Der Osterholzer Landrat wird von großen Teilen der Öffentlichkeit als sportbegeisterter Politiker wahrgenommen. Dieser Ruf dürfte in der aktuellen Diskussion um die Warmwasser-Thematik in den kreis- und gemeindeeigenen Sporthallen ziemlich leiden. Zu intransparent und unvollständig ist die Entscheidungsfindung im Vorfeld gewesen, zu inkonsequent erscheint auch jetzt, da sich eine Welle der Entrüstung bei den Vereinen Bahn gebrochen hat, die Reaktion.
Um es auf den Punkt zu bringen: Der Landkreis scheint nicht nur auf Zeit zu spielen, er schiebt die Verantwortung auch von sich weg und überlässt es jeder einzelnen Gemeinden, eine Entscheidung zu treffen. Damit verpassen die Verantwortlichen eine gute Gelegenheit, um Größe und Führungsstärke zu zeigen. Zur Erinnerung: In den Nachbarkreisen Verden und Rotenburg bleiben die Duschen warm, in Cuxhaven sind sie erstmals überhaupt in den Ferien kalt, werden danach aber ebenfalls wieder vollumfänglich nutzbar sein.
In Bremen wurde die ursprünglich Entscheidung nach einem ähnlichen Proteststurm der Vereine mittlerweile revidiert – doch im Landkreis Osterholz will man weiterhin auf dem Kaltstellen der Duschen beharren, obwohl sowohl die Bundesverordnung das nicht vorsieht und sich auch Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius ganz klar dagegen ausgesprochen hat. Zu all diesen Dingen äußert sich die Osterholzer Politik nicht.
Immerhin kündigt der Landkreis Gespräche mit den Vereinen an. Es ist ein kleines Positivsignal, bei dem man sich allerdings fragt, wieso diese Gespräche nicht schon viel früher erfolgt sind. Auch das lief in den benachbarten Kreisen übrigens anders. Überhaupt fragt man sich, ob die Osterholzer Verantwortlichen eigentlich mal in den Austausch mit den Nachbarkreisen eingestiegen sind? Es wäre doch mal interessant zu erfahren, wie dort die ohne Zweifel notwendige Ersparnis reingeholt wird, obwohl die Duschen warm bleiben? Wenn drei (zum Teil deutlich größere) Landkreise das für möglich halten, sind das Unverständnis und der Frust der hiesigen Vereine ebenso berechtigt wie nachvollziehbar.
Außerdem drängt die Zeit. Das warme Duschwasser wird jetzt gebraucht. In den kommenden Wochen ist noch voller Trainings- und Spielbetrieb. Anfang Dezember gehen viele Sportarten, egal ob Halle oder Outdoor, aufgrund der befürchteten Corona-Problematik im Winter ohnehin in eine längere Winterpause. Man darf gespannt sein, wann die angekündigten Gespräche denn endlich erfolgen.
Ebenso fatal ist, dass der Landrat die Entscheidungsfindung auf Gemeindeebene zu den dortigen Entscheidungsträgern weiterschiebt. Ja, in diesem Bereich kann der Landkreis keine Vorgaben machen, aber es wäre im Sinne der Fairness und Gleichbehandlung genau das richtige Signal gewesen, eine einheitliche Empfehlung auszusprechen. So könnte es am Ende einen für die Vereine nicht nachvollziehbaren Flickenteppich geben, der die Ungleichbehandlung – und somit den Unmut – nur noch verschärft.
Knapp 43.500 Mitglieder aus über 130 Vereinen sind im Kreissportbund Osterholz gelistet. "Am warmen Wasser lasse ich den Grad meiner Wertschätzung für den Sport nicht messen", sagt der frühere Topfußballer Bernd Lütjen. Er muss damit leben, dass genau das der Maßstab ist, an dem ihn derzeit Tausende Osterholzer Sportlerinnen und Sportler beurteilen. Nicht nur die Duschen sind derzeit kalt, auch das Verhältnis zwischen Politik und Vereinen hat einen besorgniserregenden Tiefpunkt erreicht.