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"Schott the Dohr" WM oder Derby? Derby!

In unserer etwas anderen Rückschau lassen wir den Oktober noch einmal Revue passieren und diskutieren dabei auch über die Dinge, für die im redaktionellen Alltag oftmals kein Platz in der Zeitung ist.
29.10.2022, 12:45 Uhr
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WM oder Derby? Derby!
Von Dennis Schott

Hast du eigentlich schon Dein Deutschland-Trikot aus dem Schrank geholt, Dennis?

Ich habe mal als Kind eines besessen, seitdem aber nicht mehr. Wieso fragst Du, Thorin? Und wo ist eigentlich unser Kollege Dohr?

Der kleine Dennis im Deutschland-Trikot – davon würde sicherlich nicht nur ich gern mal ein Foto sehen! Aber zäumen wir das Pferd mal von hinten auf: Der Kollege Dohr genießt seinen Urlaub, also entere ich mal wieder dieses Format. Und um Deine erste Frage zu beantworten: Ich habe tatsächlich von einem Kumpel per WhatsApp eine Einladung zum Tippspiel für die Weltmeisterschaft bekommen. Und meine erste Reaktion war: Ist ja noch ganz schön weit hin, um das jetzt schon zu planen. Bis es mir wie Schuppen von den Augen fiel: Es geht tatsächlich schon bald los. Freust Du Dich eigentlich drauf?

Ich frage mal ganz vorsichtig zurück: Freust Du Dich auf die WM?

Welt- und Europameisterschaften, eigentlich Nationalmannschaftsfußball an sich, haben mich nie so erreicht wie Klubfußball. Ein einfaches Beispiel: Wenn ich als Gladbacher einen Kölner oder – was für viele in der Region hier naheliegender ist – als Bremer einen Hamburger nicht gut finde, mag ich ihn als Nationalspieler auch nicht. Für ihn kann ich mich dann nicht freuen. Ich kann diese Rivalität nicht so leicht ablegen. Ist einfach so bei mir. Mit dieser Haltung eckt man schon manchmal an. Deshalb ist die Vorfreude ohnehin nie so groß, der Hype erreicht mich einfach nicht. Und dieses Mal schon gar nicht. Du kannst Dir ja denken, wieso das so ist, oder?

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Ich merke schon, Du bist bei diesem Thema genau der richtige Gesprächspartner (lacht). Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht, dass Du so eine starke Abneigung gegenüber der Nationalmannschaft pflegst. Und dass Du Dich nicht für einen Kölner im Nationaltrikot freuen kannst, nur weil Du Gladbach-Fan bist, ist auch äußerst bemerkenswert. Dein Glück, das wohl kein Kölner bei der WM dabei ist. Das heißt dann doch im Umkehrschluss: Du kannst die WM ohne Bedenken schauen …

Rein sportlich: definitiv. Ich würde sie sogar so schauen wie jemand, der sich nur für den Sport interessiert, der guten Fußball sehen will und sich darüber freut, wenn die beste Mannschaft den Titel holt. So wie Deutschland 2014. Ich habe bei WM-Turnieren aber auch schon mit Spanien und – man darf es ja fast gar nicht sagen – sogar mit Holland mitgefiebert. Aber rein sportlich kann man diese WM einfach nicht betrachten – und sich schon gar nicht auf sie freuen. Im Kontext einer Welt mit vielen Krisenherden vom Ukraine-Krieg über die Energie- bis zur Klimaproblematik wird es ja nur noch absurder, dass die WM in Katar stattfindet. Und dann hat man über die Menschenrechtsverletzungen noch gar nicht gesprochen. Dieses Turnier ist jetzt schon das größte Eigentor der Fußballgeschichte, oder was meinst Du, Dennis?

So langsam kommen wir auf einen gemeinsamen Nenner, Herr Kollege! Wobei ich die WM in Katar eher losgelöst vom Weltgeschehen betrachte. Es geht ja vielmehr um das Gastgeberland selbst. Für was es steht und was es mit der Ausrichtung eines sportlichen Großereignisses bezwecken will. Fest steht jedenfalls, dass es Katar nicht um Fußball als solches geht. Kann es doch auch nicht, wenn dort der Fußball überhaupt keine Tradition hat. Halten wir doch weitere "Neuerungen" dieser WM fest: Sie findet zum ersten Mal im November statt, sie findet zum ersten Mal in einem Wüstenstaat statt, in einem Land, in dem die Menschenrechte verletzt werden und Bauarbeiter beim Errichten der Stadien ums Leben gekommen sind. Habe ich noch etwas vergessen?

