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Energiesparen im Landkreis Das sagen die Osterholzer Vereinsvertreter

Drei Zeitungsseiten hätten gefüllt werden können mit all den Rückmeldungen, die die Sportredaktion zur Warmwasser-Thematik erreicht haben. An dieser Stelle sind alle Wortmeldungen nachzulesen.
21.10.2022, 20:53 Uhr
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Das sagen die Osterholzer Vereinsvertreter
Von Tobias Dohr

Landkreis Osterholz. Es war wie eine Lawine – als die Sportredaktion Ende vergangener Woche bei den Vereinen um ein Stimmungsbild bezüglich der Warmwasserthematik in den kreis- und gemeindeeigenen Sporthallen bat, da gab es kein Halten mehr. Ein Großteil der kontaktierten Vereine meldete sich umgehend zurück, viele davon mit hoch emotionalen, zum Teil aufwühlenden, beinahe schon verzweifelten Worten, fast alle in sehr langen Beiträgen. Keine Frage: Das Thema treibt die Sportlerinnen und Sportler sowie die Ehrenamtlichen um. Wenn man die Masse aller Rückmeldungen in Zeitungszeilen umrechnet, dann hätte man drei ganze Seiten damit füllen können.

Da sich sehr viele Menschen dafür viel Zeit genommen haben, wollen wir an dieser Stelle ihre Antworten abdrucken, um so für größtmögliche Transparenz zu sorgen – und damit kein Wort umsonst geschrieben wurde.

Ralf Strömer (Fußball-Spartenleiter VSK Osterholz-Scharmbeck): Die letzten (Corona)-Jahre stellten bereits eine große Herausforderung für die Sporttreibenden, ganz besonders für die Ehrenamtlichen, in den Vereinen dar. Die Unermüdlichen im Ehrenamt haben dabei neue Ideen entwickelt und ihre Freizeit dem Sport und damit ihren Mannschaften geopfert. Politik, Wirtschaft, Kommunen und Fachverbände haben dem Ehrenamtlichen immer wieder (symbolisch) auf „die Schulter geklopft“ und parodiert, dass „wir es gemeinsam“ schaffen. Das reicht aber nicht!

Letztendlich haben die zahlreichen Vereine ohne Hilfe und durch Eigeninitiative ihrer Übungsleiter der Pandemie getrotzt und Möglichkeiten entwickelt, die Sportler und Sportlerinnen bei Laune zu halten, obwohl Sponsoren wirtschaftlich teilweise an ihre Grenzen gestoßen sind und ihre finanziellen Unterstützungen einstellen mussten. Wie wir alle wissen, hat der Krieg in der Ukraine und die damit verbundene Wirtschaftskrise nun auch die Vereine erreicht. Einerseits wollen wir natürlich helfen und Geflüchteten aus den Kriegsgebieten versuchen, im Sport ein Zuhause zu geben, in dem sie sich wohlfühlen und dabei ihre Sorgen und Nöte für ein paar Stunden ausblenden können.

Andererseits werden die Verantwortlichen in den Vereinen durch die herrschende Energiekrise wieder einmal sich selbst überlassen, um nach geeigneten Lösungen zu suchen. Sparten, die auf eine Halle angewiesen sind (Rhönrad, Handball, Basketball, Volleyball, Badminton usw.) können zwar die nicht geheizten Landkreishallen nutzen; müssen aber auf warmes Wasser in den Duschen verzichten, obwohl diese Maßnahme in der Bundesverordnung ausgenommen ist. Das bedeutet auch, dass bei Meisterschaften und Punktspielen nicht nur die Heimmannschaft, sondern auch das Gästeteam in verschwitzter Sportkleidung die Heimreise antreten muss. Durch diese Maßnahme wird die Energieersparnis der Kommune auf den Sporttreibenden umgelegt, der zu Hause duschen muss/wird. Sollte diese Maßnahme bestehen bleiben, ist damit zu rechnen, dass Eltern ihre Kinder aus Gründen der Fürsorgepflicht und der Gesunderhaltung nicht mehr zum (Hallen-)Sport entsenden werden.

