Feuerwehreinsätze. In Osterholz-Scharmbeck etwa wurden die Einsatzkräfte wegen zahlreicher vollgelaufener Keller, Überschwemmungen oder sonstigen Wasserschäden gerufen. Extrem war laut Feuerwehrsprecher Chris Hartmann die Situation an der Poststraße, wo das Wasser in Geschäfte drang, sowie an der Unterführung Am Osterholze, die zeitweise nicht mehr passierbar war.
Nordhessen und Südniedersachsen waren bereits am Donnerstagnachmittag von starken Unwettern getroffen worden. So hatten schwere Gewitter mit Hagel etwa in Göttingen Einsätze von Polizei und Feuerwehr ausgelöst. Es seien beispielsweise Keller vollgelaufen, sagte ein Sprecher der Leitstelle.
In Braunschweig berichtete die Feuerwehr bis 20 Uhr von rund 1600 unwetterbedingten Notrufen, sie war bis zum frühen Abend zu mehr als 340 Unwettereinsätzen ausgerückt. Wegen der vielen Anrufe kam es zu langen Wartezeiten bei der Notrufanlage. Videos zeigten, wie Straßen unter Wasser standen und auch Geschäfte geflutet wurden. Straßenbahnen und Autos steckten fest.
Auch in Hildesheim berichtete die Feuerwehr im Laufe des Abends von einem stark erhöhten Einsatzaufkommen. Im Landkreis Harz liefen zahlreiche Keller voll, eine konkrete Einsatzzahl lag hier zunächst nicht vor.
Gibt es andernorts größere Schäden?
Mit am stärksten war am späten Nachmittag zunächst das Sauerland betroffen. Hier hatte der DWD die höchste Unwetterwarnstufe herausgegeben. Feuerwehr und Polizei rückten in der Region schon am Nachmittag zu zahlreichen Einsätzen aus. Keller waren vollgelaufen, Straßen wurden überflutet und Gullys hochgedrückt. Das Tiefdruckgebiet war allerdings relativ klein, in anderen Orten bemerkten die Menschen daher fast nichts vom Unwetter.
Auch in Nordhessen war das Unwetter deutlich zu spüren. Hier wurden Dächer abgedeckt, Bäume entwurzelt und Straßen überflutet. Auf der Fernverkehrsstrecke Kassel-Göttingen kam es zu Beeinträchtigungen. In Duisburg rettete die Feuerwehr nach eigenen Angaben mehrere Menschen aus Fahrzeugen, die auf überschwemmten Straßen feststeckten.

Duisburg am späten Donnerstagabend: Teilabschnitte der Autobahn A59 sind nach stundenlangen Regenfällen überschwemmt.
Im Kreis Neuwied in Rheinland-Pfalz stürzte ein Baum auf ein fahrendes Auto. „Bei einem anderen Einsatz mussten Personen aus ihrem Pkw in einer vollgelaufenen Unterführung gerettet werden“, teilte der Brand- und Katastrophenschutz des Landkreises mit. Im Frankfurter Vorort Sindlingen wurden mehrere Autos durch umgestürzte Bäume schwer beschädigt. „Die Leute haben ein Riesenglück gehabt“, sagte ein Feuerwehrsprecher angesichts der regelrecht platt gedrückten Fahrzeuge in einem Wohngebiet.
Im oberbayerischen Valley fielen golfballgroße Hagelkörner vom Himmel. Von Schäden war bei der Polizei zunächst nichts bekannt. Im Landkreis Harz gab es durch das Unwetter zahlreiche vollgelaufene Keller. Die Berliner Feuerwehr rief den „Ausnahmezustand Wetter“ aus.
Ist der Bahnverkehr beeinträchtigt?
Am Freitagmorgen sind mehrere Bahnstrecken in Niedersachsen nicht regulär befahrbar. Wie die Deutsche Bahn am Freitag mitteilte, ist unter anderem die Strecke zwischen Braunschweig und Hildesheim gesperrt. Züge in der Region werden umgeleitet und es kann zu Verspätungen kommen. Auch die Strecke zwischen Göttingen und Kassel ist derzeit nicht befahrbar. Wann die Strecken wieder normal befahrbar sein werden, ist nach Angaben der Sprecherin noch nicht absehbar.
Mehrere Strecken wurden bereits in der Nacht zum Freitag zeitweilig gesperrt – darunter die wichtigen Verbindungen zwischen Berlin und Hannover, Berlin und Hamburg sowie zwischen Frankfurt und Wiesbaden. Der Zugverkehr sei „bundesweit erheblich beeinträchtigt“, hieß es auf der Internetseite der Bahn.
Wann hat es zuletzt Starkregen-Ereignisse in Bremen gegeben?
