Herr Cäsar-Preller, wie viele Mandanten vertreten Sie, die seit ihrer Impfung unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen leiden?
Joachim Cäsar-Preller: Es sind momentan rund 400 aus dem gesamten Bundesgebiet, auch aus Hamburg, Niedersachsen und Bremen. Es werden jeden Tag mehr. Diejenigen, die sich an uns wenden, schicken uns zur Vorbereitung ihre Impfnachweise und ihre ärztlichen Unterlagen, aus Krankenhäusern oder von Fachärzten sowie eine Schilderung ihrer Erfahrungen beziehungsweise ihres Leidenswegs. Wir arbeiten mit zwei Ärzten zusammen, wir sichten mit ihnen gemeinsam diese Unterlagen. Dann bieten wir eine kostenfreie Beratung an, ob telefonisch oder bei uns in Wiesbaden, um zu erläutern, ob wir eine Ursächlichkeit oder Mitursächlichkeit der Impfung an den Beeinträchtigungen erkannt haben.
Leiden alle, die das vermuten oder behaupten, womöglich aus Verunsicherung, auch tatsächlich unter Nebenwirkungen, die Sie und Ihre ärztlichen Berater mit einer Impfung in Verbindung bringen können?
Wenn es in den Unterlagen keinen Anhaltspunkt gibt, nehmen wir das Mandat nicht an. Es mag sogenannte Trittbrettfahrer geben, aber die kommen nicht zu uns. Die Menschen, die sich an uns wenden, haben gehaltvolle Unterlagen und sind meist in einer verzweifelten Lage, weil sie ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen können.
Um welche Beeinträchtigungen geht es?
Eine ganz große Gruppe unserer Mandantinnen und Mandanten leidet unter Herzerkrankungen, viele haben Schlaganfälle erlitten oder es ist zu Thrombosen gekommen. Andere beklagen Fatigue-Symptome, fühlen sich quasi wie Hundertjährige, obwohl sie eigentlich mittleren Alters und bis zur Impfung topfit waren. Jeder Schritt ist für sie einer zu viel. Mehr als 90 Prozent können seit der Impfung nicht mehr arbeiten, und es ist nicht abzusehen, ob es je wieder dazu kommt.
Gibt es besondere Gemeinsamkeiten, was Alter, Vorerkrankungen, Anzahl der Impfungen oder die Impfstoffe betrifft?
Nein. Meine jüngste Mandantin ist 15, der älteste Mandant ist 78. Ich vertrete auch die Interessen der Angehörigen von vier Verstorbenen, zwei meiner Mandanten sind gestorben, nachdem sie sich an uns gewendet hatten. Manche haben die erste Impfung gut vertragen, aber die zweite nicht. Bei anderen ist nach der ersten Impfung zu massiven Beschwerden gekommen.
Sie sind nicht der einzige Anwalt, der in diesem Feld tätig ist. Im Internet werben „Fachanwälte für Impfschäden“ für sich.
Fachanwalt für Impfschäden, das gibt es nicht. Diese Kanzleien könnte man eigentlich über die Rechtsanwaltskammer abmahnen lassen, denn so für sich zu werben, ist schon dreist. Es gibt Fachanwälte für Medizinrecht.
Sind Sie das?
Nein, aber unsere Kanzlei hat große Expertise in diesem Gebiet, weil wir uns schon seit langer Zeit mit diesen Themen beschäftigen. Seit Frühjahr 2021 befassen wir uns mit Corona-Impfschäden, wir haben schon vorher Menschen beraten, die unter den Folgen von anderen Impfungen gelitten haben. Aber das war im Umfang nicht vergleichbar.
Wie kann man nachweisen, dass eine Impfung der Auslöser von Beschwerden ist und nicht etwas anderes?
Es handelt sich um eine sogenannte Ausschlussdiagnostik. Man schließt mögliche Faktoren, die zu der Erkrankung führen aus, bis eine oder mehreren Ursachen übrig bleiben. Es reicht, dass eine Impfung mitursächlich für Impfschäden war. Es geht nicht um einen Vollbeweis, die Wahrscheinlichkeit reicht aus. Denn damit dreht sich die Beweislast – der Hersteller muss beweisen, dass sein Impfstoff nicht die Ursache für die gesundheitlichen Schäden ist.