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Susanne Hogenkamp (Sportwartin TC Lilienthal): Natürlich ist die momentane "Energiespar-Diskussion" auch bei uns im TC Lilienthal ein Thema. Wir haben in der Presse verfolgt, dass in vielen Sporthallen das Warmwasser abgestellt wurde und auch bei uns im Vorstand darüber diskutiert.

Unsere Halle wird nun allerdings nicht von der Kommune betrieben, sondern ist Vereinseigentum. Die Kosten für Strom- und Gasversorgung sind in die Höhe geschnellt und dies betrifft auch uns. Wir haben uns dafür entschieden, die Warmwasserversorgung  erst einmal beizubehalten und die zu erwartenden Kostensteigerungen zunächst auf andere Art und Weise abzufedern. Bis auf Weiteres wird die bei uns befindliche Sauna zwischen den Umkleiden nicht mehr betrieben. Dies ist ein Energiefresser vom Feinsten und leider wurde in der Vergangenheit gerne mal vergessen, sie nach der Nutzung direkt abzuschalten.

Unsere Hallentemperatur versuchen wir bei 14 Grad zu halten. Dies wird insbesondere direkt nach dem Einstieg in die Hallensaison von einigen Nutzern als zu kalt empfunden – die Mindesttemperatur beträgt laut Internet-Recherche 12 Grad. Ähnliche Diskussionen haben wir aber immer zu Wintersaisonbeginn. Des Weiteren wird fortan konsequent darauf geachtet, dass die Dachluken der Halle geschlossen sind, sodass nicht allzu viel Wärme entweicht. Die Hallennutzer, die am Nachmittag oder Abend in der Halle sind, finden meist etwas höhere Temperaturen vor, da die Spieler vor ihnen schon als "Heizung" fungiert haben – um es mal so salopp auszudrücken.

Sind die Kostensteigerungen trotz unserer Einsparmaßnahmen so, dass sie für den Verein nicht mehr tragbar sind, müsste man möglicherweise über eine Beteiligung der Mitglieder an den Energiekosten diskutieren oder gegebenenfalls doch die Warmwasserversorgung abstellen. So weit sind wir aber noch nicht – und dies wäre sicherlich auch eine unpopuläre Maßnahme, die vorab sorgsam mit allem Für und Wider im Vorstand diskutiert werden müsste.

Mathias Engelken (1. Vorsitzender TSG Wörpedorf-Grasberg-Eickedorf): Durch die Sperrung der Grundschulhalle Grasberg steht derzeit nur die Findorffsporthalle an der IGS Grasberg zur Verfügung, in der ja bekanntlich das Warmwasser abgestellt ist. Im Außenbereich von Grasberg gibt es noch die Dannenberger Sporthalle, die überwiegend durch den TSV Dannenberg genutzt wird. Dort steht das Warmwasser weiter zur Verfügung. Aus unserer Sicht handelt es sich lediglich um eine Verlagerung des Energiesparens und damit verbunden der  Energiekosten in die Privathaushalte. Jeder Sportler/Jede Sportlerin wird nach Ausübung ihres Sports zu Hause duschen, was insbesondere bei den Abendgruppen ein erneutes Hochfahren der Heizungsanlagen in den Privathaushalten herbeiführt.

Erste Mitglieder, insbesondere der älteren Generation, haben ihren Unmut darüber geäußert, sie waren verwundert und enttäuscht. Vereinzelte haben sich auch mit Hinweis gemeldet, dass sie dann auch weniger Beitrag zahlen möchten. Andere haben gesagt, dass sie dann erst mal nicht mehr zum Sport kommen wollen. Insbesondere im Punktspielbetrieb haben auch gegnerische Mannschaften ihren Unmut geäußert, dass sie nur kalt duschen können oder verschwitzt nach Hause fahren müssen. Insbesondere bei weiten Strecken werden Fahrgemeinschaften gebildet und keiner fühlt sich auf dem Heimweg wohl.

Die Mitglieder haben bereits seit Beginn der Coronazeit sehr viele Einschränkungen gehabt. Wir als Verein haben mit viel Mühe die Mitglieder wieder zurück zum Sport bewegt. Durch die erneuten Einschränkungen befürchten wir erneut das Ausbleiben der Mitglieder. 

