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Zölle auf Stahl und Aluminium Trump zeigt Einsehen: EU von erhöhten Zöllen ausgenommen

Die EU-Staaten sollen neben sechs weiteren Ländern von den geplanten Schutzzöllen der Amerikaner auf Stahl- und Aluminiumeinfuhren ausgenommen werden. Zu welchen Bedingungen dies geschieht, ist jedoch unklar.
22.03.2018, 21:53 Uhr
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Von Thorsten Knuf

Der drohende Handelskrieg zwischen Europa und den USA ist bis auf Weiteres abgewendet. Wie der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer am Donnerstag mitteilte, sollen die EU-Staaten sowie sechs weitere Länder zunächst von den geplanten Schutzzöllen der Amerikaner auf Stahl- und Aluminiumeinfuhren ausgenommen werden. Mexiko und Kanada hatte Trump ohnehin für die Zeit der Nachverhandlungen zum Freihandelsabkommen Nafta ausgenommen. Nun kommen neben den Europäern Australien, Argentinien, Brasilien und Südkorea hinzu, wie Lighthizer im Finanzausschuss des US-Senats bekannt gab. Gegenüber China verschärfen die USA aber die Gangart.

Frühlingsgipfel in Brüssel

Die US-Seite hatte in den vergangenen Tagen bereits angedeutet, dass sie die Europäer von den Zöllen ausnehmen könnte. Zu welchen Bedingungen dies geschieht, ist bisher unklar. Offen ist auch, wie lange diese Ausnahmen gelten. Die Staats- und Regierungschefs der EU kamen am Donnerstagnachmittag in Brüssel zu ihrem Frühlingsgipfel zusammen, die Handelspolitik und der Stahlstreit mit den USA standen weit oben auf der Tagesordnung. Die EU wäre notfalls auch bereit, ihrerseits zusätzliche Abgaben auf US-Einfuhren zu erheben, um die amerikanischen Zölle zu kontern. „Es ist gut, dass Europa sich einheitlich positioniert hat. Auch bei Freihandel und gegen Protektionismus“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei ihrer Ankunft in Brüssel.

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Die USA wollen ab diesen Freitag Stahl-Einfuhren mit einem zusätzlichen Zoll in Höhe von 25 Prozent belegen, bei Aluminium wird ein Aufschlag von zehn Prozent fällig. In den vergangenen Tagen hatten sich EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in Washington darum bemüht, Ausnahmen für europäische Exporteure zu erreichen. Was die Europäer der Trump-Regierung in Aussicht stellten, um sie von ihrer harten Haltung abzubringen, ist nicht bekannt. Am liebsten wäre es der EU, wenn die gegenwärtige Krise dazu führen würde, dass die Arbeiten an einem umfassenden transatlantischen Handelsabkommen wieder aufgenommen werden. Dies könnte Zollsenkungen auf breiter Front und auf beiden Seiten ermöglichen. Die Arbeiten an diesem Abkommen liegen seit dem Amtsantritt von Präsident Trump vor etwas mehr als einem Jahr auf Eis, auch vorher hatte es allerdings kaum Fortschritte gegeben.

Vehemente Freihandelsgegner

Trump und weitere Mitglieder der US-Regierung sind vehemente Freihandelsgegner. Sie glauben, mit einer Abschottung der amerikanischen Märkte verloren gegangene Industriejobs zurückholen zu können. Offiziell begründet die US-Regierung die geplanten Schutzzölle damit, dass die Einfuhren von Stahl und Aluminium den Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten entgegenlaufen. Das eigentliche Problem sind aber die gigantischen Überkapazitäten in der Branche, insbesondere in China.

