Dass sich der SV Atlas Delmenhorst mal wieder einen Platz auf der bundesweiten Fußballkarte gesichert hatte, wurde schnell deutlich. Einen Tag nach dem Sieg des Oberligisten im Niedersachsenpokal der Amateure kursierten in den sozialen Netzwerken bereits Deutschland-Karten mit allen DFB-Pokal-Teilnehmern der kommenden Saison, auf denen im Norden auch das blau-gelbe Atlas-Wappen prangte. Bastian Fuhrken wurde dann am Montag noch einmal vor Augen geführt, was sein Verein einmal mehr Großes erreicht hatte. Als der Atlas-Sportvorstand ins E-Mail-Postfach schaute, fand er dort schon eine Nachricht vom Deutschen Fußball-Bund mit organisatorischen Hinweisen zum DFB-Pokal. "Wir freuen uns riesig darauf und haben den Vorteil, dass wir inzwischen ungefähr wissen, was auf uns zukommt", sagt Fuhrken.
Seit der Neugründung im Jahr 2012 spielte der SV Atlas bereits zweimal im DFB-Pokal mit. 2019 verlor er vor 41.500 Zuschauern im Weserstadion mit 1:6 gegen Werder Bremen. 2023 sahen 4999 Menschen im heimischen Delmenhorster Stadion eine 0:5-Niederlage gegen den FC St. Pauli. Wie groß der Rahmen für den nächsten Pokalauftritt wird, hängt in erster Linie vom Gegner ab.
Natürlich wurde der Pokaltriumph beim SV Atlas erst einmal angemessen gefeiert. Am Abend nach dem Finale dauerte die Siegesfete in der Gaststätte "Jan Harpstedt" bis spät in die Nacht, einige zogen noch weiter in die Bremer Disco "La Viva". Am Sonntag wurde auf der Sommerwiese weitergefeiert. Inzwischen ist der Kater aber überwunden, und die Planungen für den DFB-Pokal laufen langsam an. Was die Teilnahme an dem Wettbewerb dem SV Atlas bringt, lässt sich schon ungefähr abschätzen.
Die möglichen Gegner: Die erste Pokalrunde wird am Sonntag, 15. Juni, ausgelost. Das ZDF überträgt die Zeremonie ab 17.15 Uhr. Die Kugel mit dem Atlas-Logo befindet sich dann im Amateur-Topf. Der Gegner kommt aus dem Profi-Topf mit den 18 Erstligisten sowie den besten 14 Zweitligisten der abgelaufenen Spielzeit. Bayern München, Borussia Dortmund oder Werder Bremen sind also ebenso mögliche Kontrahenten wie die SV Elversberg oder die SpVgg Greuther Fürth. Alle Delmenhorster hoffen auf einen großen Traditionsklub mit vielen Fans. Das ist auch bei Bastian Fuhrken der Fall, doch er hat ein spezielles Traumlos: "Natürlich würde ich mich auch riesig über Dortmund oder Schalke freuen, aber ich wünsche mir den 1. FC Kaiserslautern."
Der Grund dafür ist ein Gran-Canaria-Urlaub der Familie Fuhrken im Jahr 1998. Bastian Fuhrken trug dort ein Kaiserslautern-Trikot, als er in einem Café den Bayern-Stürmer Giovane Elber sah. Er holte sich ein Autogramm, machte ein Foto mit dem Brasilianer und plauderte ein bisschen mit ihm. Dabei traf Fuhrken eine gewagte Vorhersage: "Ich habe ihm gesagt, dass für die Bayern in diesem Jahr nichts geht, weil Lautern Meister wird." Tatsächlich holten die Lauterer mit Trainer Otto Rehhagel am Ende als Aufsteiger sensationell die Meisterschale. "Ich habe große Sympathien für Lautern und gucke auch immer, wie sie gespielt haben", sagt Fuhrken.