Anders gefragt: Reicht das nicht schon, um dieses Turnier für komplett falsch zu halten? Aber wenn Du willst: Runtergekühlte Stadien, möglicherweise Pendelflüge für die Fans – und dann das Versprechen, dass das Turnier klimaneutral sein wird. Wer soll das glauben? Und die Nachhaltigkeit? Ich wage mal eine Prognose: Nach der WM stehen einige Stadien leer. Diese sogenannten weißen Elefanten kennt man in Brasilien oder Südafrika zur Genüge. Und was ist mit den Verbänden, die ihre Glaubwürdigkeit komplett verspielt haben? Bei der Fifa wundert das niemanden mehr, denke ich. Gianni Infantino hat ja schon die beste WM aller Zeiten versprochen. Für wen oder was? Sein Portemonnaie? Und der DFB, der sehr lange hinter den Katarplänen stand, ehe er kritisch auf das Turnier geschaut hat? Da wird mir einfach nur schlecht.

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Das ist ja alles richtig. Genauso richtig ist es auch, auf die Missstände hinzuweisen. Das wird medial aktuell auch hinreichend gemacht. Ich befürchte nur, wenn das Turnier erst einmal läuft, dass davon nicht mehr viel übrig bleiben wird. Und jeder, der die WM-Spiele verfolgt, muss sich im Klaren darüber sein, dass er diese Maschinerie unterstützt. Zumindest haben wir in Osterholz noch eine Alternative. Denn hier rollt der heimische Fußball währenddessen ja auch!

Da bin ich auch tausend Mal lieber unterwegs. Ich habe es gerade nachgeschaut: Leider reicht der Terminplan nicht bis zum WM-Finale am 18. Dezember. Aber wenn das Wetter mitspielt, kann man sehr viel Weltmeisterschaft durch sehr viel Sport vor Ort ersetzen. Nicht nur auf den Fußballplätzen, sondern auch in der Halle. Da erreicht mich der Hype schon wesentlich mehr. Und da gibt es genauso verrückte Geschichten. Ahnst Du schon, worauf ich hinaus will?

Los, erzähl!

Ich spreche vom Flutlichtausfall beim Spiel zwischen Hagen und Hambergen. So ein intensives Duell, dann noch das Aufeinandertreffen von Finn-Niklas Klaus mit seinem Ex-Verein, ganz vielen Ex-Mitspielern und Freunden – die Geschichten lagen auf der Straße. Und dann wird's doch eine ganz andere, weil auf einmal alle im Dunkeln stehen. Eine halbe Stunde zittern und bangen. Und dann: Abbruch. Da hat sicherlich der eine oder andere an ein ganz berühmtes Bundesliga-Auftaktspiel gedacht …

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Na klar, Werder gegen Schalke und die geplatzte Muffe. Legendär war das! Alles dunkel und Kommentator Gerhard Delling musste aufs Telefon ausweichen. Das hatte 70er-Jahre-Charme. Und wenn ich länger darüber nachdenke, dann hätte ich nicht einmal etwas dagegen, wenn dies auch bei der WM passieren würde … Aber wahrscheinlich sackt noch eher der Platz bei Postels in Bornreihe ab, oder Thorin?

(lacht) Da hast du wahrscheinlich recht. Auf der Seite der Trainerbänke ist jedenfalls in einer Hälfte eine ordentliche Kuhle. Ich würde nach letztem Sonntag fast sagen, die war vorher nicht so groß. Aber wenn das die einzigen Probleme sind, ist das ja noch Jammern auf hohem Niveau, finde ich.

Genau, denn im Vereinsheim des SV Bornreihe sind die Duschen immerhin noch warm. Kann ja nicht jeder Verein behaupten. Das war schon ein ziemliches Aufreger-Thema in diesem Monat. Da konnten ja einige Vereine nach dem Training nur kalt duschen, weil der Landkreis an Energie sparen wollte. Und das, obwohl das Abschalten des Warmwassers in Sporthallen vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz explizit ausgenommen wurde. Ich meine, in Katar würden sie sich wahrscheinlich nicht an kalten Duschen stören, so warm, wie es dort ist. Aber hier?

