Dass der Bus, mit dem Schülerinnen und Schüler an diesem Vormittag nach Hause fahren, ein besonderer ist, merken sie nicht sofort. Erst als ein kurzes Tuten – ausgelöst durch den Stop-Knopf – durch das Fahrzeug schallt, schaut ein Junge genauer hin. "Der Bus ist so schön neu", stellt er fest. Neu ist vor allem die Antriebsart: Anstatt mit Diesel wird er mit Strom betankt. Für den Reisedienst von Rahden ist der Elektrobus-Einsatz erst einmal ein Test. Im Hintergrund laufen aber schon die Vorbereitungen für den Regelbetrieb.
Dass das Schwaneweder Unternehmen in Zukunft auf Elektromobilität setzt, steht für Lennart von Rahden außer Frage. "Auf den Straßen sind immer mehr E-Autos unterwegs", sagt der Betriebsleiter. Entsprechend wachse auch die Ladeinfrastruktur. "Und auch im Nutzfahrzeugbereich setzt sich Elektro immer mehr durch", so von Rahden. Erst vor Kurzem habe er erstmals einen Elektro-Lkw auf der Straße gesehen.
Von jetzt auf gleich kann von Rahden seinen Betrieb allerdings nicht umstellen. "Am Standort Schwanewede haben wir etwa 65 Busse", erzählt er. "Würden wir die alle über Nacht aufladen, würde im Rest der Gemeinde höchstwahrscheinlich das Licht ausgehen." Damit das nicht passiert, müsse die Stromversorgung zunächst ausgebaut werden.
Umbau des Betriebshofes notwendig
Zudem stehe ein Umbau der Werkshallen an. "Aufgrund der Tatsache, dass bei E-Bussen viele Wartungsarbeiten – zum Beispiel an den Batterien – auf dem Dach stattfinden, müssen die Hallendecken erhöht werden", erklärt er. Darüber hinaus muss das Werkstattpersonal auf den E-Bus-Betrieb vorbereitet werden. "Jeder Mechaniker muss eine sogenannte Hochvolt-Schulung absolvieren", sagt der Betriebsleiter.
All das braucht seine Zeit. Deshalb geht von Rahden davon aus, dass ein Teil der Flotte in den nächsten fünf Jahren elektrisch unterwegs sein wird. Wie lange es dauert, bis das Schwaneweder Unternehmen gar keine Dieselbusse mehr hat, kann er hingegen noch nicht sagen. Der Zeitplan hänge auch davon ab, was der Landkreis Osterholz sowie der Zweckverband Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen als Auftraggeber fordern.
Blickt von Rahden auf den ersten Elektrobus-Test zurück, fällt das Fazit durchweg positiv aus. "Wir konnten keinerlei Einschränkungen im Betrieb feststellen", sagt der Betriebsleiter. Allerdings war der Bus, ein Iveco Crossway LE Elec, nur etwa zwei Wochen im Einsatz. Und in dieser Zeit sei es – mit einer Ausnahme – weder besonders warm noch besonders kalt gewesen, sodass die Klimaanlage an den meisten Tagen ausgeschaltet blieb. Das schont den Akku. "Insofern lief der Test unter Idealbedingungen", erklärt von Rahden.
Bevor der Einsatz starten konnte, mussten die Fahrerinnen und Fahrer zunächst auf die Besonderheiten des Busses hingewiesen werden. "Dabei ging es zum Beispiel um die Fahrzeugdynamik", sagt er. Denn die sei durch die schweren Akkus auf dem Dach anders als bei Dieselfahrzeugen. "Normalerweise ist der Schwerpunkt mehr in Bodennähe", so der Betriebsleiter. Bei dem E-Bus dagegen ist er ziemlich weit oben.
Laut Herstellerangaben schafft der Bus mit einer Akkuladung etwa 400 Kilometer. Das führt zwangsläufig dazu, dass die Touren sehr genau geplant werden müssen. Nur so ließe es sich vermeiden, dass die Fahrt wegen eines leeren Akkus auf offener Strecke endet. In der Theorie sei es zwar möglich, das Fahrzeug während einer Pause aufzuladen. In der Praxis sei das aber praktisch unmöglich. "Dafür ist der Betriebshof zu klein", sagt er.
Wobei von Rahden die Reichweite gar nicht so sehr als Problem sieht. Dafür sind die Kapazitäten ein Thema für ihn. "Aufgrund des Gewichts sind die Stehplätze deutlich eingeschränkt", sagt er. "Der Iveco zum Beispiel hat sieben Stehplätze. Ein Dieselbus dagegen kommt auf etwa 35 bis 45." Also muss von Rahden genau planen, auf welchen Linien er den Elektrobus einsetzen kann und auf welchen nicht. Schließlich fährt das Unternehmen ausschließlich im Regionalverkehr, wo – anders als im Stadtverkehr – nicht alle fünf bis zehn Minuten ein Bus kommt. Damit könne er zum Beispiel nicht auf der S60, der Schnellbuslinie zwischen Schwanewede und Bremen, eingesetzt werden, wenn Werder ein Heimspiel hat. Zu groß sei die Gefahr, dass nicht jeder Fahrgast mitgenommen werden kann.
Aufladen per Kraftstromsteckdose
Auch wenn Elektrobusse eine gänzlich andere Infrastruktur als Dieselbusse brauchen, war der Testlauf mit relativ wenig Aufwand verbunden. "Wir haben uns an den Hersteller gewandt und der hat uns etwa drei Monate später ein Testfahrzeug zur Verfügung gestellt", sagt er. Ebenfalls mitgeliefert wurde ein Ladegerät. Das wurde an eine sogenannte Kraftstromsteckdose angeschlossen, sodass der Bus in Schwanewede aufgeladen werden konnte, obwohl von Rahden bisher noch nicht die notwendige Infrastruktur hat.
Während von Rahden perspektivisch Fahrzeuge mit einem Akku anschaffen wird, haben sich Bremerhavenbus und Mobiel in Bielefeld für Busse entschieden, die mit Wasserstoff betankt werden. Diese Fahrzeuge sind genauso emissionsfrei und geräuscharm wie ein Akku-Bus. Und damit wären sie auch für das Schwaneweder Unternehmen eine Option. "Problematisch ist nur, dass es bisher noch keine Wasserstofftankstelle im Umkreis gibt", sagt von Rahden. Und damit müssten die Busse jeden Tag etwa nach Bremerhaven gefahren und dort betankt werden. "Das macht es für uns natürlich unattraktiv", so der Betriebsleiter. Strom, um die Fahrzeuge aufzuladen, sei dagegen auch am Heidkamp verfügbar.