Sie gehen gegen die Hersteller vor, nicht etwa gegen den Staat, die Behörde, die geimpft hat, oder die Stelle, die die Impfstoffe zugelassen hat?
Wir verhandeln mit den Herstellern und sind in erster Linie außergerichtlich tätig. Wir haben auch einige Klagen angestrengt. Am weitesten fortgeschritten ist eine Klage am Landgericht Köln gegen Astra-Zeneca. Dort ist aufgrund der Schriftsätze – unserer Klage und der Klageerwiderung der Gegenseite – ein Beweisbeschluss gefallen, das heißt, wir steigen in die Beweisaufnahme ein. Ein gerichtlicher Sachverständiger ist benannt worden. Davor fürchten sich die Hersteller, deshalb könnte es auch in diesem Fall noch zu einem Vergleich kommen.
Sie streben Vergleiche an?
Richtig. Wir bemühen uns um finanzielle Entschädigungen, das ist uns in einigen Fällen auch schon gelungen. Details dürfen wir nicht preisgeben. Ein Vergleich ist ein Zugeständnis, dass es zu Nebenwirkungen kommen kann. Inzwischen hat sogar Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach eingeräumt, dass das sogenannte Post-Vac-Syndrom besser erforscht werden muss, und ihn nehme ich als Impffanatiker wahr.
Was meinen Sie damit?
Es gibt Impfgegner, Impffanatiker und neutrale Menschen wie mich. Impffanatiker tun so, als gäbe es keine Risiken und keine Nebenwirkungen. Lauterbach hat die Impfung als praktisch nebenwirkungsfrei bezeichnet. Das ist falsch.
Kann nicht jede Impfung schlimmstenfalls Nebenwirkungen haben, wie es auch bei Medikamenten der Fall ist?
Sicher. Da stellt auch niemand infrage. Aber das darf nicht verschwiegen oder schöngeredet werden. Die Impfung darf nicht aus politischen Gründen als kleiner Piks verharmlost werden, auf Nebenwirkungen muss hingewiesen werden. Juristisch gesehen hätten die Hersteller widersprechen und richtigstellen müssen, dass die Politik über ihr Medikament unrichtig oder zumindest unvollständig informiert.
Wer sich impfen lässt, bekommt ein Aufklärungsblatt, auf dem von Impfkomplikationen die Rede ist. Übernimmt man damit nicht selbst die Verantwortung?
Wenn die Hersteller wissen, dass erhebliche Risiken bestehen, selbst wenn das nur für einen kleinen Teil derjenigen zutreffen sollte, die sich impfen lassen, können sie das nicht ins Kleingedruckte verdrängen. Darauf muss man klar, gezielt und unmissverständlich hinweisen. Viele Menschen lesen sich die Unterlagen nicht richtig durch oder verstehen sie nicht. Außerdem sind sie von der Politik vorinformiert, dass eine Corona-Impfung keine große Sache ist. Das beeinflusst die Haltung zur Impfung enorm.
Es gibt zusätzliche Aufklärungsgespräche mit Medizinerinnen und Medizinern.
Das mag in Ihrem Fall so gewesen sein, aber das ist nicht immer und überall so. Es kommt auf den Einzelfall an, und das macht die Sache auch so kompliziert. Es kann keine gemeinsamen Klagen geben. Wir betrachten jeden Fall für sich. Jeder Fall muss für sich von Grund auf erarbeitet werden.
Gehen Sie auch gegen Mediziner vor, die ihre Patienten nicht ausreichend aufgeklärt haben?
Ja, auch das tun wir. Es gibt auch Mandanten, die etwa im Altersheim so flott geimpft worden sind, dass sie gar keine Chance hatten, sich zu entscheiden und die Impfung zu verweigern. Die Impfung war ein Politikum.
Warum haben Hersteller nicht eingegriffen und das Bundesgesundheitsministerium oder in der Öffentlichkeit darauf hingewiesen, dass es gewisse Risiken gibt?