Die angekündigten Zölle auf Stahl und Aluminium werden nur der erste Schritt sein. Trump plant auch, im großen Stil Importe aller Art aus China einzuschränken. Am Donnerstag unterzeichnete der Präsident ein Dekret, das Zölle und andere Maßnahmen mit einem Volumen von 60 Milliarden Dollar vorsieht. Der Handelsbeauftragte Lighthizer soll die Details binnen zwei Monaten ausarbeiten. Trump sagte, er wolle das amerikanische Handelsdefizit gegenüber China auf einen Schlag um 100 Milliarden Dollar reduzieren. Man sei mit den Chinesen im Gespräch, schaffe jetzt aber Fakten. Die Zeiten seien vorbei, in denen China auf Kosten der USA wirtschaftete.

Die Pekinger Regierung signalisierte bereits, dass sie zu Gegenmaßnahmen bereit ist. Die übrigen Staaten der Welt müssten sich Washington entgegenstellen, hieß es in der parteinahen Zeitung „China Daily“. Die Trump-Regierung begründet ihre geplanten Schritte gegen China auch damit, dass dem Diebstahl geistigen Eigentums Einhalt geboten werden müsse.

Freier und fairer Handel

Die EU will die Abschottungspolitik der USA ihrerseits nutzen, um rund um den Globus Handelsabkommen abzuschließen. „Die EU steht zu einem offenen und regelbasierten, multinationalen Handelssystem mit der Welthandelsorganisation im Zentrum“, heißt es im Entwurf für die Abschlusserklärung des Brüsseler Gipfels. Ein freier und fairer Handel sei einer der mächtigsten Treiber für Wachstum, Jobs und Wohlstand. Die EU ist der größte Wirtschaftsblock der Welt. Fertige Freihandelsabkommen, die aber noch nicht unterzeichnet sind, gibt es gegenwärtig mit Japan und Singapur. Das Ceta-Abkommen mit Kanada ist noch nicht überall ratifiziert, aber ebenfalls ausgehandelt. Gespräche laufen mit Mexiko und dem südamerikanischen Wirtschaftsbund Mercosur.

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Nach Giftanschlag bekräftigt Brüssel Solidarität mit London

Der Giftanschlag auf den ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter in Salisbury Anfang März ist auch Thema beim EU-Gipfel in Brüssel. Großbritannien beschuldigt Russland, dahinter zu stehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel bekräftigte ihre "Solidarität und Unterstützung" mit London. Es sei gut, dass die Stoffe, die bei der Attacke auf Skripal zum Einsatz kamen, nun von den Chemiewaffenbehörden untersucht werden könnten, sagte sie am Donnerstag. Die EU hat von Russland lückenlose Aufklärung des Anschlags verlangt. Auch weitere Sanktionen sind im Gespräch, stehen aber nach Angaben von EU-Diplomaten jetzt nicht zur Entscheidung an. Der Entwurf der Schlusserklärung zum EU-Gipfel vermied scharfe Anschuldigen an die Adresse Moskaus. Doch hieß es darin: Der Europäische Rat "nimmt die Einschätzung der Regierung des Vereinigten Königreichs, wonach es sehr wahrscheinlich ist, dass die Russische Föderation dafür verantwortlich ist, äußerst ernst". Man werde sich darüber abstimmen, "welche Konsequenzen in Anbetracht der Antworten der russischen Behörden zu ziehen sind".

Die EU-Staats- und Regierungschefs ernannten zudem den bisherigen spanischen Wirtschaftsminister Luis de Guindos zum Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB). Der Vizeposten bei der EZB wird Ende Mai frei, weil der aktuelle Amtsinhaber – der Portugiese Vítor Constâncio – planmäßig ausscheidet. Die Personalie ist für Deutschland bedeutsam, weil die Nationalität des neuen EZB-Vizechefs Auswirkungen auf die Nationalität des neuen EZB-Präsidenten haben dürfte. Mit einem Südländer als Vize dürfte ein Vertreter aus dem nördlichen Europa im Herbst 2019 auf den italienischen EZB-Präsidenten Mario Draghi folgen. Als heißer Kandidat gilt Bundesbankpräsident Jens Weidmann. (dpa)

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