Wie passen Autos in unsere Städte? Fast überall geht es derzeit um diese Frage. Welche Pläne schweben Ihnen als Mobilitätsexpertin vor?
Katja Krause: Im Innenstadtbereich sind Parkhäuser nützlich, um Autos möglichst platzsparend unterzubringen, somit bleibt mehr lebenswerter Raum für alle.
Werden Parkhäuser denn weiter Parkhäuser heißen?
Alle nennen sie heute noch so – und wir wollen natürlich gefunden werden. Wir sprechen aber sicherlich künftig von Mobilitätshäusern. Wir sind selbst dabei, die Parkhäuser umzudenken. Am Brill ist zum Beispiel jetzt das Fahrradparken möglich. Wir organisieren derzeit, Packstationen aufzunehmen. So verändert sich, was ein Parkhaus ist.
Was fällt Ihnen in Bremen auf? Wo gibt es gute Mobilitätsansätze? Wo sehen Sie Potenziale?
Wir haben in der Innenstadt eine starke Entwicklung für den Radverkehr. Die Radverkehrsanlagen sind zwar nicht immer im optimalen Zustand. Aber dass der Raum fürs Rad da ist, das ist sehr erfreulich. Hier im Zentrum braucht vielleicht nur ein Viertel das Auto zwingend. Anders sieht es in den Randlagen aus. Da ist das Bedürfnis, ein individuelles Verkehrsmittel zu nutzen, viel größer.
Die Radwege könnten aber besser sein.
Das ist wie überall. Die Instandhaltung dieser Infrastruktur ist sehr aufwendig. Im Moment werden ganz viele Fahrradständer in Bremen aufgestellt. Das ist sehr erfreulich. Wir sehen Modellprojekte wie in der Martinistraße. Das ist spannend: Wie nehmen die Menschen das an? Ich finde es gut, dass man was ausprobiert. Wir setzen uns auch sehr stark für den Radverkehr ein. Gerade haben wir vier neue Bauanträge für Bike-and-Ride-Anlagen geschrieben. Das wird eine ganz wichtige Säule des Unternehmens.
Viele assoziieren die Brepark dennoch vor allem mit Autos.
Die Brepark ist vielseitig! Wir sind eben auch Dienstleister für Fahrräder und Busse. Der Fernbusterminal wird ab Sommer auch von uns betrieben werden.
In Berlin haben Sie sich um Radverkehrsinfrastrukturprojekte gekümmert. Nun sitzen Sie am Lenkrad von Bremens größtem Parkplatzanbieter mit 20.000 Stellplätzen. Ein leichter oder schwerer Perspektivwechsel?
Lenkrad ist vielfältig. Wir wollen mit unserem Angebot die Attraktivität der Innenstadt fördern. Das betrifft verschiedene Verkehrsarten. Ob Bus, Auto oder Fahrrad: Das ist uns alles wichtig.
Rad und Auto – das klingt zunächst nach zwei Welten.
Es sind keine unterschiedlichen Welten. Ganz im Gegenteil. Es ist ein enges Miteinander. Und da muss man alle Perspektiven kennen. Ich persönlich nutze alle Verkehrsarten. Ich laufe besonders gerne. Das ist in der Bremer Innenstadt sehr schön, weil alles so nah beieinander ist und es große Zonen ohne Autos gibt. Das schätze ich sehr – gerade als Ex-Berlinerin.
Oft werden Debatten zwischen Auto- und Radfahrern sehr aggressiv geführt. Woher kommt die Wut?
Es ist vielleicht wirklich ein Kulturkampf. Wir haben im Verkehr sehr unterschiedliche Bedürfnisse. In Deutschland mangelt es aber merklich daran, den ersten Paragrafen der Straßenverkehrsordnung einzuhalten: gegenseitige Rücksichtnahme. Das ist nicht so richtig existent, was auch eine gewisse Tradition hat. Mein Auto, mein Reich – das sitzt sehr tief bei vielen.
Der Grundsatz wäre also bei manchem: Die Würde meines Autos ist unantastbar.
Das wäre schlimm! Auf jeden Fall sind wir ausbaufähig, was das Miteinander angeht. Die Fußgänger werden etwa oftmals vergessen. In manch einer Verkehrswende hat man gerade Fußgängern viel Raum weggenommen. Das passt nicht dazu, wenn man eine lebenswerte Stadt sein will.
In Bremen gibt es viele Diskussionen um Verkehrsexperimente. Die halten Sie ebenfalls für richtig. Weil sonst nichts vorangeht?
Die Diskussion ist ja eine große Errungenschaft, dass wir darüber reden und nicht einfach nur entschieden wird. Ich finde wichtig, dass alle gehört werden – insbesondere der Einzelhandel. Ohne ihn machen bestimmte Zonen der Stadt keinen Sinn mehr. Eine gute Kommunikation und Planung ist auch beim Wegfall des Parkhauses Mitte von Bedeutung. Dazu ist eine große Studie erstellt worden.
