Aufgrund der Ortskernentwicklung in Brinkum steht das Flüchtlingsnetz Stuhr vor einem Umbruch – zumindest räumlich. Wie berichtet, müssen die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer ihre Räume an der Bremer Straße 5 räumen. Das betrifft den Treffpunkt B5, den Umsonstladen und auch die dortige Fahrradwerkstatt. Für Letztere gibt es jetzt einen neuen Standort an der Schmidtstraße 18, Ecke Kälberstraße in Seckenhausen.
Wie kam die Alternative zustande?
"Wir haben gemeinsam nach Alternativen gesucht", sagt Ljubov Belsch, Fachdienstleiterin Sozialer Service bei der Stuhrer Gemeindeverwaltung. Die Gespräche mit dem Flüchtlingsnetz und im Speziellen mit Andre Becker und Torsten Ehlers, die gemeinsam mit Ingo Cordes und Rudi Leidinger für die Fahrradwerkstatt zuständig sind, begannen bereits im vergangenen Jahr. Dann fiel der Blick auch auf die Flüchtlingsunterkunft an der Schmidtstraße. Das Haus gehört der Gemeinde Stuhr. "Es ist auch gut, dass Geflüchtete in der Nähe sind", sagt Belsch weiter. Diese bleiben auch im Wohnteil des Hauses wohnen.
Im Anbau des Hauses konnte nun die Werkstatt untergebracht werden. Auch eine Doppelgarage steht vor Ort als Lager zur Verfügung. Dort hatte das Flüchtlingsnetz bereits zu Anfangszeiten mal Möbel gelagert, wie Becker erzählt. Die Möbelspenden wurden damals dann an Geflüchtete verteilt, die in nicht ausgestattete Wohnungen zogen.
Was musste vor Ort gemacht werden?
Der Umbau vor Ort begann in diesem Jahr und wurde vor Kurzem fertiggestellt. Um die Räume für die Werkstatt herzurichten, wurden im Anbau Durchbrüche durch Wände vorgenommen. Damit stehen dem Flüchtlingsnetz drei Räume und der Dachboden zur Verfügung. Außerdem wurde die Elektrik vor Ort erneuert und eine Heizung sowie eine "vernünftige Beleuchtung" eingebaut, berichtet Becker. "Das ist sehr angenehm im Vergleich zum vorherigen Zustand", sagt er weiter. Am alten Standort in Brinkum hätten die Helfer teilweise mit Kopf- und Standlampen arbeiten müssen, auch eine angemessene Heizung war nicht vorhanden. Für die Umgestaltung der Räume hat die Gemeinde rund 5000 Euro investiert, so Belsch.

Eine Doppelgarage dient als Lager.
Am 22. April ist das Flüchtlingsnetz formal vor Ort eingezogen. "Ganz fertig ist der Umzug aber noch nicht", sagt Andre Becker. So befinden sich unter anderem Felgen, Gabeln, Schutzbleche und Gepäckträger noch am alten Standort, wie Torsten Ehlers und Ingo Cordes berichten. Auch ein paar Kinderräder seien noch in Brinkum. Beim Umzug der restlichen Räder wurde das Flüchtlingsnetz vom Stuhrer Baubetriebshof und zwei Hauswarten unterstützt.
In den kommenden Tagen sollen in den neuen Räumen noch Regale eingebaut und die restlichen Ersatzteile einsortiert werden. Einiges sei noch in Transportkartons. "Wir müssen erst mal im Zuhause ankommen", sagt Becker. Auf dem Dachboden sollen dann die Teile untergebracht werden, die nicht so häufig gebraucht werden, ergänzt Ehlers. Über Kontakte von Rudi Leidinger konnte auch eine alte Werkbank von Airbus organisiert werden.
Was sagt das Flüchtlingsnetz zum neuen Standort?