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Hamburg hat an seiner Messstelle am Bremer Flughafen seit 2013 zehn Starkregen-Ereignisse registriert. Die Definition hierfür waren 15 Liter Niederschlag pro Quadratmeter innerhalb einer Stunde beziehungsweise 7,2 Liter binnen zehn Minuten. Gleich drei Mal trat auf dieser Bemessungsgrundlage Starkregen im Jahr 2013 auf, einmal im Mai und zweimal im Juni. Je ein Starkregen-Ereignis verzeichnete der DWD im Juli 2014, August 2015, Juni 2016, August 2017, Juli 2019, September 2022 und vor zwei Tagen. Weitere Starkregen-Ereignisse können sich in Bremen weiter entfernt von der Messstelle am Flughafen abgespielt haben.
Wie warnt der Deutsche Wetterdienst?
In drei Stufen. Eine sogenannte markante Wetterwarnung spricht der DWD aus, wenn innerhalb von einer Stunde 15 bis 25 Liter Niederschlag pro Quadratmeter drohen oder 20 bis 35 Liter innerhalb von sechs Stunden. Eine Unwetterwarnung gibt es bei Regenmengen von 25 bis 40 Litern in einer Stunde oder 35 bis 60 Liter innerhalb von sechs Stunden. Drohen binnen einer Stunde mehr als 40 Liter Regen, spricht der DWD eine Warnung vor extremem Unwetter aus.
Wie stellt sich Bremen auf Starkregen-Ereignisse ein?
Bremen hat schon vor mehr als zehn Jahren eine Klima-Anpassungsstrategie auf den Weg gebracht, das sogenannte KLAS-Projekt. Es bündelt Maßnahmen, damit die Stadt wie ein Schwamm wirken kann. Bremen gilt in Expertenkreisen auf diesem Gebiet als Vorreiter. Fast alle Großstädte haben sich des Themas inzwischen angenommen. Berlin zum Beispiel hat vor fünf Jahren nach Amsterdamer Vorbild eine Regenwasseragentur gegründet, die mehr als 400 Hektar Berliner Fläche nach dem Schwammstadt-Prinzip entwickelt hat.
Wie sehen konkrete Beispiele für eine Schwammstadt Bremen aus?
An mehreren Straßen wird Regenwasser nicht mehr direkt in die Kanalisation geleitet, sondern zwischengespeichert oder ohne Umwege zur Bewässerung an Bäume geführt. In einigen Nachbarschaften hat die Stadt auch die Straßenprofile geändert, zum Beispiel unterhalb des Osterdeichs. Am Borchersweg etwa hat die Straße jetzt ein V-Profil, also ihren tiefsten Punkt in der Mitte und dort eine Rinne samt neuer Gullys. Drittes Beispiel: Hansewasser selbst speichert am Verwaltungssitz in der Überseestadt Regenwasser in unterirdischen Zisternen und Schächten sowie oberirdisch auf Grünflächen und in einem Teich.
Was ist in Bremen noch geplant?
Hansewasser denkt darüber nach, in größerem Stil Regenwasserzisternen unter der Stadt zu bauen, um, wie es heißt, „wertvolles Wasser zwischenzuspeichern, um dann in Trockenphasen wieder darauf zurückgreifen“ zu können. Außerdem versucht die Stadt Bremen, an Fördermittel aus dem Bundesprogramm zur „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ zu kommen. Bis 2026 sind Mittel bewilligt für Projekte mit „überdurchschnittlichen Investitionsvolumen oder hohem Innovationspotenzial“.
Wie soll das Wetter in den nächsten Tagen werden?
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) rechnet auch an diesem Freitag noch mit vereinzelten Unwettern, allerdings nicht mehr in Bremen und umzu. Das Starkregengebiet zieht im Laufe des Tages nach Osten aus Niedersachsen ab, so der DWD. Spätestens ab Mittag soll es in der Region um Bremen trocken bleiben und im Tagesverlauf bis zu 24 Grad warm werden.
Vor allem im Osten und Südosten Deutschlands könne es hingegen noch kräftige Gewitter mit Starkregen, Hagel und stürmischen Böen geben. Tagsüber sei dann von Vorpommern bis nach Sachsen-Anhalt und Thüringen gebietsweise mit schauerartigen Regenfällen zu rechnen.
Das Tief wandert nach Angaben des DWD langsam nach Polen, wobei die schwülwarme Luft durch kühlere ersetzt wird. Der Regen zieht dann ab nachmittags und abends allmählich ebenfalls ostwärts ab. An Kammlagen können aber noch stürmische Böen von bis zu 70 Kilometern die Stunde erreicht werden.
+++Dieser Artikel wurde am 23. Juni um 8.32 Uhr aktualisiert.+++