Der Abriss des ehemaligen Hertie-Warenhauses an der Langen Straße kommt in Gang. Die Öffentlichkeit und insbesondere die betroffenen Anlieger sind zu einer Bürgerinformationsveranstaltung eingeladen worden. Nur die FDP im Stadtrat hat noch Bedenken gegen den Rückbau des Betonklotzes: Da die Liberalen einen ihnen wohl bekannten Investoren bisher aber nicht genannt haben, kommt die von FDP-Fraktionschef vorgelegte Ideenskizze für eine Alternative zur Abrissbirne nicht einmal zur politischen Beratung auf die Tagesordnung im zuständigen Fachausschuss.
Stadtplanerin Julika Holz informierte den Fachausschuss für Planung, Bauen und Verkehr in der jüngsten Sitzung über den aktuellen Planungsstand. Nachdem in einer früheren Gremiensitzung ein Sachverständiger verschiedene Abrissszenarien vorgetragen hatte, solle nun die Variante, die die Beibehaltung des Kellergeschosses vorsieht, verfolgt werden. Die europaweite Ausschreibung sei gestartet, für Oktober rechnet die Verwaltung mit Angeboten, der Verwaltungsausschuss könne dann die Arbeiten vergeben. Start der Rückbauarbeiten könnte schon im Januar 2024 sein. Begonnen werde mit der Schadstoffsanierung.
Um die Anlieger und die interessierte Öffentlichkeit zu beteiligen, hat das Rathaus zu einer Bürgerinformationsveranstaltung in die Markthalle eingeladen. Die direkt betroffenen Hauseigentümer in unmittelbarer Nachbarschaft zum Hertie-Komplex seien bereits verständigt, sagte Holz. Die Markthalle sei für 200 Besucher ausgelegt, für die direkt Betroffenen seien Plätze fest reserviert. Zu der Bürgerveranstaltung will die Verwaltung die Ergebnisse der vorgenommenen Beweissicherung vorstellen. Informiert wird über die zu erwartenden Immissionen. Der Abbruch soll von der Rückseite des Gebäudes begonnen werden. Das Abbruchmaterial wird zum Teil benötigt, um den Keller zu beschweren, der dadurch davor bewahrt werden soll, durch den Grundwasserdruck hochgedrückt zu werden. Zu der Veranstaltung seien die beauftragten Fachbüros eingeladen. Holz versicherte, dass die Fragen zum Rückbau dadurch beantwortet werden könnten.
Tausende beim letzten Gang ins Hertie-Haus
Im April hatte die Verwaltung alle Interessierten zu einem letzten Tag der offenen Tür in die ehemalige Warenhausimmobilie eingeladen, Tausende hatten die Gelegenheit genutzt, einen letzten Blick auf Rolltreppen und die leergeräumte Verkaufsstätte zu werfen. Unter den Gästen sollen sich auch Fachleute befunden haben. FDP-Wirtschaftsexperte Thorsten Rosowski spricht davon, selbst mit zwei an einem Delmenhorster Engagement interessierten Investoren durchs Gebäude gegangen zu sein. In deren Augen würde sich anstatt eines Komplettabbruchs ein Gebäudeumbau lohnen. Murat Kalmis hatte in seiner Ideenskizze denn auch eine schnellere Umbauphase als einen Vorteil genannt, sonst drohten Jahre zu vergehen, bis ein Investor gefunden sei und eine Baugenehmigung erteilt werden könne. Der FDP-Vorschlag rechnet auch den Klimaschutz als einen Vorteil der Einbeziehung der Altbausubstanz ein. Bei einem Nicht-Abriss würden Emissionen eingespart und statt eines kompletten Neubaus könnten Baumaterialien, wertvoll werdender Sand und Beton eingespart werden. Die Fassade am Hertiebau könne entfernt werden und in den Skelettbau würden Öffnungen für Fenster eingeschlitzt werden.
Die Grünen unterstützen solche Ideen und sind selbst schon aktiv, beispielsweise ein Recycling von Bauteilen des abzureißenden Warenhauses zu denken. Grünen-Fraktionschefin Marianne Huismann denkt daran, dass die Hertie-Fassadenteile als Bauteile für einen Fahrradwegebau eingesetzt werden könnten. Auch ihr Fraktionskollege Stefan Brinkmann wünscht sich viel Klimaschutz beim Abriss und Neubau der ehemaligen Hertie-Immobilie. Er bedauert, dass vonseiten der FDP der Name eines angeblichen Investors nicht genannt werde. Erst dadurch wäre über eine Alternative zu diskutieren.
FDP-Parteichef Claus Hübscher fasst sich noch in großer Ruhe. Wenn die Verwaltung jetzt nicht auf die Anregungen seiner Partei einginge, sei noch nichts zu spät, der Zug in seinen Augen noch nicht abgefahren. "Warten wir doch die Ausschreibung für die Abbrucharbeiten ab, ob es überhaupt qualifizierte Bewerber gibt."