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Christian Holm (1. Vorsitzender der FSG Seebergen 1982): Wir nutzen für Indoor-Sport ausschließlich die Sporthalle Seebergen und ja, hier wird kalt geduscht. Nach meiner Erfahrung nutzt nur ein Bruchteil der Sportler die kalten Duschen, die Mehrheit duscht dann lieber daheim. Damit sehe ich durch die Maßnahme nur sehr geringes Einsparpotenzial und am ehesten ein Kostenverlagerungspotenzial. Dies ist nicht nur eine Abwälzung der Kosten auf die Sporttreibenden, im Punktspielbereich besteht diese Wahlfreiheit auch mitunter nicht. Zum Punktspiel angereiste Sportler kommen um die kalte Dusche nicht herum, denn durchgeschwitzt und ungeduscht werden diese in keiner Fahrgemeinschaft gern gesehen sein. Natürlich gab es vereinzeltes Murren, ansonsten wurde der Gemeindebeschluss so hingenommen. Durch die kalten Duschen mache ich mir keine Sorgen, das hält unsere Sporttreibenden nicht ab. Jedoch wird dadurch das Gesamtpaket verkleinert, welches mit dem Hallennutzungsentgelt „erkauft“ wird. Da die Maßnahme nicht durch die Verordnung gedeckt ist, wird hier über einen entsprechende Kürzung zu sprechen sein.

Jürgen Stanek (1. Vorsitzender HSG LiGra): Die aktuelle Situation, insbesondere die Gaskrise und die damit verbundenen Engpässe der angelieferten Gasmenge, lässt uns als Gesellschaft keine Möglichkeit, als in allen Bereichen unseren Energieverbrauch zu reduzieren. Das müssen wir auch als Sportler*innen akzeptieren und diese Entscheidung, Warmwasser in den Sporthallen abzustellen, respektieren. Die Angaben der zuständigen Kreisrätin, dass für die Warmwasseranlagen der Sportanlagen ein erheblicher Energieaufwand erforderlich ist und dieser auch von dem erforderlichen Energieaufwand der Duschen in den privaten Wohnungen nicht annähernd erreicht wird, müssen wir als Information so hinnehmen. Es wurde durch die Kreisrätin mitgeteilt, dass durch dies ein erhebliches Einsparpotential erreicht werden kann. Aufgrund dieser Information tragen die Handballer*innen der HSG LiGra diese Entscheidung mit. Es zeigt sich, dass die Versäumnisse der letzten Jahre, die öffentlichen Gebäude mit regenerativen Energieformen und einer energetischen Sanierung nicht umzusetzen, zu dieser Situation geführt hat. Es wurde angemerkt, dass insbesondere für unsere Gastmannschaften, hier besonders die Mannschaften der Landesliga mit einem langen Rückweg, meist ungeduscht zurückfahren. Dies ist natürlich nicht sehr angenehm. Alle weiteren Mannschaften kommen mit dieser Situation klar. Es gibt Handballer*innen, die kalt duschen, andere fahren ungeduscht nach dem Training/Spiel nach Hause.

Thilo Neubert (2. Vorsitzender Ritterhude Badgers): Das Thema wurde in Ritterhude ja bereits im großen Kreis mit Gemeinde, Schulen, Politik und Sportvereinen erläutert. Dabei wurde schnell klar, dass sich offenbar weder der Landkreis noch die Gemeinde mit Alternativen zum Energieeinsparen beschäftigt hat. Beispielsweise wäre es möglich, am Stellventil der Mischbatterie der Dusche eine Klammer anzubringen, um den Durchfluss an Warmwasser zu minimieren, so dass beispielsweise das Wasser nur noch maximal 25 Grad aufweist. Auch könnte man die Duschköpfe mit anderen Sieben beziehungsweise Köpfen ausstatten, die weniger Wasser durchlassen. Es gibt auch noch weitere Möglichkeiten, mit denen man wirklich Energie einsparen könnte. Das Abstellen des Warmwassers führt einzig dazu, dass die Leute nicht mehr in der Sporthalle sondern Zuhause duschen. Das Problem wird dabei nicht nur in die privaten Haushalte verlagert und spart gar keine Energie, sondern bezweckt auch noch das genaue Gegenteil. Der Wirkungsgrad von größeren Warmwasseranlagen, wie bei Schulen, ist nämlich deutlich höher als bei Warmwasseranlagen eines Einfamilienhauses. Warum das Energiesparen jetzt auf dem Rücken der Sportler beziehungsweise von Kindern ausgetragen werden muss, erschließt sich mir nicht. Gerade im Herbst und Winter sollten die Sportler nach dem Sport duschen, bevor sie sich aufs Fahrrad schwingen und nach Hause fahren. Tatsache ist aber wohl, dass das grundsätzliche Abstellen des Warmwassers die Gemeinden im kommenden Winter eine Menge Geld sparen wird.

