Hans Koenigsmann ist auf feindlichem Gebiet. Bremen ist die Stadt der Ariane-Rakete, dem Stolz der europäischen Raumfahrt – und Koenigsmann rüttelt an diesem Status. Nicht nur ein bisschen, sondern gewaltig. Der Ingenieur ist Vizepräsident für Missionssicherheit und Chefingenieur bei SpaceX. Seine Mission: Er will zeigen, dass die Ariane überflüssig ist.
„Wenn man für jeden Start und jede neue Rakete immer aufs Neue bezahlt wird, gibt es keinen Anreiz für Wiederverwendbarkeit“, sagt er am Mittwoch auf dem IAC in Bremen. Ein Seitenhieb in Richtung Ariane. Denn während die Europäer ihre Rakete nur einmal starten lassen, zeigt das US-Unternehmen, dass es auch anders geht. „Stellen Sie sich vor, sie kaufen etwas für 50 Millionen Dollar, benutzen es einmal und schmeißen es danach weg.“
Mittlerweile habe SpaceX, das von Milliardär Elon Musk gegründet wurde, 28 Mal Booster wieder zu Erde zurück gebracht, sagt Koenigsmann. 15 Mal seien recycelte Hilfsraketen, die der eigentlichen Rakete zusätzlichen Anschub beim Start verleihen, gestartet worden. „Es ist nicht über Nacht passiert, wir habe da viel Geld reingesteckt“, sagt Koenigsmann. Raketen seien eigentlich dafür konzipiert, Fracht ins All zu bringen. Sie wieder zurück auf die Erde zu holen, sei neu. Das mussten auch die Kalifornier feststellen. Mehrere Versuche, die Booster wieder zu landen, sind fehlgeschlagen – bis es 2015 zum ersten Mal funktioniert hat. Ein Meilenstein, nicht nur für SpaceX, sondern für die gesamte Raumfahrt.
Mittlerweile hat sich die Technik bewährt. Das Unternehmen bekommt regelmäßig Aufträge der US-Raumfahrtbehörde Nasa. So entwickelt SpaceX unter anderem ein Raumschiff, mit dem Menschen zur ISS gebracht werden können. Bei der Kapsel mit dem Namen Dragon 2 ist es bislang immer wieder zu Verzögerungen gekommen. Jetzt befinde man sich aber auf einem guten Weg: „Es wird eine knappe Sache, ob wir den ersten Testflug noch in diesem Jahr machen können.“
Nicht nur ein Abstecher ins Ariane-Land
Wenn es darum geht, Satelliten ins All zu bringen, ist SpaceX allerdings schon weit – ganz zum Ärger der europäischen Konkurrenz. So wirft Alain Charmeau, Chef des Raketenbauers Ariane Group, SpaceX vor, die Europäer aus dem Markt drängen zu wollen. Er spricht davon, dass SpaceX der US-Regierung höhere Preise abverlange als kommerziellen Kunden.
Ein Einwand, den Koenigsmann nicht gelten lässt. Die US-Regierung habe einfach höhere Anforderungen als andere Kunden. Daher liege der Preis auch höher; pro Start sollen es etwa 100 Millionen Dollar sein. Kunden aus Europa bezahlten aber gerade einmal 50 Millionen Euro, heißt es in der Branche. Zum Vergleich: Der Start einer Ariane 6 soll noch Brancheninformationen etwa 70 Millionen Euro kosten.
Der Besuch in Bremen ist für Koenigsmann nicht nur ein Abstecher ins Ariane-Land, sondern auch eine Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte. Der Ingenieur hat in den 90er-Jahren am Bremer Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation gearbeitet (Zarm) und dort den Satelliten Bremsat mitentwickelt. Auch 2003, als der IAC zum ersten Mal in der Hansestadt stattfand, war Koenigsmann zu Besuch.
Er erzählt, wie er damals zusammen mit Elon Musk über die Ausstellung gegangen sei und sich andere Unternehmen angeschaut habe. Für die beiden und das damals noch junge Unternehmen, das bis dato keine einzige Rakete gestartet hatte, habe sich niemand interessiert. Seitdem ist viel passiert: SpaceX ist nicht nur ein ernstzunehmender Raketenbauer, auch Koenigsmann wird mittlerweile um Autogramme und Selfies gebeten.