Melania Trump verdient ein dickes Lob. Statt auf dem virtuellen Parteitag der Republikaner weiter an dem Netz aus Lügen, Übertreibungen und „alternativen Fakten“ zu stricken, verbeugte sich die First Lady vor der Realität. Und tat dabei etwas, wozu weder Donald Trump noch seine Gefolgsleute bisher in der Lage waren: Melania zeigte echte Anteilnahme für die Angehörigen der rund 177.000 Covid-Toten und die fast sechs Millionen Erkrankten der Pandemie.
Für sich genommen ist das nicht viel. Im Kontext der Wiederwahl-Kampagne Trumps hilft Melanias Auftritt dem Präsidenten, milder zu erscheinen. Die First-Lady ist eines der wenigen Pfunde, mit denen er wuchern kann. Das lässt sich über Außenminister Mike Pompeo kaum sagen. Dessen Auftritt auf dem Parteitag während einer „Dienstreise“ nach Jerusalem bricht mit dem Tabu, Staatsgeschäfte und Innenpolitik niemals miteinander zu vermischen.
Davon abgesehen, wie fragwürdig die Behauptungen über die angeblichen Erfolge Trumps im Mittleren Osten, in Nordkorea und gegenüber China auch sein mögen, erwies sich Pompeo mit seinem peinlich durchsichtigen Auftritt einen Bärendienst. Die Verletzung des Tabus durch den Außenminister richtete den Blick auch auf andere Regierungsmitglieder wie Chad Wolf, der für Trump eine Einbürgerungszeremonie im Weißen Haus veranstaltete. Es ist niemals eine gute Idee, Empfänger staatlicher Leistungen aus politischen Gründen ins Rampenlicht zu rücken. Deshalb bleibt nur zu hoffen, dass dieser Versuch von den Wählern richtig verstanden wird.