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Susanne Struckhoff (1. Vorsitzende SG Platjenwerbe): Wir sind mit mehreren Hallen von der Problematik betroffen. Auf den zweiten Blick kann ich die Maßnahme mittlerweile auch durchaus nachvollziehen. Erst habe ich auch gedacht, was für ein Quatsch, ist doch nur eine Verlagerung in den Privatbereich. Nur jetzt weiß ich, die Großanlagen der Sportstätten mit ihren großen Wasserbehältern verbrauchen dementsprechend auch viel mehr Energie. Natürlich gibt es auf jede Veränderung eine Resonanz im Verein. Tatsächlich haben wir aber noch mehr Rückmeldungen zu den Temperaturabsenkung in den Hallen erhalten.

Dass kalte Duschen ein sehr großes Problem darstellen werden, wurde vorrangig von den Outdoor-Mannschaften und -Sportlern benannt. Was ja auch bei Wintertemperaturen völlig nachvollziehbar ist. Ich sage es mal so: Die kalten Duschen und die Absenkung der Hallentemperaturen reihen sich nahtlos in die gesamte Sportstätten-Problematik ein, die unseren Verein schon seit Jahren begleitet. Über Jahrzehnte zu wenige Out- und Indoor Sportstätten, vollständig überspielte Plätze sowie die Corona-Maßnahmen und anderweitige Verordnungen sind für unsere Mitglieder, unsere Übungsleiter*innen aber auch für uns "Vorständler" bei Weitem kein Zuckerschlecken. Wir werden wieder auf unser Erfolgsmodell Kreativität und Durchhaltevermögen setzen müssen, denn darin sind wir ja schon geübt.

Frank Mühlmann (Tischtennis-Spartenvorstand TuSG Ritterhude): In der Riesturnhalle läuft die Heizung aufs Nötigste, es ist recht frisch, es soll aber nicht auf unter 16 Grad abgesenkt werden. Unter 14 Grad dürften wir laut Wettkampfordnung auch gar nicht mehr spielen. Das ist vom Grundsatz ja auch durchaus nachvollziehbar, dass die Heizung momentan nicht auf Hochtouren läuft, ich glaube, das kann man alles nachvollziehen. Schwierig wird es aber, wenn die Duschen auch noch abgestellt werden. Stand jetzt funktionieren sie in der Rieshalle noch, aber ich fürchte, dass das nicht so bleiben wird. Ich habe auch schon von dem einen oder anderen gehört, der gesagt hat: Wenn die Duschen abgestellt werden, dann war es das für mich. Dann ist irgendwann das Fass übergelaufen, damit muss man ganz klar rechnen. Die Gemeinden versuchen, sich durch die Ersparnis im wahrsten Sinne des Wortes reinzuwaschen, der Sportler duscht ja trotzdem, deshalb sehe ich im Gesamten keine Ersparnis. Sicher wäre es nachvollziehbar, wenn man die Duschtemperatur runterregelt, aber dass es komplett abgestellt wird, bringt einfach nichts. Und es wird bei den Mitgliedern definitiv nicht gut ankommen, denn die Stimmung ist nach Corona ohnehin noch nicht wieder so richtig gut.

