Der SV Atlas Delmenhorst spielte am vergangenen Freitag in der Fußball-Oberliga 1:1 beim Heeslinger SC. Vor ziemlich genau einem Jahr, am 9. September 2023, traten die Blau-Gelben ebenfalls im Heeslinger Waldstadion an und das Ergebnis war identisch. Damit hören die Gemeinsamkeiten aber auch schon auf. Dieses Mal lieferte die hitzige Partie nur sportlichen Gesprächsstoff. Vor einem Jahr sorgte dagegen das Geschehen am späteren Abend für Schlagzeilen. Atlas-Fans wurden nach ihrer Rückkehr aus Heeslingen in Delmenhorst von 20 bis 30 Vermummten attackiert. Wer die Täter waren, wird wohl ungeklärt bleiben. Wie die Staatsanwaltschaft Oldenburg jetzt auf Nachfrage mitteilte, ist das entsprechende Verfahren am 3. Juni 2024 eingestellt wurden, "weil trotz umfangreicher Ermittlungen kein Täter ermittelt werden konnte und keine weiteren Ermittlungsansätze bestanden".
Kurz nach dem Angriff richtete die Polizei Delmenhorst eine Ermittlungsgruppe ein, die den Fall aufklären sollte. Es gab ein Online-Portal, auf dem Videos von der Attacke hochgeladen werden konnten. Die Polizei befragte Zeugen und suchte auch noch einmal konkret nach drei Männern, die sich während des Vorfalls in der Nähe befunden haben sollen. Offenbar blieben alle Anstrengungen aber erfolglos.
"Block H" äußert sich nicht mehr
Die Vermummten attackierten damals einen Bus, den die Atlas-Fangruppierung "Block H" organisiert hatte. Nachdem das Fahrzeug auf einem Parkplatz am Hasporter Damm gehalten hatte, wurden die Fans nach Polizeiangaben beim Aussteigen geschlagen und getreten. Eine Frau verletzte sich bei dem Angriff am Arm und musste operiert werden. Ein Mann erlitt eine Kopfverletzung. Fünf weitere Atlas-Fans verletzten sich leicht. Laut Polizei zündeten die Angreifer Feuerwerkskörper und setzten Pfefferspray ein. Der "Block H" gab vor einem Jahr eine Erklärung ab, in der auch Schläge mit Glasflaschen geschildert wurden. Heute will sich die Fangruppierung nicht mehr zu dem Vorfall äußern. Man wolle die Angelegenheit nicht wieder aufkochen, hieß es auf Nachfrage.
Dass die Polizei keinerlei Tatverdächtige ermitteln konnte, stößt beim "Block H" auf Unverständnis, wie zu hören war. In ihrer ersten Erklärung schrieb die Fangruppierung bereits von einem "politisch motivierten Angriff". Die Polizei hat das bis heute nicht bestätigt. Hintergrund: Der "Block H" hat schon länger den Ruf, politisch rechts zu stehen. Die Gruppierung selbst bezeichnet sich als unpolitisch. Die Monate vor der Attacke auf die Atlas-Fans waren turbulent verlaufen. Nach dem DFB-Pokal-Spiel des SV Atlas gegen den FC St. Pauli (0:5) am 12. August kursierten in sozialen Netzwerken Bilder von zwei bekannten Köpfen der rechten Szene, die unter den Zuschauern im Delmenhorster Stadion gewesen sein sollen. Einer soll sich im Block H der Stadiontribüne aufgehalten haben, wo auch die gleichnamige Fangruppierung die Spiele verfolgt.
Die St. Pauli-Fans zeigten mit Sprechchören und einem Banner mit der Aufschrift "Euer einziger Kult sind eure Nazis – Atlas abschaffen" ihre Abneigung gegen die Delmenhorster Anhänger. Der SV Atlas betonte daraufhin, er stelle sich "ausdrücklich gegen jede Form von Rassismus und Extremismus". Das Banner der St. Pauli-Anhänger bezeichnete der Klub als "widerwärtig und aus unserer Sicht nicht zu rechtfertigen". Die Fans vom "Block H" fühlten sich zu Unrecht in die rechte Ecke gedrängt und beklagten sich in ihrer Mitteilung über "mediale Diffamierung". "Bei uns stehen der Fußball, die Leidenschaft und das Miteinander im Vordergrund", hieß es darin. Dass sie öffentlich mehrfach als rechts dargestellt wurden, könnte den Angriff auf sie ausgelöst haben, glauben die Fans.
Verhinderter Angriff in Bremen
Bereits im November 2022 wären die Anhänger vom "Block H" beinahe attackiert worden. Nach dem Regionalliga-Spiel des SV Atlas beim Bremer SV (2:4) seien etwa 40 Vermummte in der Nähe des Neustädter Bahnhofs auf Delmenhorster Fans zugestürmt, teilte die Polizei damals mit. Einsatzkräfte verhinderten ein Aufeinandertreffen der beiden Gruppen. Es gab Anzeigen wegen versuchten Landfriedensbruchs. Auch in diesem Fall gilt: Wer die Angreifer waren, ist nach wie vor unbekannt.
Die Fahrt der Delmenhorster nach Heeslingen am vergangenen Freitag, fast genau ein Jahr nach der Attacke, verlief nun ohne besondere Vorkommnisse. Die Fans vom "Block H" fuhren nicht mit dem Bus in die Samtgemeinde Zeven, sondern mit mehreren Autos. Das hatte aber nichts mit dem Angriff vom September 2023 zu tun, sondern organisatorische Gründe. Seit dem Vorfall hat der "Block H" schon diverse Busfahrten zu anderen Auswärtsspielen organisiert.
Ungute Erinnerungen weckte ausgerechnet am vergangenen Wochenende ein Angriff auf Fans des VfB Oldenburg, der sich ähnlich abspielte wie die Attacke auf die Atlas-Anhänger. Nach der Rückkehr von der Regionalliga-Partie beim SV Todesfelde (0:0) wurden die Fans in Oldenburg beim Aussteigen aus dem Bus attackiert. Es gab zwei Verletzte. Wer die Täter waren, scheint sich in diesem Fall aber abzuzeichnen. Wie das Portal "HL-Sports" berichtete, soll es sich bei den Angreifern um Anhänger des Oldenburger Rivalen VfB Lübeck gehandelt haben.