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Hier war die Aufregung riesengroß. Und das vollkommen zurecht. Wir haben ja aus erster Hand erfahren, wie sehr kalte Duschen die Gemüter erhitzen können – dass sie aber nur ein Teil von vielen Problemen sind, die man anpacken muss. Die vielen Zuschriften der Vereinsvertreter haben deutlich gezeigt, was sie davon halten, aber auch, wie wichtig ein Schulterschluss zwischen Politik und Sport für die Zukunft der Vereine ist. Der Kampf gegen Corona ist für den Sport immer noch nicht vorbei, viele Folgen sind noch spürbar und werden im Winter wahrscheinlich wieder sehr deutlich spürbar werden. Umso wichtiger ist, dass der Landkreis nach den Ferien wieder warmes Duschen in seinen Hallen zulässt. Und das sollte auch ein Fingerzeig für die Gemeinden sein, ebenfalls das Wasser warm zu lassen beziehungsweise es wieder warm zu stellen. Das ist ein wichtiger Erfolg für den Sport, der nicht klein beigegeben hat! Aber man muss auch in Richtung Landkreis und Landrat Bernd Lütjen sagen: Es ist ein Zeichen von Größe, eine Entscheidung zu revidieren. Das verdient auch Respekt.

Man könnte aber auch dagegenhalten, dass es ohne unsere Berichterstattung gar nicht dazu gekommen wäre. Der Unmut der Vereine über die Landkreisverfügung war ja schon sehr groß. Aber Du hast auch recht, Thorin. Dass der Landkreis seine Entscheidung überdacht hat, ist ein gutes Zeichen. Man würde sich das von so manchem Fifa-Funktionär wünschen, gerade jetzt, da die Kritik über die WM-Vergabe an Katar so groß ist. Aber wahrscheinlich liegt die Bewerbung von Nordkorea für die WM 2034 bereits in der Schublade …

Ich würde ja einfach darüber lachen, wenn ich mir es nicht genau so vorstellen könnte. Das läuft komplett am Leben vorbei. Da lobe ich mir doch den Landkreis Osterholz und seinen Sport: Alles ist viel bodenständiger und echter. Klar: Auch hier läuft nicht immer alles glatt, aber hier findet man zumindest gemeinsam eine Lösung. Apropos Lösung: Ich habe da noch eine Frage, die Du mir beantworten musst, Dennis!

Schieß los, Thorin!

Wann findet das Eröffnungsspiel der WM statt – und wer trifft auf wen?

Das Datum weiß ich: Es ist der 20. November. Katar wird als Gastgeber sicherlich dabei sein. Aber der Gegner? Keine Ahnung. Früher hätte ich das sicher gewusst. Also: Verrat es mir!

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Es ist Ecuador. Weiß ich auch von WhatsApp. "Bis zum Eröffnungsspiel am 20. November zwischen Katar und Ecuador müssen die ersten Tipps abgegeben sein", hat mein Kumpel geschrieben.

Viel spannender ist doch, was am 20. November außerdem stattfindet.

Was denn?

Mensch, Thorin … Natürlich Lilienthal-Falkenberg gegen Worpswede, Bezirksliga-Derby! Oder Hambergen gegen Uphusen in der Landesliga.

Das verspricht auf jeden Fall mehr Spannung und Spaß als die WM. Und da fragt Dich auch keiner, ob Du ein Trikot von einer der Mannschaften besitzt.

Zur Person

Die Sportredaktion

schließt den Monat Oktober ab. In unserer etwas anderen Rückschau lassen wir jeden letzten Sonnabend im Monat die vergangenen vier Wochen Revue passieren und diskutieren dabei auch über die Dinge, für die im redaktionellen Alltag oftmals kein Platz in der Zeitung ist. Nicht immer einer Meinung, aber meinungsstark. Nicht immer bierernst, aber mit voller Überzeugung für den hiesigen Amateursport. „Schott the Dohr“ – die Redakteure Dennis Schott und Tobias Dohr, der dieses Mal vom Kollegen Throin Mentrup vertreten wird, schließen die Tür.

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