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Umweltbetrieb Wo in Bremen Bäume gefällt werden – und wer darüber entscheidet

Mehr als 2000 Bäume sollen in dieser Saison in Bremen gefällt werden. Welche Stadtteile besonders betroffen sind und warum manchmal auch gesunde Bäume weichen müssen, zeigt dieser Überblick.
01.02.2022, 17:15 Uhr
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Wo in Bremen Bäume gefällt werden – und wer darüber entscheidet
Von Felix Wendler

Wird in Bremen ein Baum gefällt, sorgt das in aller Regel für Unmut. Geht es um mehrere Bäume, ist Streit programmiert. In jüngster Vergangenheit waren es vor allem Rodungen in der Stresemannstraße sowie in der Bennigsenstraße, die Anwohner erzürnt haben. Anfang des Jahres wurden dort etwa 180 Bäume gefällt, um den Weg für die Querspange Ost freizumachen: die neue Straßenbahnverbindung zwischen der Vahr und dem Viertel. Immer wieder erreichen den WESER-KURIER Zuschriften von Lesern und Leserinnen, die sich kritisch über Baumfällungen äußern. Aber wie wird eigentlich entschieden, wann und wo welche Bäume gefällt werden? Ein Überblick.

Wer ist zuständig?

Verantwortlich für Bäume im städtischen Grün ist der Umweltbetrieb Bremen (UBB). Dazu gehören unter anderem Bäume an Straßen oder in öffentlichen Grünanlagen und Parks. UBB-Sprecherin Kerstin Doty zufolge ist die Stadt für etwa 225.000 Bäume zuständig – etwa ein Drittel davon seien Straßenbäume. Die häufigsten Gattungen sind laut UBB Eiche, Linde, Ahorn, Sorbus und Buche. Auf privaten Flächen sind die Eigentümer für die Bäume verantwortlich. 

Wann darf gefällt werden?

Zwischen Oktober und Februar. In diesem Zeitraum, so Doty, konzentrieren sich die Mitarbeiter auf Bäume, "die bei Baumkontrollen als nicht mehr standfest oder bruchsicher eingestuft wurden". Rund 2100 Bäume sollen laut UBB in dieser Saison gefällt werden. In Ausnahmefällen dürfen die Mitarbeiter auch im Frühjahr und Sommer zur Säge greifen – zum Beispiel, wenn ein Baum schwer beschädigt ist und die Verkehrssicherheit gefährden könnte.

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Wo wird am meisten gefällt?

Dem WESER-KURIER liegt eine Übersicht des UBB vor, aus der hervorgeht, in welchen Stadtteilen wie viele Bäume gefällt werden sollen. Besonders stark betroffen ist demnach der Bremer Westen. Für Gröpelingen sieht der Plan in dieser Saison 279 Fällungen vor. Auch Schwachhausen (129), Blumenthal (105) sowie die Ost-Stadtteile Osterholz (157) und Hemelingen (125) liegen in der Rangliste weit vorne. Abweichungen seien möglich, da beispielsweise Stürme dafür sorgen könnten, dass mehr Bäume gefällt werden müssen, sagt Doty.

Warum wird gefällt?

Baumfällungen sind durch die Bremische Baumschutzverordnung geregelt. Grundsätzlich dürfen geschützte Bäume, zu denen zum Beispiel alle Laubbäume mit mehr als 1,2 Meter Stammumfang zählen, nicht entfernt, zerstört oder beschädigt werden. Ausnahmen betreffen in erster Linie bereits beschädigte oder kranke Bäume: "Pilze, Parasiten, Risse und Höhlungen schwächen einen Baum oft so sehr, dass er seine Stand- und Bruchsicherheit verliert", erklärt der UBB. Auch wenn die Bäume sich im Wuchs gegenseitig behindern, würden die Fachkräfte eingreifen. Eine weitere Ausnahme, die vor allem bei großen Bauvorhaben wie der Querspange Ost relevant ist: das Wohl der Allgemeinheit. 

Was wird kritisiert?

Die Baumschutzverordnung sei früher strenger gewesen, sagt BUND-Landesgeschäftsführer Martin Rode. Sie habe mehr Baumarten und geringere Stammdicken berücksichtigt. Grundsätzlich müsse vor allem der Altbaum-Bestand besser geschützt werden. Betroffene Bürger kritisieren immer wieder, dass eine Rodung das Mikroklima beeinträchtige – es also in Straßen ohne Baumbewuchs heißer werde. Die Kritik zeige, "welchen Stellenwert die Bäume bei den Menschen in dieser Stadt haben", sagt Doty. Dass für Bauvorhaben gelegentlich auch gesunde Bäume gefällt werden, gehöre allerdings in einer sich "dynamisch entwickelnden Stadt" dazu, sagt Rode. Wichtiger als die Diskussion über bereits angelaufene Projekte sei der Blick in die Zukunft: Der BUND fordert, dass der Baumbestand bereits frühzeitig in der Planung von Bauvorhaben bedacht werden müsse. Als gelungenes Beispiel nennt Rode das Projekt Ellener Hof, bei dem die Bäume hervorragend in das Gesamtkonzept integriert worden seien.

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Welche Probleme gibt es?

Der Klimawandel bereitet dem UBB Sorgen. "Die langen Trockenperioden schwächen die Bäume in ihrer Vitalität, sodass Schädlinge ein leichtes Spiel haben. Aber auch die heftigen Stürme setzen den Bäumen zu", erklärt Doty. Stadtbäume hätten es ohnehin viel schwerer als Bäume, die in einem natürlichen Lebensraum wachsen. Sie würden durch Bodenverdichtung, Salzbelastung, Emissionen, Anfahrschäden von Autos oder Bauarbeiten geschwächt. Auch Rode spricht von besonderen Herausforderungen durch den Klimawandel – nicht zuletzt bei Neupflanzungen. 

Wie wird nachgepflanzt?

Für die in dieser Saison geplanten 2100 Fällungen sind laut UBB 1300 Nachpflanzungen geplant. 600 weitere Bäume sollen später hinzukommen. Der UBB betont sein Bemühen, die Bilanz ausgeglichen zu halten. Rode sagt, die Zahl der Nachpflanzungen sei lediglich bedingt aussagekräftig – es gehe vor allem um die Qualität. "Man kann einen 50 Jahre alten Baum nicht durch einen zehn Jahre alten Baum ersetzen. Auch fünf davon sind kein gleichwertiger Ersatz", so der Bremer BUND-Geschäftsführer. Die Schutzwirkung nehme erst langsam zu. Außerdem würden sich viele Neuanpflanzungen nicht gut entwickeln, weil sie zu wenig Platz hätten. Vor 100 Jahren, so Rode, habe ein neu gepflanzter Baum viel bessere Voraussetzungen zum Wachsen gehabt. Heute müsse er sich oft im verdichteten Quartier entfalten.

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