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Fleischerei Düsseldorf Ein Bremer Schlachter gibt auf – das sind die Gründe

Es gibt nicht mehr viele Fleischereigeschäfte in Bremen. Weniger Fleischkonsum, Konkurrenz durch die Supermärkte, Fachkräftemangel – die Gründe sind vielfältig. In der Neustadt macht jetzt wieder einer zu.
06.06.2025, 05:00 Uhr
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Ein Bremer Schlachter gibt auf – das sind die Gründe
Von Christoph Barth

Den Schlemmerschmaus gibt es am letzten Tag im Sonderangebot: 100 Gramm für 1,35 Euro, mit 20 Prozent Rabatt auf den regulären Preis. Ausverkauf in der Fleischerei Düsseldorf in der Neustadt: Nach mehr als 30 Jahren ist Schluss. Die "lieben Kunden" erfahren es auf einem Schild an der Ladentür: "Wir schließen unser Geschäft zum 31. 5. 2025." Wieder ein Schlachter weniger in der Stadt.

Am Dienstag und Mittwoch dieser Woche haben Markus und Manuela Düsseldorf ihr Geschäft noch einmal für ein paar Stunden geöffnet, um die Restbestände zu verkaufen: Ein bisschen Schinken, Salat, ein paar Bockwürste. Dann ist endgültig Schluss. "Das fällt schon unheimlich schwer", sagt Fleischermeister Düsseldorf. 1994 hat er den Laden an der Ecke Kornstraße/Möckernstraße übernommen, in dem schon immer ein Schlachter war, jedenfalls nach dem Gefühl der Neustädter, die hier ihr Fleisch und ihre Wurst eingekauft haben. "Wir waren hier eine Institution", sagt Düsseldorf.

Fleischer betrieb drei Geschäfte in der Stadt

In den guten Jahren betrieb er drei Geschäfte in Bremen: in der Neustadt, in der Lloyd Passage und im Weserpark. Zwei hat er vor Jahren verkauft, jetzt schließt er seinen letzten Laden. "Es ging so nicht mehr weiter", seufzt er.

"So" – das hieß für ihn: Tag für Tag um halb vier aufstehen, ab fünf Uhr im Betrieb sein, um die Ware für den Tag zuzubereiten: Wurst, Fleisch, Aufschnitt, Salate. Im Kühlraum kriecht einem die Kälte unter die Haut. Dazu stundenlanges Stehen an der Theke und der Papierkram im Büro – "mittlerweile ein riesengroßes Ding", klagt Düsseldorf. "Es ist ein harter Beruf." Er ist jetzt 54 und stellt fest: "Ich habe nur dieses eine Leben."

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Düsseldorf hätte gerne mehr Personal gehabt, um die Arbeit auf mehr Schultern zu verteilen: statt seiner fünf Verkäuferinnen eher zehn, dazu einen weiteren Gesellen für die Arbeit in der Schlachterei. Er schaltete Anzeigen, malte Plakate. "Aber es war niemand zu kriegen", sagt er.

Es ist ein generelles Problem in der Branche: In den letzten 20 Jahren ist die Zahl der Auszubildenden im Fleischerhandwerk um zwei Drittel zurückgegangen – von rund 7500 neuen Azubis im Jahr 2005 auf gut 2400 im vergangenen Jahr. Bei den angehenden Fleischereifachverkäuferinnen ging es sogar noch stärker bergab: von 10.000 auf 2350.

Fleischkonsum geht zurück

Über die Gründe ist viel geschrieben und berichtet worden: der zurückgehende Fleischkonsum, der Umstieg auf vegetarische und vegane Ernährung in Teilen der Bevölkerung, die Arbeitsbedingungen, der Strukturwandel in der Branche. In den letzten 20 Jahren hat sich die Zahl der Fleischereifachbetriebe in Deutschland fast halbiert – auf nur noch gut 10.000. Viele kaufen ihr Fleisch heute an der Wursttheke im Supermarkt, nicht mehr beim Metzger an der Ecke. "Mit den großen Ketten können wir preislich nicht mithalten", beklagt Düsseldorf.

Auch in Bremen hat sich die Zahl der Mitgliedsbetriebe in der Fleischerinnung in den letzten 20 Jahren halbiert. Die Statistik weist insgesamt 28 Fleischereifachgeschäfte und 23 Filialen im Land Bremen aus. Gemessen an der Bevölkerungszahl ist das wenig: In Bayern etwa, wo Ministerpräsident Markus Söder (CSU) keine Gelegenheit auslässt, vor laufenden Kameras in eine Bratwurst zu beißen, gibt es pro Kopf noch viermal so viele Metzgereien.

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Von einem "Sterben der Fleischereien" will Herbert Dohrmann dennoch nichts wissen. Er ist Obermeister der Bremer Fleischerinnung und Präsident des Deutschen Fleischer-Verbands. Die Zahl der Betriebe sage nicht alles: "Früher hatten wir viele kleine Betriebe – heute sind die Betriebe wesentlich leistungsstärker", versichert Dohrmann. Sein eigener Betrieb hat fünf Filialen und beschäftigt 70 Mitarbeiter. Von vielen Problemen des Fleischerhandwerks seien andere mittelständische Betriebe genauso betroffen; den Fachkräftemangel etwa spüre die Branche "wie überall in der Wirtschaft".

Bremer Fleischerein stellen Azubis aus Indien ein

Das Fleischerhandwerk sucht mittlerweile im Ausland nach Arbeitskräften. In Bremer Fleischereien und Bäckereien etwa begannen im vergangenen Jahr elf Inder ihre Ausbildung. "Wenn man Leute sucht, findet man sie auch", ist Dohrmann überzeugt. Das deutsche Fleischerhandwerk jedenfalls konnte die Zahl der Ausbildungsverträge 2024 erstmals seit langem wieder leicht steigern.

Für die Fleischerei Düsseldorf in Neustadt kommt die Rekrutierungsoffensive zu spät. Von ihren Kunden haben Markus Düsseldorf und seine Frau zum Abschied ein Album bekommen, mit viel Dank, Lob und den besten Wünschen. "Für den Stadtteil ist das dramatisch", sagt einer im Rausgehen, mit den letzten Einkäufen aus der Fleischerei in der Tasche. Wieder verschwindet ein Stück Alltag aus dem Leben der Menschen in der Nachbarschaft.

Markus und Manuela Düsseldorf wollen jetzt erst mal ausschlafen, Urlaub machen. Eine Idee für danach haben sie – "mal sehen, was wir in die Gänge kriegen", sagt Düsseldorf. Mit Lebensmitteln jedenfalls soll es dieses Mal nichts zu tun haben.

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