Noch steht sie an der Ostlandstraße, schräg gegenüber der Heideschule: eine weiße Baracke. Das Gebäude gehörte einst zum NS-Zwangsarbeiterlager Heidkamp. Nun soll es weg. Ein Investor will auf dem Grundstück an der Ostlandstraße Wohnungen bauen.
Die Grünen im Schwaneweder Gemeinderat wollen die Baracke retten. "Das Gebäude ist das letzte Relikt aus dem ehemaligen Lager Heidkamp. Das darf nicht sang- und klanglos verloren gehen", begründet die Fraktionsvorsitzende Dörte Gedat. Es gehe darum, die Erinnerung wach zu halten, an das, was damals in der NS-Zeit in Schwanewede passiert ist. Einen ersten Erfolg haben die Grünen erzielt: Auf ihren Antrag hin hat der Gemeinderat jüngst Geld für eine Sicherung der Baracke im neuen Haushalt bereitgestellt.
Ziel sei, das letzte Zeugnis des ehemaligen Lagers für die Gedenkstättenarbeit zu erhalten, sagt Dörte Gedat. Die Baracke soll dafür an einen anderen Ort verlegt werden. Ob sie komplett wieder aufgebaut wird oder in Teilen und wo, wie der Abbau und eine Verlegung finanziert werden sollen – das alles sind noch offene Fragen. "Am besten wäre eine Sicherung des Gesamtgebäudes, wenn das finanzierbar ist", meint Gedat. Einzelne Teile zu erhalten wäre für sie auch vorstellbar. "Das wäre aber die absolut minimalste Lösung."
Gedat sagt, dass sie mit Marcus Meyer gesprochen hat, wissenschaftlicher Leiter am Denkort Bunker "Valentin" in Farge. Dass der Denkort die Sicherung der Baracke unterstütze. "Die wären bereit, sie in ihrem Depot zu lagern", so die Grüne. "Wenn wir helfen können, einen Platz zur Verfügung zu stellen, wo die Baracke erst einmal stehen kann, bevor ein endgültiger Standort gefunden ist, sind wir dazu gerne bereit", bestätigt Marcus Meyer auf Nachfrage. Es gehe dabei zunächst um eine "Lagermöglichkeit, damit die Baracke nicht weiter verfällt." Ob der Denkort auch die Kosten für den Abbau an der Ostlandstraße und die Verlegung nach Farge übernehmen würde? "Nein, das können wir nicht. Dazu fehlen uns die Mittel", sagt Meyer.
Auf jeden Fall sei er "froh über die Initiative, die Baracke zu erhalten". Von solchen historischen Bauten gebe es nicht mehr viele. Ein nächster Schritt muss Meyer zufolge eine Untersuchung der Bausubstanz sein – "was ist Original-, was Nachbausubstanz". Für derartige Untersuchungen von ehemaligen Lagerbaracken gebe es Spezialisten. Erst danach könne beurteilt werden, wie man mit der Baracke weiter umgeht.
Tatsächliche ist die ehemalige Lagerbaracke im Laufe der Jahrzehnte verändert worden. "Ursprünglich war sie mal doppelt so groß", weiß Harald Grote. Er gehört zum Team der Gedenkstätte "Baracke Wilhelmine" in Neuenkirchen. In einer Dauerausstellung ist dort auch die Geschichte des Lagers Heidkamp dokumentiert. Ein Teil der ursprünglichen Baracke sei einem Wohnhaus gewichen, vom verbliebenen Gebäude sei ebenfalls ein Teil baulich verändert worden. Hier ist heute eine Fahrschule ansässig.
Wie mit der Baracke künftig umgegangen werden kann, dazu gibt es bei der Politik in Schwanewede verschiedene Überlegungen. "Ich könnte mir vorstellen, sie in die Gedenkstättenlandschaft zu integrieren", sagt Grünen-Chefin Dörte Gedat. "Als das, was sie einmal war oder auch als Informationsort in der Fläche der ehemaligen Lagerstätten." Auch eine Nutzung für Ausstellungen sei denkbar.
"Soll die Baracke komplett erhalten werden kommt für uns als Standort für eine Nutzung nur der Denkort Bunker in Frage", sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Björn Herrmann. Hier sei der historische Bezug gegeben. "In Schwanewede einen weiteren musealen Gedenkort aufzubauen, halten wir nicht für sinnvoll. In der 'Baracke Wilhelmine' wird das Lager Heidkamp schon ausführlich thematisiert", sagt Herrmann, der selbst in der Gedenkstätte in Neuenkirchen aktiv ist. Sollten nur Teile der Baracke erhaltenswert sein, wäre es aber laut Herrmann vorstellbar, "sie in einen noch zu schaffenden Gedenkort in Schwanewede einzubinden." Der Ortsrat Schwanewede möchte einen solchen Gedenkplatz mit Mahnmal an der Ostlandstraße schaffen, im Blick hat er das dortige Kirchengelände. Die Kirchengemeinde will einen Teil ihres Grundstücks verkaufen.
"Der richtige Weg wäre es, die Baracke in die Ausstellung am Denkort Bunker zu integrieren. Das würden wir favorisieren", meint auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Ronald Grzeschik. Die Alternative sei, einen Teil der Baracke zu verwenden für die geplante Gedenkstätte an der Ostlandstraße. Für geeignet halte er dafür auch eine Fläche vor der Heideschule, im Bereich der Bushaltestelle. Der Vorteil sei: "Die Fläche gehört der Gemeinde, da könnten wir kurzfristig einen Gedenkplatz umsetzen." In dem Zusammenhang schlägt die CDU außerdem vor, den Namen der Bushaltestelle zu ändern. Der neue sollte an das frühere Zwangsarbeiterlager erinnern.