Die Pokalprämie: Was den DFB-Pokal für kleinere Vereine so attraktiv macht, ist die Prämienausschüttung. In der abgelaufenen Saison erhielt jeder Erstrundenteilnehmer rund 209.000 Euro aus dem Prämientopf, in der neuen Spielzeit dürfte die Summe in einem ähnlichen Bereich liegen.
Die Zusatzeinnahmen: Dank der üppigen Prämie spült der DFB-Pokal voraussichtlich einen ordentlichen sechsstelligen Betrag in die Atlas-Kasse. Auf große Einkaufstour gehen die Blau-Gelben deshalb aber nicht. "Wir wollen kein Geld zum Fenster rausschmeißen", betont Fuhrken. Nach zwei großen personellen Umbrüchen in den vergangenen beiden Jahren begannen die Delmenhorster mit der Personalplanung dieses Mal bewusst frühzeitig. "Unsere Mannschaft hat einen super Charakter, fast alle wollen bleiben", berichtet Fuhrken. 18 bis 19 Spieler des aktuellen Aufgebots sollen weiterhin in Delmenhorst spielen, zwölf Vertragsverlängerungen wurden bereits verkündet. Dazu sollen fünf bis sechs Zugänge kommen, von denen vier schon feststehen. Die Verpflichtung Sven Lameyers (VfL Oldenburg) ist bereits bekannt.
"Unsere Kaderplanung für die neue Saison ist fast schon durch. Wir sind da relativ entspannt", hält Fuhrken fest. Das zusätzliche Pokalgeld und den Reiz des DFB-Pokals benötigt Atlas also gar nicht mehr, um Spielern einen Wechsel nach Delmenhorst schmackhaft zu machen. Möglich sei nun aber, dass die Mannschaft nach zwei Jahren mal wieder mit neuer Kleidung ausgestattet werde, sagt Fuhrken. Dafür dürfte allerdings nur ein eher kleiner Teil der DFB-Pokal-Einnahmen benötigt werden.
Der Spielort: Sollte der SV Atlas auf einen großen Gegner treffen, müsste er eventuell wieder ins Weserstadion umziehen, was aber eine hohe Stadionmiete erfordern würde. Auch ein Ausweichen ins Oldenburger Marschwegstadion würde Kosten verursachen. Eine Rolle spielt bei der Wahl des Spielortes ebenfalls die Uhrzeit. Für die erste DFB-Pokalrunde ist das Wochenende vom 15. bis 18. August vorgesehen, es gibt viele verschiedene Anstoßzeiten. Ein Abendspiel bei Flutlicht wäre in Delmenhorst nicht möglich. Der Stadionhauptplatz soll zwar in diesem Jahr Flutlicht erhalten, doch ob der Bau bis zur Pokalpartie abgeschlossen wird, ist fraglich. Zudem erfüllt die geplante Lichtanlage nicht die hohen Anforderungen der TV-Sender.
Dass ein Heimspiel in Delmenhorst einen besonderen Charme hat, zeigte sich gegen St. Pauli. Mehr als 5000 Zuschauer erlaubte die Stadt Delmenhorst für diese Partie allerdings nicht, auch wenn der SV Atlas gerne eine höhere Kapazität gehabt hätte. "Wenn wir wieder in Delmenhorst spielen, müssen wir Gespräche über eine Erweiterung führen", kündigt Fuhrken bereits an. Es könne auch sinnvoll sein, ein Sicherheitsgutachten in Auftrag zu geben, um zu wissen, welche maximale Zuschauerzahl in dem alten Rund in Düsternort offiziell erlaubt sei.
Nach dem Spiel gegen St. Pauli blieb für Atlas aufgrund der begrenzten Kapazität, der Kosten für die Organisation und die Sicherheit sowie der Einnahmenteilung lediglich ein niedriger fünfstelliger Betrag übrig, wenn man die Pokalprämie außen vor lässt. "Natürlich könnte man den Gewinn erhöhen, indem man höhere Eintrittspreise verlangt, so wie es manch ein Verein im DFB-Pokal macht. Das wollen wir aber nicht, bei uns bleiben die Preis moderat", verspricht Fuhrken.