Milliarden sind mit den Impfstoffen verdient worden. Es heißt, Biontech habe allein im vergangenen Jahr rund elf Milliarden Euro Gewinn gemacht. Pfizer habe etwa 22 Milliarden Euro Gewinn bilanziert, und Moderna zehn Milliarden Euro. Die Hersteller sind nicht bereit, Patente freizugeben, damit ärmere Nationen sich versorgen können. Da ist so viel Geld im Spiel, das korrumpiert. Ich vermute, dass unterschätzt worden ist, dass es Anwälte wie mich gibt, die der Sache auf den Grund gehen und ihren Mandanten zu ihrem Recht verhelfen. Und dabei geht es nicht allein um eine finanzielle Entschädigung, sondern auch um Respekt.
Inwiefern?
Sie ahnen gar nicht, was unsere Mandantinnen und Mandanten uns schildern: dass sie als Impfgegner bezeichnet wurden, dass ihre Beschwerden als psychosomatisch abgetan und sie zum Neurologen geschickt worden sind. Das bringt mich am meisten auf die Palme. Meine Mandanten sind keine Impfgegner oder Corona-Leugner, sie haben sich alle impfen lassen, im besten Glauben, dass sie damit ihre Gesundheit bestmöglich schützen.
Sie haben in einem Interview gesagt, die Regierung handele „unfair und unmoralisch“. Können Sie das bitte erläutern?
Auf der einen Seite wurde sehr viel Druck ausgeübt, damit man sich impfen lässt. Auf der anderen Seite lässt man die im Stich, denen die Impfung geschadet hat. Selbst wenn es angeblich nur sehr wenige gibt, die dazu zählen, muss man ihnen helfen, statt ihnen jegliche Unterstützung zu verweigern und ihre Beschwerden als Konzentrationsstörungen abzutun. Das bezeichne ich als unmoralisch.
Sie sagen angeblich – nach den Zahlen Paul-Ehrlich-Instituts und des Bundesgesundheitsministeriums werden bei einer von 5000 Impfdosen Verdachtsfälle von schweren Nebenwirkungen gemeldet.
Wie groß der Anteil wirklich ist, das weiß niemand. Manche Betroffene melden sich vielleicht nicht, bei anderen klingen die Beschwerden irgendwann ab. Aber es kommt auch nicht auf die Vielzahl der Fälle an, sondern auf jeden Einzelnen, der zu leiden hat und Angst hat, nie wieder auf die Beine zu kommen oder seiner Arbeit nie mehr nachgehen zu können.
Bei Corona-Infizierten sieht es ganz ähnlich aus – Long-Covid-Patienten haben dieselben Sorgen. Auch von ihnen klagen manche auf Schadensersatz, beispielsweise gegen die Republik Österreich, weil sie sich in Ischgl angesteckt haben.
Viele Menschen haben große Probleme und Sorgen, weil sie sich infiziert haben, keine Frage. Es spricht auch nichts dagegen, dass man sich freiwillig und gut aufgeklärt impfen lässt. Wichtig ist, dass die Risiken – ob zur Impfung oder zu Infektion – klar benannt werden und die Bürger frei entscheiden können, ob sie sie eingehen wollen oder nicht.
Menschen, die erkranken und nicht mehr arbeiten können, wenden sich an das Versorgungsamt. Werden Corona-Impfschäden dort als entschädigungswürdig anerkannt?
Unter meinen Mandantinnen und Mandanten ist bislang nicht eine Anerkennung zu verzeichnen. In Hessen, wo wir sitzen, und in Berlin gibt es meines Wissens noch nicht einen Fall, der von den staatlichen Versorgungsämtern anerkannt worden ist. In Bayern und Nordrhein-Westfalen sieht es etwas anders aus, aber wir reden von Fällen im Promillebereich. Das ist immerhin eine Anerkennung, auch wenn eine monatliche Rente in Höhe von 154 Euro lächerlich und in meinen Augen ein Skandal ist.
Sie selbst sind ebenfalls geimpft.
Ja, auch ich bin kein Impfgegner. Ich will über Chancen und Risiken gut und umfassend aufgeklärt werden. Das kann man doch wohl erwarten. Und ich lasse mich nicht mit einem Vakzin impfen, das nicht gegen die Virusvariante wirkt, die gerade im Umlauf ist.