Wünscht sich nicht jeder Hundehalter einen vierbeinigen Begleiter, der auf das leiseste Kommando hört? Dass dieses Ergebnis mit viel Arbeit verknüpft ist, ist bekannt. Aber manche Dinge lernen Hunde auch ganz ohne Training. Ein Beispiel dafür: Das Öffnen der Kühlschranktür klappt besser als jeder antrainierte Rückruf.
Aber manchmal lernen sie auch Dinge, die im ersten Moment seltsam erscheinen. So sitzt der siebenjährige Schäferhund der Autorin dieser Zeilen beispielsweise immer in sehr menschlicher Manier auf dem Sofa. Die Pfoten befinden sich auf dem Boden, denn im Hause gibt es die Regel: Hundepfoten dürfen nicht auf die Couch. Oder auch das konditionierte Verhalten, das Frauchens Spielekonsole auslöst: Sobald das Geräusch ertönt, dass das Gerät ausgeschaltet wird, erwachen beide Hunde des Hauses aus ihren Nickerchen, erheben sich und marschieren direkt ins Schlafzimmer und in ihre Hundebetten, denn das Geräusch bedeutet „Schlafenszeit“.
Aber wie kommt es, dass Hunde manche Dinge schneller lernen als andere? Wie so oft, liegt das nicht an der Lernbereitschaft des Vierbeiners, sondern am Erklärtalent der Zweibeiner. Die Lerntheorie benennt vier Säulen des Lernens bei Hunden: die positive Belohnung, die negative Belohnung, die negative Strafe und die positive Strafe. Die Begriffe „negativ“ und „positiv“ sind dabei nicht wertend zu verstehen. „Positiv“ bedeutet lediglich, dass der Situation etwas hinzugefügt wird. „Negativ“ hingegen beschreibt das Entfernen von etwas. Eine positive Belohnung sieht also vor, dass man der Situation etwas Tolles hinzufügt und den Hund beispielsweise mit einem Keks oder einem Spiel für richtiges Verhalten belohnt. Die negative Belohnung entfernt etwas für den Hund unangenehmes aus der Situation. Er darf sich beispielsweise von etwas zurückziehen, das ihm Angst macht. Bei der negativen Strafe wird etwas entfernt, was für den Hund angenehm ist und die positive Strafe fügt der Situation etwas Unangenehmes hinzu.
Wollen Herrchen und Frauchen nun ein neues Kommando etablieren, bewegen sie sich im Bereich der positiven Belohnung. Um das noch einmal deutlich zu machen: Gewalt hat in der Hundeerziehung nichts verloren. Das wäre nicht nur ethisch verwerflich und tierschutzwidrig, sondern auch wenig zielführend. Die besten Erfolge stellen sich durch positives und motiviertes Training ein.
Nun soll das neue Familienmitglied also beispielsweise „Sitz“ lernen. Die schlechte Nachricht vorweg: Der Hund versteht nicht jedes Wort, das Herrchen oder Frauchen von sich geben. Ohne Training wird er die Handlung des Hinsetzens nicht mit dem Wort „Sitz“ in Verbindung bringen. Noch schwieriger ist es, das Kommando in einen Satz zu integrieren. „Bello mach mal Sitz, bitte“ ist für den Hund etwa so schwierig wie für Nicht-Mathematiker die Multiplikation zweier Brüche in denen sich noch irgendwo ein X versteckt. Am sinnvollsten ist es, das Training anfangs so simpel wie möglich zu gestalten. Der Hund soll dabei möglichst keine Fehler machen können, denn die führen schnell zu Frust auf beiden Seiten.
Hat der Vierbeiner noch keine Vorstellung davon, was wir von ihm möchten, müssen wir ihm helfen, indem wir ihn beispielsweise mit einem Leckerli in die richtige Position dirigieren. Beim Sitz bedeutet das, dass man einen Keks vor der Nase des Hundes nach oben führt, bis er sich setzt – dann gibt es den Keks. Dabei kann man das spätere Sichtzeichen direkt mit einfließen lassen. Bei den meisten Hundehaltern ist das der erhobene Zeigefinger für „Sitz“. Das Kommando wird noch nicht benutzt.
Nach ein paar Wiederholungen wird das Sichtzeichen ohne den Keks in der Hand gegeben. Setzt sich der Hund, gibt es natürlich eine Belohnung. Das wird so lange geübt, bis Herrchen und Frauchen bereit sind, eine dreistellige Summe darauf zu wetten, dass das Sichtzeichen die korrekte Handlung auslösen wird. Erst dann wird das Kommando eingeführt. Dazu sagt man das spätere Kommando und gibt kurz darauf das Sichtzeichen. Das Sichtzeichen überlagert immer das Kommando, deshalb werden Sicht- und Hörzeichen nicht gleichzeitig gegeben. Der Hund würde sonst eher auf das Handzeichen reagieren. Nach einigen Wiederholungen sollte sich der erste Erfolg einstellen und der Vierbeiner setzt sich bereits beim Hörzeichen hin.
Trainingseinheiten von fünf Minuten reichen in der Regel. Zu lange Trainings können den Hund überfordern. Und wie immer gilt: Man sollte aufhören, wenn es am schönsten ist. Das Training sollte für den Hund immer positiv enden.
Schließlich muss das Kommando noch generalisiert werden, denn ein "Sitz" im Wohnzimmer ist nicht das Gleiche wie ein "Sitz" im Garten oder ein "Sitz" im Café. Ändert sich der Kontext, kann es sein, dass man einen Schritt zurückgehen muss im Training. Werden diese Tipps beherzigt, lernen Hunde sehr schnell. Dass die Vierbeiner der Autorin manchmal besser auf die Spielekonsole hören, als auf Frauchen, dürfte übrigens an dem Betthupferl liegen, dass sie allabendlich zur Schlafenszeit in ihren Hundebetten erwartet.
Mit über 30 Millionen Haustieren lebten Bundesbürger laut dem Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe im Jahr 2021 zusammen. Mensch und Haustier – das ist oft mehr als Freundschaft. Und damit Anlass genug, die Beziehung einmal genauer zu betrachten. In unserer Kolumne "Mein Haustier und ich", die immer in der Wochenendausgabe der REGIONALEN RUNDSCHAU und des SYKER KURIER sowie online auf www.weser-kurier.de erscheint, widmen sich unsere Redakteurinnen und Redakteure textlich ihren vier- oder auch mehrbeinigen Freunden – informativ, aber auch immer mit einem Augenzwinkern.