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Fußball-Regionalliga Wie Efkan Erdogan bei Atlas Delmenhorst plötzlich zum Abwehrchef wurde

Es ist noch nicht lange her, dass Efkan Erdogan im offensiven Mittelfeld Tore erzielte und vorbereitete. Inzwischen grätscht er beim SV Atlas Delmenhorst in der Abwehr die Bälle weg – und findet das super.
28.09.2022, 18:30 Uhr
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Wie Efkan Erdogan bei Atlas Delmenhorst plötzlich zum Abwehrchef wurde
Von Christoph Bähr

Efkan Erdogan saß auf dem Rasen, ballte beide Fäuste und brüllte seine Freude heraus. Es liefen die letzten Minuten im Fußball-Regionalliga-Spiel des SV Atlas Delmenhorst gegen Weiche Flensburg (2:2), und es sah so aus, als hätte der 25-Jährige gerade das Siegtor geschossen. Tatsächlich aber hatte Erdogan mit einer spektakulären Grätsche im eigenen Strafraum einen Gegentreffer verhindert. "Solch eine Aktion ist für mich als Abwehrspieler wie ein Tor für einen Stürmer. Also kann ich sie auch genauso bejubeln", sagt Erdogan.

Es sind bemerkenswerte Worte aus dem Mund eines Fußballers, der vor nicht allzu langer Zeit im offensiven Mittelfeld Tore schoss und vorbereitete. In dieser Saison bestritt Erdogan neun von zehn Spielen des SV Atlas – alle über 90 Minuten und alle als Innenverteidiger. Nicht nur weil er Grätschen abfeiert wie erzielte Tore, ist der gebürtige Bremer schon Abwehrspieler durch und durch. "Ich fühle mich hinten sehr wohl. Ich bin vielseitig einsetzbar, aber natürlich gibt es einige Positionen, die ich favorisiere, und die Rolle als Innenverteidiger gehört definitiv dazu", betont Erdogan, dessen Bruder Okan ebenfalls Innenverteidiger ist und beim türkischen Erstligisten Istanbulspor spielt.

Flexibilität als Fluch und Segen

Bevor er im Sommer 2021 nach Delmenhorst wechselte, lief Efkan Erdogan ein Jahr lang für den Regionalliga-Rivalen SV Drochtersen/Assel auf. "Dort war ich zum ersten Mal als Innenverteidiger eingeplant, doch die Saison wurde wegen Corona abgebrochen. Die Position ist also nicht ganz neu für mich", erzählt er. Das wussten sie auch beim SV Atlas: "Uns war klar, dass ,Efe' vielseitig einsetzbar ist. Diese Flexibilität ist eine Bereicherung für den Kader, kann aber auch zum Problem für den Spieler werden, wenn er keinen festen Platz findet", sagt der Sportliche Leiter Bastian Fuhrken und fügt hinzu: "Vor der Saison haben wir daher festgelegt, dass ,Efe' für die Innenverteidigung vorgesehen ist."

Die Entscheidung entpuppte sich als goldrichtig, zumal mit Abwehrchef Dominik Schmidt und Kristian Taag zwei Innenverteidiger für längere Zeit aufgrund von Knieverletzungen ausfallen. Erdogan, der einen Großteil der vergangenen Saison wegen eines Kreuzbandrisses verpasste, wurde also in der Abwehr dringend benötigt und macht seine Sache sehr gut. "Ich habe gerne das gesamte Feld vor mir und kann das Spiel lenken. Außerdem ist es einfach super, in der Defensive Zweikämpfe oder Kopfballduelle zu gewinnen", sagt Erdogan, der 1,79 Meter groß ist, aber über eine immense Sprungkraft verfügt.

Auf die Frage, ob er in Abwesenheit von Dominik Schmidt aktuell der Atlas-Abwehrchef sei, antwortet er nach kurzem Überlegen: "Ja." Mit Leo Weichert, der sein erstes Jahr im Herrenbereich spielt, und Raoul Cissé, der seine erste Regionalliga-Saison erlebt, stehen ihm zwei eher unerfahrene Innenverteidiger zur Seite. Erdogan: "Da muss ich vom Alter und von der Erfahrung her einfach vorweggehen und will das auch. Schließlich habe ich schon fünf Jahre in der Regionalliga gespielt. Ich nehme auch mal ein Gegentor auf meine Kappe, das gehört als Führungsspieler dazu."

Reflektiert und selbstkritisch

16 Treffer in zehn Partien hat der Tabellenachte Atlas bislang kassiert. "Ich finde, dass wir es als Abwehr insgesamt gut machen", sagt Erdogan, betont aber: "Die Zahl der Gegentore ist zu hoch, das muss besser werden. Natürlich müssen wir immer als Kollektiv verteidigen, doch wir als Verteidiger sind nun einmal hauptverantwortlich dafür, dass Gegentreffer verhindert werden." Erdogan, der in Oldenburg Sport und Mathe auf Lehramt studiert, spricht enorm reflektiert und selbstkritisch über Fußball. Zu seinen eigenen Leistungen sagt er: "Im Großen und Ganzen bin ich zufrieden, aber es waren auch ein paar Spiele dabei, in denen ich nicht so gut war. Gegen Drochtersen habe ich zum Beispiel vor einem Gegentor zu früh gegrätscht, den Gegenspieler angeschossen und dadurch den Ball verloren. Das darf mir nicht passieren."

Bei Atlas sind sie dennoch sehr zufrieden mit dem neuen Abwehrchef. "Er macht das gut, und das kommt für mich nicht überraschend", sagt Fuhrken. Zweifellos ist es auch Erdogans Verdienst, dass der Saisonstart der Blau-Gelben trotz des Ausfalls von Kapitän Schmidt gelungen ist. "Es ist positiv, dass wir auf einem einstelligen Tabellenplatz stehen. Sicherlich hätten wir noch ein paar Punkte mehr holen können, aber es ist erst die dritte Saison von Atlas in der Regionalliga. Da muss man den Ball auch etwas flach halten", betont Erdogan und blickt auf das kommende Wochenende voraus: "Gegen Lübeck und Lohne erwarten uns zwei super Spiele. Wir wollen natürlich beide gewinnen."

Dass er in diesen wichtigen Partien, anders als in früheren Zeiten, wahrscheinlich eher nicht als Torschütze oder Vorbereiter glänzen wird, stört Efkan Erdogan überhaupt nicht. Der 25-Jährige ist ein Teamplayer, gab vor der Saison auch die Rückennummer zehn an Zugang Mustafa Azadzoy ab und trägt nun die Nummer acht. Erdogan betont: "Wer die Tore schießt, ist egal, denn wir wollen als Kollektiv erfolgreich sein. Dafür ist es genauso wichtig, hinten Gegentore zu verhindern."

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Zur Sache

Zwei Atlas-Spiele stehen an

Der SV Atlas Delmenhorst tritt in der Regionalliga an diesem Freitagabend (20 Uhr) beim VfB Lübeck an. Karten für die Partie gibt es online unter vfb-luebeck.de im Ticketbereich oder an der Abendkasse des Stadions an der Lohmühle. Am kommenden Montag (15 Uhr) empfängt der SVA dann im Niedersachsenpokal-Viertelfinale den Ligarivalen Blau-Weiß Lohne an der Düsternortstraße. Karten gibt es im Vorverkauf bei Toyota Engelbart, in der Gaststätte Jan Harpstedt (beide Hasporter Damm), bei Intersport Strudthoff (Lange Straße) und im Sportzentrum Workout (Stedinger Straße). Die Dauerkarten gelten für das Pokalspiel nicht.

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