1000 Stellplätze fallen weg.
Das ist schon deutlich. Die Veränderung kann aber funktionieren, wenn man zeitgleich den Radverkehr ausbaut und den ÖPNV fördert. In der Verkehrsplanung gibt es trotzdem immer viele Unbekannte. Wo die Reise hingeht, wissen wir ja nicht. Das hängt an verschiedenen Einflussfaktoren. Wenn sich der Preis für Benzin wieder verringert, werden mehr Kilometer mit dem Auto zurückgelegt. Dann helfen Angebote im ÖPNV womöglich nicht in dem prognostizierten Maße.
Ist Ersatz fürs Parkhaus geplant?
Rechnerisch wird es genügend Stellplätze in der Innenstadt geben. Wir sind hier ja auch nicht alleiniger Anbieter von Parkraum. Es wäre nicht so einfach, noch mehr Stellplätze zu errichten – und sehr kostenintensiv. Und man muss natürlich schauen, ob das verkehrsplanerisch passt, wenn die Innenstadt eigentlich autofrei sein soll. Da machen dann Quartiersgaragen, Park and Ride und Fahrradparkhäuser mehr Sinn. Außerdem kommt es nur an wenigen Tagen des Jahres zu einer Vollauslastung der Parkhäuser. Das rechtfertigt keine erhebliche Investition.
Wie ist der Zustand der Parkhäuser?
Im Parkhaus Mitte haben wir natürlich zuletzt keine aufwendigen Investitionen mehr getätigt. Sonst investieren wir kontinuierlich in all unsere Parkhäuser. Wir haben dort einen tollen Zustand – mit einer schönen hellen Beleuchtung. Wir bestreifen die Parkhäuser täglich. So können wir einen sehr sauberen Zustand wahren. Sobald Müll rumliegt, wird darauf reagiert.
Im Moment liegen mehrere Parkhäuser in der Innenstadt. Auf der Website der Brepark heißt es: „Für viele Menschen beginnt der Besuch in der Bremer City in einem der Parkhäuser und er endet auch dort.“ Wie passt das zum Ziel des autofreien Zentrums bis 2030?
Die Parkhäuser Katharinenklosterhof und Am Dom sind ziemlich zentral, was sehr rege genutzt wird – auch von Menschen mit Beeinträchtigungen. In Bremens Strategie ist eine Überprüfung der Nutzungsarten vorgesehen. Es soll dort aber auch weiterhin Parken möglich sein.
Ist das Ziel denn zu schaffen?
Ein ambitioniertes Ziel und ein Plan sind wichtig, um voranzukommen. Das Planen und Bauen dauert jedoch mitunter länger als gedacht, da die Dinge oft komplexer sind als zunächst bekannt. Zur Bewältigung der Verkehrswende brauchen wir darüber hinaus ganz viele Mitarbeitende. Im Moment gibt es da einen großen Personalmangel. Ich kann mir vorstellen, dass an manchen Punkten vielleicht Abstriche gemacht werden müssen.
In den Wohnstraßen dominieren auch in Bremen die Fahrzeuge. Viel Platz zum Spielen und Gestalten, für Bäume, Beete und Bänke bleibt da oft nicht. Sollte es aus Ihrer Sicht mehr Orte geben, an denen Autos verbannt werden?
Es gibt vielerorts die Idee der 15-Minuten-Stadt, in der man alles im direkten Umfeld erreichen kann. Dazu gehören dann natürlich auch Spielplätze, Quartiersgaragen statt Parken auf der Straße und der Einzelhandel. Das ist sehr attraktiv. Ich kann mir das gut vorstellen in Bremen, wenn Alternativen geschaffen werden. Jeder möchte eine lebenswerte Stadt. Durch die Verknappung des Parkraums können Impulse gesetzt werden.
Quartiersgaragen der Brepark gibt es schon. Ist konkret mehr geplant?
Wir arbeiten daran, dass es sehr schnell konkret wird.
Auto oder Bahn? Neben dem Komfort schauen viele Menschen auf die Kosten. Die Rechnung ändert sich ab Mai mit dem Deutschlandticket. Werden vermehrt Pendler auf den Zug umsteigen?
Ich denke schon, dass es einen gewissen Einfluss hat. Es ist aber auch eine sehr persönliche Entscheidung unter Abwägung der eigenen Prämissen. Manche Umstände werden das Auto weiter erforderlich machen, wenn der Kindergarten etwa am anderen Ende der Stadt liegt. Das Ticket wird jedoch etwas ändern. Und das ist ja das Ziel der Verkehrspolitik. Wir müssen schauen, was wirklich passiert. Erreicht man Pendler damit? Das Neun-Euro-Ticket ist sehr stark angenommen worden. Es hat aber auch viele Verkehre erst ausgelöst.
E-Mobilität wird immer wichtiger. Gibt es einen Fahrplan zum Ausbau der Ladeplätze?
Ja. Wir werden in diesem Jahr 60 Ladesäulen in den Parkhäusern errichten, jeweils zehn für Am Brill, Am Dom, Stephani, Am Sedanplatz, Pressehaus und Ostertor. Wir gehen davon aus, dass die Elektroautofahrer damit immer einen Ladepunkt bei uns finden. Die Abrechnung soll so einfach wie das Parken sein.
Das Gespräch führte Lisa Schröder.