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Ausbildungsabgabe Bremer Unternehmer erwägen Klage gegen Fonds

Die Umsetzung des Ausbildungsfonds für das Land Bremen schreitet voran – wenngleich der Ausgang der Klage weiter offen ist. Unternehmer kündigen weiteren Widerstand an, wenn das Verfahren scheitern sollte.
18.01.2024, 05:00 Uhr
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Bremer Unternehmer erwägen Klage gegen Fonds
Von Lisa Schröder

Der Ausbildungsfonds für das Land Bremen ist bekanntlich umstritten. In der Bremer Wirtschaft ist er auf deutlichen Widerstand gestoßen. Im März ist das „Gesetz zur Errichtung eines Ausbildungsunterstützungsfonds“ beschlossen worden. Die Umsetzung schreitet voran – trotz der Normenkontrollklage mehrerer Kammern beim Staatsgerichtshof Bremen. „Wenn wir erst das Urteil abwarten würden, könnten wir den Zeitplan nicht einhalten“, sagt Nina Willborn, Sprecherin im Arbeitsressort. Das Normenkontrollverfahren hat keine aufschiebende Wirkung aufs Gesetz. Aktuell gebe es bei der Umsetzung keine Verzögerung.

Warum droht weiterer Widerstand?

Der Rechtsstreit könnte nach dem Urteil weitergehen. Für den ehemaligen Bürgerschaftsabgeordneten Christoph Weiss steht fest: Wenn die Klage nicht erfolgreich sein sollte, will er mit seinem Unternehmen gegen den Fonds vorgehen. Er werde ­damit sicherlich nicht allein sein. „Ganz viele Firmen werden dann gegen die Bescheide Klage erheben – wie wir auch“, sagt der Geschäftsführer des Zahntechnikspezialisten Bego, der zudem im Landesvorstand der CDU sitzt. Derzeit ist Weiss noch „hoffnungsfroh, dass der Staatsgerichtshof in Bremen diese Initiative stoppen wird“. Sollte es anders kommen, geht auch die Handelskammer von Hunderten Klagen gegen die Bescheide aus.

Weiss sieht in der Abgabe ein „Misstrauensvotum“ des Senats gegen die Wirtschaft. Aus seiner Sicht verärgert das viele Unternehmer. „Es ist eigentlich eine Unterstellung, wir wollten nicht ausbilden“, sagt der Bremer Firmenchef. Dabei bemühten sich die Betriebe intensiv um Nachwuchs: „Es gibt ein Riesenengagement. Doch am Ende des Tages finden wir die Leute einfach nicht.“ Das liege auch daran, dass viele Schulabsolventen nicht ausbildungsfähig seien.

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Wie weit ist der Fonds?

Der Topf soll zum nächsten Ausbildungsjahr eingerichtet werden. Das Prinzip: Die Unternehmen zahlen abhängig von ihrer Gesamtbruttolohnsumme eine Summe in den Fonds ein. Für jeden Auszubildenden gibt es eine Ausgleichszahlung, die zwischen 1500 und 2500 Euro pro Jahr liegen soll. Arbeitssenatorin Claudia Schilling (SPD) zweifelt nicht am Vorhaben: „Wir sind weiterhin von der Rechtmäßigkeit des Gesetzes zur Errichtung des Ausbildungsunterstützungsfonds überzeugt.“

In Bremen blieben viele Ausbildungsstellen leer. Zugleich fehle zu vielen jungen Menschen der Berufsabschluss. „Deshalb ist es ein zentrales Ziel, dass wir mehr Jugendliche in Ausbildung bringen und dass sie diese auch erfolgreich absolvieren. Dafür wollen wir mit dem Ausbildungsunterstützungsfonds sorgen“, sagt Schilling. Der Fonds helfe mit seinen Angeboten auch den Betrieben. In einigen Branchen sei schon zu sehen, welche Folgen es habe, wenn gut ausgebildeter Nachwuchs und Fachkräfte ­fehlten.

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Welche Abläufe sind vorgesehen?

Voraussichtlich soll die landeseigene Performa Nord die Umsetzung des Fonds übernehmen – unterstützt durch eine Softwarelösung. Das geht auch aus einer Antwort des Senats auf eine Anfrage der Fraktion der CDU hervor. Der Verwaltungsaufwand werde damit minimiert. Für die Unternehmen soll der Aufwand ebenfalls „so gering wie möglich gehalten werden“. Eine Onlineeingabe der Daten ist vorgesehen.

Kritiker des Fonds haben bei diesem Punkt Bedenken: Ein Bürokratiemonster werde erschaffen. Wie viel Zeit investiert werden müsss, hänge offenbar von der Software ab, deren Entwicklungskosten noch offen seien. Am Konzept arbeitet der IT-Dienstleister Dataport, der von Bremen und weiteren Bundesländern getragen wird. Fest steht: Die Verwaltung der Ausbildungsabgabe muss aus Haushaltsmitteln finanziert werden, nicht aus dem Fonds selbst.

Wo setzen die anhängigen Klagen an?

Aus Sicht vieler Unternehmer verstößt die Ausbildungsabgabe aus mehreren Gründen gegen die Bremische Landesverfassung. „Die Idee, politisch etwas für die Ausbildung zu tun, ist grundsätzlich ja richtig. Dass Bremen hier als einziges Bundesland ein Landesgesetz zur Einführung einer Ausbildungsabgabe beschließt, ist unseres Erachtens rechtlich nicht haltbar“, sagt Michael Zeimet, bei der Handelskammer für Aus- und Weiterbildung zuständig. Es falle den Betrieben zunehmend schwer, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen, „was die Abgabe schon deshalb aus Sicht vieler Unternehmen ad absurdum führt“.

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Wann wird mit einer Entscheidung gerechnet?

Im vergangenen Juli reichte die Handelskammer eine Normenkontrollklage gegen das Gesetz ein. Ihr schlossen sich fünf weitere Kammern an. Der Staatsgerichtshof soll prüfen, ob die Ausbildungsabgabe mit der Landesverfassung vereinbar ist. „Wir gehen von einer Entscheidung nicht vor Mitte bis Ende dieses Jahres aus“, sagt Zeimet. Ein Verhandlungstermin sei bisher nicht bekannt. Der Senat habe Anfang des Jahres seine Stellungnahme zur Klage eingereicht.

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