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Bremse fürs Wachstum Bremen nimmt sich Bürokratieabbau vor

Zu viel Bürokratie bremst nicht nur die Unternehmen aus, sondern kostet auch die Verwaltung unnötig viel Zeit. Was tun? In Bremen wird die Sache gemeinsam angepackt. Warum davon alle profitieren.
24.10.2024, 05:00 Uhr
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Bremen nimmt sich Bürokratieabbau vor
Von Lisa Schröder
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Wenn Unternehmen von den Dingen berichten, die es ihnen im Alltag gerade besonders schwer machen, fehlt bei der Aufzählung selten dieser Satz: Die Bürokratie in Deutschland werde immer mehr zur Last. Der Verwaltungsaufwand steige permanent – kein Ausweg aus dem Bürokratiedschungel. Oder doch? Bremen will Schneisen ins Dickicht schlagen, wo das in der Hand der Hansestadt liegt. Ein Schritt dafür ist getan: Vertreter aus Politik und Wirtschaft konnten sich auf ein Positionspapier einigen.

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Wie bewerten Politik und Wirtschaft den Schritt?

In Bremen tauschen sich Politik und Wirtschaft seit einiger Zeit im Transformationsrat aus. In einer Arbeitsgruppe geht es um den Bürokratieabbau. "Bürokratie ist per se nichts Schlechtes", sagt Olaf Orb von der Handelskammer Bremen, die in der Runde die Federführung hat. Bürokratie stehe für Rechtsstaatlichkeit, für Gleichbehandlung und für nachvollziehbares Verwaltungshandeln. "Zweifellos jedoch hat das jahrzehntelange Aufwachsen von Gesetzen, Vorschriften und Berichtspflichten ein Maß erreicht, das Innovationen und Investitionen hemmt, Strukturveränderungen schwierig macht und sowohl in der Verwaltung als auch in den Unternehmen enorme Ressourcen bindet", kritisiert Orb.

Schon viele Anläufe seien zum Bürokratieabbau unternommen worden, die Erfolge aber dürftig. Immer mehr Gesetze und Verordnungen seien auf Bundesebene dazugekommen. Die Initiative in Bremen ist aus Sicht der Handelskammer der Anfang eines Marathons, damit begebe man sich "bestenfalls auf ein erstes Teilstück eines längeren Weges". Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hält das Positionspapier für einen immensen Fortschritt: Die Einigung des Senats mit den Sozialpartnern auf konkrete Schritte zum Bürokratieabbau sei "nicht weniger als ein Quantensprung". Dabei soll es aber nicht bleiben. "Jetzt gilt es, den Schwung zu nutzen, um die Vereinbarung zügig umzusetzen und weitere Aufgaben zu identifizieren", sagt Bovenschulte.

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Was soll in Zukunft anders laufen?

Generell soll künftig eine Vereinheitlichung von Vorschriften angestrebt werden – damit in Bremen nicht andere Regeln für die Unternehmen gelten als in Bremerhaven, Niedersachsen oder auf Bundesebene. Welche Bürokratiebelastung ein Bremer Gesetz mit sich bringt, das soll bereits im Gesetzgebungsverfahren bedacht werden. Und lässt sich der Mehraufwand durch Entlastung an anderer Stelle womöglich ausgleichen? Darüber hinaus sollen Vorschriften, die gerade auf kleinere und mittelgroße Unternehmen Auswirkungen haben, nur an zwei Stichtagen im Jahr in Kraft treten, wenn dies möglich ist. Es müsse zudem eine zentrale Verwaltungsdatenbank geben, um den Aufwand für Datenabfragen zu minimieren.

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Wo sind dem Vorhaben Grenzen gesetzt?

Viele Regelungen werden nicht in Bremen festgelegt. Das schränkt den Handlungsspielraum natürlich ein. Auch Orb sagt mit Blick auf die Zunahme von Vorschriften und Verordnungen: Berlin und Brüssel spielten sicher viel entscheidendere Rollen. Handlungsbedarf bestehe: Umfragen zufolge stuft mehr als die Hälfte der Unternehmen die Bürokratie hierzulande wegen des Zeit- und Kostenaufwands als wettbewerbsschädlich ein: "Es ist daher sehr gut, dass der Transformationsrat den Abbau von Bürokratie aufgreift." Aus Sicht der Arbeitsgruppe sind in Bremen Entlastungen möglich. Was Bovenschulte dabei wichtig ist: "Das Ziel darf aus meiner Sicht auf keinen Fall darin bestehen, arbeitsrechtliche und tarifvertragliche Schutzstandards zu streichen.“

Was passiert auf Bundesebene?

Vor allem das Lieferkettengesetz der EU steht derzeit in der Kritik der Wirtschaft. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) versprach beim Arbeitgebertag in Berlin: Das Lieferkettengesetz werde noch in diesem Jahr abgeschafft. In der vergangenen Woche hat der Bundesrat zudem dem Bürokratieentlastungsgesetz zugestimmt, womit die Wirtschaft jährlich um rund 944 Millionen Euro entlastet werden soll. Bremens Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) hat dem Gesetz im Bundesrat zugestimmt und begrüßt die Entlastung gerade für kleinere Unternehmen. Unter anderem sollen Aufbewahrungspflichten für Buchungsbelege verkürzt werden – was durchaus als problematisch für die Verfolgung von Steuerbetrug gesehen wird. Auf die Konsequenz weist auch Fecker hin.

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Was haben die Bürger vom Bremer Weg?

Der Bürokratieabbau wirkt in viele Felder hinein – selbst wenn es nur um kleine Schritte geht. Baugenehmigungsverfahren sollen etwa digitalisiert werden, um die Abläufe zu beschleunigen. Das bringt das Bauen voran. Auch Infrastrukturprojekte sollen schneller umgesetzt werden. Ob immer alle vorgesehenen Prüfungen relevant sind? Das soll "mindestens" bei kritischer Infrastruktur, beispielsweise für die Energiewende, abgeklopft werden. Wenn eine Brücke einfach nur erneuert wird, soll auf ein Genehmigungsverfahren verzichtet werden können. Das sieht das Fernstraßengesetz auf Bundesebene bereits vor. Solardächer sollen schneller genehmigt werden. Hier weist die Runde auf Verzögerungen bei Wesernetz hin. Lange und mit Auflagen behaftete Prozesse müssten verschlankt werden.

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