"Die sind fertig", stellt Barbara Stadler fest. Sie nimmt ein Messer und piekst es in die Kartoffeln, die im Topf auf dem Herd in der Schulküche der Syker Realschule vor sich hinköcheln. "Hier", sagt die Köchin und reicht das Messer an einen der Achtklässler weiter. "Fühl' mal, wie sich das anfühlt. Das Messer geht da so durch." Jetzt nur noch vorsichtig abgießen, dann können die Erdäpfel gestampft werden. Das erledigen die Schüler. Barbara Stadler eilt zur nächsten Gruppe. "Kochen macht Schule" heißt die Initiative, in der die Martfelder Gastronomin aktiv ist. Als Botschafterin und Partnerin der Initiative ist sie in die Realschule gekommen, um mit der 8c und deren Hauswirtschaftslehrerin Janina Sternke zusammen zu kochen.

Wie lecker gesundes Essen aus frischen Zutaten sein kann, lernte die Klasse 8c der Syker Realschule jetzt bei einem Workshop.
Mit kritischem Blick auf die sozialen Medien
"Alle haben sich auf den Tag gefreut", sagt Janine Sternke. Einen ganzen Tag lang steht die Ernährung im Mittelpunkt. Und zwar nicht nur in der Praxis, sondern auch in der Theorie. Unterstützung gibt es dafür von einer Krankenkasse. Dafür ist Ernährungstherapeutin Katja Napierski mit an Bord. "In der Theorie ging es viel um die Darstellung von Ernährung und Kochen in den sozialen Medien", erläutert sie. Hochglanzbilder von Selbstgekochtem und Selbstgebackenem sind ein Hit in den verschiedenen Medien, weiß jeder, der sich schon mal bei Facebook oder Instagram umgesehen hat. Dagegen spreche erstmal nichts, findet die Expertin. Doch das Thema habe "mehrere Seiten".
Gerade den jungen Nutzern fehlen Vergleiche durch eigenes praktisches Erleben. Ein Eindruck, den auch Janina Sternke bestätigen kann. "Zu Hause dürfen viele nicht ran an den Herd", hat sie festgestellt. Dadurch fehlt es an Erfahrung, die Jugend ist leichter zu beeindrucken und damit auch zu beeinflussen. Und in den sozialen Medien finden sich nicht nur gesunde oder auch ausschließlich wahrheitsgemäße Aussagen über die Ernährung des Menschen – im Gegenteil. Eine "kritische Herangehensweise und Hinterfragen" an Beiträgen zu Essen und Ernährung standen an diesem Tag daher im Vordergrund des theoretischen Teils.
Das eigene Erleben steht im Mittelpunkt
Doch zurück zum praktischen Teil. "Hochmotiviert", wie Lehrerin Janina Sternke feststellte, machten sich die Schülerinnen und Schüler an die Arbeit, das gemeinsame Mittagsmahl vorzubereiten. Keine Fertigwaren oder Convenience-Produkte waren dabei zu finden. Alles wurde eigenhändig aus frischen Zutaten zubereitet. Ganz im Sinne dessen, was sich die Slow-Food-Bewegung, der Barbara Stadler ebenfalls angehört, auf die Fahnen geschrieben hat: eine handlungsorientierte Ernährungsbildung, bei der die Teilnehmenden mit allen Sinnen erleben, wie eine für Mensch und Planet gesunde Ernährung politisch, praktisch und kulinarisch gelingt. Oder mit anderen Worten: Wie es schmeckt und sich lohnt, wenn man darauf achtet, was man zu sich nimmt.
Und das "mit allen Sinnen erleben" war wörtlich zu verstehen, wie man am Aktionstag in der Realschulküche erleben konnte. Der Duft allein ließ das Wasser im Munde zusammenlaufen. In unterschiedliche Gruppen aufgeteilt, kümmerten sich die Schülerinnen und Schüler um das Menü: Aus Kartoffeln, Blumenkohl, Nudeln, Feta und Roten Beeten zauberten sie ein leckeres Mahl. Die Kartoffeln wurden mit Gewürzen und Öl gestampft, dazu gab es würzig panierte Blumenkohl-Wings. Die Nudeln wurden serviert mit einer Feta-Rote-Beete-Sauce. Und zum Nachtisch wurden Müsli-Bällchen aus Haferflocken, Sonnenblumenkernen, Datteln und Zartbitterschokolade serviert. "Gesunde Pralinen", wie Barbara Stadler sagt. Und dann gab es noch Ketchup, selbst gemachten selbstverständlich. "Curry-Ketchup", korrigierte Elias, der im Topf fleißig umrührte. Darin köchelten "klein geschnittene Tomaten, Tomatenmark, drei, vier Löffel Apfelessig, Zwiebeln, Knoblauch, Curry-Gewürz, Salz, Chili und eine Dattel" vor sich hin, zählte er auf. Und wie schmeckt der hausgemachte Ketchup? "Lecker!"
Dass sie nun nur noch auf diese Weise kochen würden, würden die Schüler nicht unbedingt behaupten. Aber sie haben Einblicke gewonnen und stehen den Behauptungen, die tagtäglich über die sozialen Medien auf sie einprasseln nicht mehr gänzlich unbedarft gegenüber. Im Gegenteil: Mit ihrem selbst gekochten Menü werden sie selbst zu "Influencern". Denn Tipps, wie man die eigene Mahlzeit wirkungsvoll in Pose bringt und ansprechend fotografiert, gibt es auch noch. Schließlich heißt es im Volksmund nicht umsonst: "Das Auge isst mit!"