André Ohlrogge (1. Vorsitzender TSV Worpswede): Sowohl in den Hallen der Gemeinde Worpswede als auch in unserem eigenen Vereinshaus wurde nicht großflächig das Warmwasser abgestellt. Es gab lediglich die Anfrage, welche Gruppen in einer der Gemeindehallen nach der Stunde duschen würden, sodass dort das warme Wasser eingeschaltet bleibt. Ob das umgesetzt wurde, kann ich nicht beurteilen. Die Gruppen, die dort duschen, haben bisher nicht von kaltem Wasser gesprochen. Grundsätzlich kann ich das Abstellen des Warmwassers in den Sporthallen nicht nachvollziehen. Wer nach dem Sport duschen muss oder möchte, wird dies auch weiterhin machen. Es ist lediglich eine Verlagerung, wo die Energie verbraucht wird. Entweder in den Hallen oder im privaten Bereich. Jegliche Einschränkung für den Sport kann immer dazu führen, dass Mitglieder den Verein verlassen, so auch das Abstellen des Warmwassers. Da aber bei Weitem nicht alle Mitglieder die Duschen in den Hallen nach dem Sport nutzen, würde ich da keine allzu große Austrittswelle sehen. Kritischer wird es, wenn längerfristig Hallen aus Energiesparengründen geschlossen werden würden. 

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Katrin Harjes (Handballtrainerin TuSG Ritterhude): Uns betrifft die Thematik in der Sporthalle des Schulzentrums Moormannskamp – und dann später sicher auch bei Punktspielen im Landkreis wie zum Beispiel in Lilienthal. Wir können das Abstellen des Warmwassers nicht nachvollziehen. Bei der jeweiligen Sporthalle wird zwar Energie gespart, da jetzt nicht mehr 24/7 für die Warmwasseraufbereitung Energie benötigt wird. Aber dafür wird dann ja jeder alleine zu Hause duschen. Und ich befürchte, wenn man es globaler sieht, erbringt das keine Energieersparnis, sondern eher das Gegenteil: Da man sicher zu Hause ein schöneres Bad hat als die Duschen in einer Sporthalle, wird eventuell sogar noch länger geduscht – ergo: Mehr Energie wird verbraucht.

Ich kann allerdings nicht beurteilen, ob die Energie gesamt gesehen in den Hallen größer ist, wenn nach einem Handball-Punktspiel 28 Menschen und eventuell noch Schiedsrichter und Betreuer warm duschen, als wenn es jeder einzeln zu Hause macht, daher ist es nur eine Spekulation von mir.

Wenn aber jeder (auch Privathaushalte) in Deutschland versuchen soll, Energie zu sparen, bliebe einem ja in diesem Punkt nur übrig: Nach dem Sport nicht mehr zu duschen. Und schon fängt der Unsinn an – das ist ja keine Diskussionsgrundlage. Und zu Hause wird keiner aus Energiespargründen kalt duschen, wenn er es warm könnte.

Wir versuchen unsere Kinder ab dem Alter von 13, 14 Jahren dazu zu bringen, nach dem Sport zu duschen, bevor sie sich auf das Rad schwingen und nach Hause fahren. Denn ab etwa dem Alter ist das Training schon so, dass sie auch richtig ins Schwitzen kommen. Wir werden aber sicher jetzt keinem Kind sagen: Du musst jetzt in den Wintermonaten leider kalt duschen! Das können und wollen wir ja gesundheitlich gar nicht verantworten.

Bei den Handballern ist es wie folgt: Sie sind genervt, da sie erst wegen Corona nicht in die Halle durften und später nicht duschen durften, aber das haben alle hingenommen, eben weil ja keiner dafür einen "Wir wissen es besser"-Fahrplan vorweisen konnte. In der Zeit gab es aber bei den Jugendlichen Abgänge, die auch nicht mehr zurück zum Verein gekommen sind. Bei meinem (Herren-)Team gab es keine Abgänge deswegen, und so wird es auch jetzt: Es wird keiner aufhören, weil sie kalt duschen müssen (und das tun sie tatsächlich – nicht alle, aber manche – gerade die, die eben nicht in Ritterhude wohnen und noch 30 bis 50 Minuten Heimfahrtzeit danach haben).

Bei den Jugendlichen kann ich noch nicht abschätzen, was passieren wird, wenn sie dann nach dem Sport mit dem Fahrrad nach Hause fahren müssen. Jetzt gerade scheint es sicher noch zu klappen, aber sobald es kälter als 10 Grad wird, beginnt das Problem: Nassgeschwitzt vom Sport sollen sie auf keinen Fall Fahrrad fahren, kalt duschen möchten wir ihnen aber ja eigentlich nicht zumuten, und wer nicht von den Eltern abgeholt werden kann, bleibt gegebenenfalls einfach diese Zeit über zu Hause. Das hoffen wir natürlich nicht, aber das wäre der Super-Gau.