"Die Arbeitsmöglichkeiten sind besser, die Lagermöglichkeiten sind deutlich kleiner", sagt Andre Becker mit Blick auf die rund 70 Quadratmeter Arbeitsraum plus die Doppelgarage. Die Lage sei gegenüber dem alten Standort im Brinkumer Ortskern auch ein wenig ab vom Schuss. "Das ist natürlich ein Rückschritt", so Becker. Es sei aber auch vermessen zu hoffen, eine solch zentrale Lage wiederzubekommen. Der neue Standort befinde sich etwa vier Kilometer entfernt vom alten, sagt Ingo Cordes. In der Nähe der neuen Werkstatt gebe es aber auch eine Bushaltestelle für Schul- und Linienbusse, weist Torsten Ehlers auf eine Möglichkeit hin. "Das wird schon klappen", zeigt sich Becker optimistisch.
Wie sieht die Spendensituation und die Nachfrage aus?
"Wir haben schon deutlich hektischere Zeiten gehabt", sagt Andre Becker. In den vergangenen Wochen seien vier Räder ausgegeben worden. In einer Flächengemeinde wie Stuhr seien die Räder für die Neuankömmlinge aber sehr wichtig und hilfreich, betont er. Aktuell sei das Flüchtlingsnetz auch nicht unbedingt auf Spendenräder angewiesen. "Es sei denn, sie sind supergut", so Becker. Die Werkstatt ist montags bis donnerstags jeweils von 16 bis 17 Uhr geöffnet. Telefonisch sind die Helfer unter den Rufnummern 01 76 / 47 70 56 94 (Andre Becker) und 01 78 / 5 38 03 65 (Torsten Ehlers) erreichbar.
Wie geht es mit dem B5 und dem Umsonstladen in Brinkum sowie dem Beratungsangebot weiter?
Bis Ende Juni muss das Flüchtlingsnetz die Räume an der Bremer Straße 5 in Brinkum räumen. "Wir haben aber beschlossen, Ende Mai komplett dichtzumachen", sagt Andre Becker. Dann bleibe noch ein Monat, um aufzuräumen. "Alle Möbel müssen raus", sagt er weiter über die Anforderungen der Specht-Gruppe, die für die Ortskerngestaltung in Brinkum verantwortlich ist. Die Büromöbel und Tische aus dem B5 sollen ebenfalls verschenkt werden. Eine Alternative für den Umsonstladen gibt es weiterhin nicht. "Wir sind noch auf der Suche", sagt Ljubov Belsch. Mit Blick auf "so ein großes Objekt" sei die Suche nicht ganz einfach. Ab dem 1. Mai werden vor Ort auch keine Spenden mehr angenommen. Das war zuletzt schon Anfang des Jahres der Fall, nachdem vor Ort die Heizung ausgefallen war.
Das Beratungsangebot des Flüchtlingsnetzes ist mittlerweile ins Mehrzweckhaus an der Bassumer Straße 10 in Brinkum umgezogen. Immer mittwochs in der Zeit von 16 bis 18 Uhr helfen dort Antje Kanarski, Julia Krähling und Maria Bahrs beim Ausfüllen von Formularen und Anträgen sowie sonstigen Fragen. Geklingelt werden sollte beim Raum Co-Working 2. "Da leistet das Flüchtlingsnetz wirklich Hilfe", sagt Ljubov Belsch.
Wie sehen die aktuellen Flüchtlingszahlen in Stuhr aus?
Aktuell seien die Zahlen "ein wenig rückläufig", sagt Ljubov Belsch. Derzeit kommen pro Monat zwölf Geflüchtete in Stuhr an. "Die Arbeit an sich ist aber nicht weniger geworden", sagt die Fachdienstleiterin weiter. In ihrem Fachbereich soll das Personal aber auch aufgestockt werden. Einen Schwerpunkt der Herkunftsländer gibt es derzeit nicht. Aus der Ukraine würden aktuell so gut wie keine Menschen mehr kommen, der Rest verteilt sich vor allem auf Syrien, Afghanistan und Länder des afrikanischen Kontinents, so Belsch.