Dass die Sporthallen nicht mehr als 16 Grad und die Umkleiden nicht mehr als 20 Grad warm sein sollen, ist okay. Diese Sparmaßnahme ist verständlich und umsetzbar, denn als Sportler könnte man sich noch entsprechend etwas überziehen und als TrainerIn eben auch. Aber dann wäre eine warme Dusche danach auch sehr schön. Wir versuchen gerade, eine Damenmannschaft wieder aufzubauen, und dass jetzt alle kalt duschen sollen, traf nicht gerade auf Zuspruch. Die Vereine haben eben auch eine soziale Aufgabe in Osterholz und umzu, aber leider wird das immer noch zu wenig wertgeschätzt.

André Heißenbüttel (2. Vorsitzender TV Lilienthal): Tatsächlich ist das Thema seit Wochen präsent und wird sehr regelmäßig diskutiert bei uns im Verein. Alle Lilienthaler Sporthallen haben nur noch kaltes Wasser, das sogar schon seit Anfang September. Das hat natürlich große Auswirkungen, wir haben schon diverse Nachrichten und natürlich auch Beschwerden und verärgerte Nachfragen von Eltern und Sportlern bekommen

Unserer Ansicht nach ist das ein absolutes Unding, weil wir die Argumentation überhaupt nicht nachvollziehen können, dass man dadurch gesamtwirtschaftlich eine wirklich relevante Energieersparnis erzielt. Am Ende ist es eine Verlagerung hin zu den Privathaushalten. Inwiefern eine Warmwasseraufbereitung in Hallen vielleicht effektiver ist als in Privathäusern oder Wohnung, kann ich nicht abschließend beurteilen. Aber Fakt ist, dass die Kosten jetzt von den Privathaushalten getragen werden. Und das wird dazu führen, dass sich jetzt jeder genau überlegen wird, ob man unter diesen Bedingungen noch Sport treiben oder sogar Mitglied in einem Sportverein bleiben will. Denn was wird passieren? Und da haben wir ja mittlerweile die Erfahrung aus der Corona-Zeit: Jeder wird seine (Kosten)-Situation überdenken und prüfen, und vielleicht sagen: Ich bin Mitglied, zahle und kann jetzt nicht mal mehr warm duschen. Da kann ich mir die Beiträge auch sparen.

Man sieht an dieser Thematik leider mal wieder, wie wichtig beziehungsweise unwichtig der Sport im Allgemeinen von der Politik betrachtet wird. Es ist natürlich einfach, zu sagen, die Vereine müssen das jetzt so in Kauf nehmen, anstatt dass man sich wirklich mal konzeptionell hinsetzt und schaut: Was sind denn wirklich die größten Energiefresser in Wirtschaft, privaten Haushalten, in Vereinen, ohne zu sagen, wir gehen den vermeintlich einfachsten Weg und belasten wieder mal die Sportvereine. Denn am Ende wird durch diese Maßnahme die Attraktivität des Sporttreibens massiv reduziert. Da erwarten wir als Vereine, dass der Sport als wichtiger, als gesellschaftlich relevanter Teil angesehen wird. Stattdessen entsteht auch in dieser jetzigen Krise der Eindruck, dass der Sport einer der ersten Bereiche ist, der darunter leidet.

Der Zustand der Hallen wird ja ohnehin immer schlechter, jetzt kommt die Warmwasserthematik dazu. Wenn es so weitergeht, braucht man irgendwann überhaupt keinen Sport mehr anzubieten. Wir machen uns arge Sorgen über die Mitgliederentwicklung. Wir haben schon bei Corona Mitglieder verloren, zum Glück nicht so stark, wie befürchtet. Aber jetzt wird es sich jeder doppelt überlegen, wie es weitergeht. Und gerade im Kinder- und Jugendbereich kriegt man mit, dass die Eltern das sehr umtreibt. Dieser Beschluss muss somit schnellstmöglich revidiert und zurückgenommen werden.

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Yannick Sachau (1. Vorsitzender FC Hansa Schwanewede): Wir sind bisher tatsächlich noch nicht betroffen. Ich weiß natürlich, das der Landkreis seine Hallen abgestellt hat, in den gemeindeiegenen Hallen in Schwanewede ist das bisher aber noch nicht so, aber da kann natürlich durchaus noch etwas kommen. Wir wären dann auch doppelt betroffen, da wir größtenteils die Schulhallen und Plätze nutzen. Nachvollziehen kann ich eine solche Maßnahme in jedem Fall nicht wirklich, ich vermute, dass es am Ende deutlich energieaufwendiger ist, wenn 20 Menschen zuhause ihren Heizung anschmeißen, als wenn einmal alle in einer Halle duschen. Ich empfinde das alles eher als Symbolpolitik und ich bin mir sehr sicher, dass das zu großem Unmut unter unseren Mitgliedern führen würde, wenn das warme Wasser hier auch abgestellt werden sollte.

David Jakesch (2. Vorsitzender VSK Osterholz-Scharmbeck): Was hier im Landkreis Osterholz passiert, ist eine absolute Sauerei. Vor allem die Art, wie mit den Vereinen kommuniziert wird, ist einfach enttäuschend. Das war ja leider auch schon im Zusammenhang mit den ukrainischen Flüchtlingen so. Da wurde uns am Montag um 16 Uhr mitgeteilt, dass die Halle bis Dienstag, 8 Uhr, leer sein muss. Im Stadion, das von uns ja selbstverwaltet wird, sind die Duschen noch warm, noch. Man muss da ja wirklich auf alles gefasst sein. Du weißt wirklich nie, was kommt. Jetzt gerade versuchen wir eine Hallenplanung zu machen, aber wir können aufgrund der aktuellen Thematik überhaupt keine festen Zusagen geben. Das Schlimme ist: In meinen Augen gibt es genügend andere Möglichkeiten, die angepeilten 15 Prozent einzusparen. Als Hausmeister einer Bremer Grundschule weiß ich, wovon ich rede.

Rolf Grotheer (1. Vorsitzende TV Falkenberg): Die Turnhalle in der Ostlandstraße in Lilienthal ist eine Halle, die von der Kreisverwaltung betrieben wird. Hier möchte ich gleich am Anfang erwähnen, dass es im ganzen Kreis Osterholz nur zwei Gemeinden gibt, die von den Sportvereinen eine Hallennutzungsgebühr verlangen. Das heißt also, auch für diese Halle bezahlen wir, die Vereine, Hallennutzungsgebühren, obwohl die Halle vom Kreis verwaltet wird.

Schon vor Corona waren in dieser Halle die Duschen defekt und sollten bereits vor Corona repariert werden. Dann wurde die Halle, wie auch andere Hallen, wegen Corona gesperrt. Somit konnten die Duschen während der Coronazeit wohl auch nicht repariert werden, so die Auskunft von der Kreisverwaltung. Diese Coronazeit lief über fast zwei Jahre. Eine Zeit, in der viele Mitglieder den Verein verlassen haben, weil sie gesagt haben, dass sie keine zwei Jahresbeiträge zahlen, obwohl sie nicht in die Hallen dürfen. Eine sehr schwere Zeit für alle Vereine.

Dann wurden die Hallen so langsam wieder für den Sport freigegeben. Jetzt kam wieder die Frage auf, wann die Duschen endlich repariert und freigegeben werden. Jedes Mal, wenn wir in der Kreisverwaltung angerufen haben und schriftlich nachgefragt haben, wurden wir mit der Aussage vertröstet, in den nächsten Ferien werden die Duschen repariert, in den nächsten Ferien werden die Duschen repariert, usw.

Im Juni dieses Jahres hatten wir ein Jubiläumsturnier unserer Tischtennis-Abteilung, zu dem 100 Teilnehmer aus fünf Bundesländern gekommen sind und die Duschen waren immer noch defekt. Wir haben uns als gastgebender Verein sehr geschämt, den Gästen sagen zu müssen, dass das Duschen leider nicht möglich sei. Nach den Sommerferien waren die Duschen dann doch endlich fertig und wurden freigegeben – allerdings nur, um uns dann nach 14 Tagen die Nachricht zukommen zu lassen, dass ab sofort die Duschen nur noch kalt zu nutzen seien. Wir alle waren fassungslos. Und wie bereits schon erwähnt, all das vor dem Hintergrund, dass wir für diese Halle Hallennutzungsgebühren bezahlen.

Für uns lässt sich das Ganze nicht nachvollziehen, weil die Sportler, die in der Halle nicht duschen können, dann durchgeschwitzt nach Hause fahren müssen, um zuhause zu duschen. Die Kosten werden somit also nur verlagert. Früher hatte die Verwaltung die Kosten für die Nutzung der Duschen übernommen, weil sie dafür ja auch Hallennutzungsgebühren bekommt. Heute bekommt sie die Hallennutzungsgebühr trotzdem, aber die Kosten für die Nutzung der Duschen bezahlen die Mitglieder. Da fragt man sich, wird hier Energie gespart oder bereichert sich der Landkreis an der Ersparnis?

Die Austritte vermehren sich zusehens. Hier kommt ja auch noch dazu, dass auch das Schwimmbad Energie einsparen will oder muss, indem das Badewasser von den Temperaturen drastisch gesenkt wurde. Die Badegäste, die da jetzt noch kommen, stehen mit blauen Lippen am Beckenrand und frieren ohne Ende. Noch schwieriger ist die Lage bei den Kindern, die noch viel schneller frieren als die Erwachsenen. Da auch der Warmbadetag abgeschafft wurde, fällt das Babyschwimmen oder das Kleinkindschwimmen komplett aus. Auch hier verlieren wir immer mehr Mitglieder.

Das Problem ist wirklich nicht nur, dass wir dadurch viele unserer Mitglieder verlieren, denn auch unsere Mitglieder sind teilweise auf diese Angebote angewiesen, weil sie diese Bewegung aus gesundheitlichen Gründen brauchen. Für all diese Personen ist es eine Katastrophe, was hier gerade passiert. Auch unsere vielen Ehrenamtlichen sind fassungslos über diese Entwicklung. Es werden die Leute mit Füßen getreten, die eigentlich in den Gemeinden für Lebensqualität sorgen und das auch gerne und mit Überzeugung tun. Es wäre sehr schön, wenn unsere Arbeit wertgeschätzt würde, in dem man uns hier bei dieser wichtigen Aufgabe für die Gemeinden unsere ehrenamtliche Arbeit machen lassen würde.

Niko Lütjen (Spartenvorstand Badminton TSV Wallhöfen): Es ist der nächste dicke Brocken, der den Vereinen zwischen die Beine geworfen wird. Wir selber haben bisher Glück, die Grundschulhalle in Wallhöfen ist noch nicht kalt, aber wir kennen das ja von anderen Hallen bei den Punktspielen schon. Der Landesverband hat sogar extra schon seine Spielordnung geändert und verfügt, dass man nun auch in langer Hose spielen darf, was bisher ja nicht erlaubt war. Ich glaube nicht, dass diese Maßnahme am Ende zu einer besonders großen Ersparnis führen wird. Und man muss ich irgendwann auch fragen: Warum sollen die Menschen denn überhaupt noch in einen Verein gehen? Erst Corona, jetzt sind die Hallen kalt, die Duschen auch – und dafür dann auch noch Beiträge zahlen?

Dagmar Nitsch (Übungsleiterin beim SV „Vorwärts“ Buschhausen): Wir können unsere Halle seit über einem Jahr nicht nutzen, weil diese saniert wird. In unseren Gruppen duschen tatsächlich nur sehr wenige TeilnehmerInnen in der Halle, somit kann von übermäßigem Wasserverbrauch keine Rede sein. Ich habe auch noch nie von einem Schüler gehört, er würde nach dem Sport duschen. Da wir derzeit von dieser Maßnahme nicht betroffen sind, gab es auch noch keine Resonanz. Ich weiß nicht, ob Frau Schumacher nach dem Sport kalt duschen möchte, aber sie kann es gerne vormachen. Wenn es soweit ist, wird es mit Sicherheit ein Gesprächsthema bei uns.

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