Nachdem im Frühjahr bekannt geworden ist, dass man die Fische aus der Ochtum derzeit besser nicht essen sollte (wir berichteten), hat das Verbraucherschutzministerium des Landes Niedersachsen nun eine erneute Verzehrwarnung ausgesprochen.
Demnach sollte auch weiterhin auf den Verzehr von Fischen aus dem Bereich Ochtum verzichtet werden. Grund sind die Belastungen der Fische mit Perfluoroctansulfonsäure (PFOS). Auch die Stadt Delmenhorst warnt noch einmal explizit davor, die Fische aus der Ochtum zu essen. „Die chemische Verbindung gilt als gesundheitsschädlich“, teilt die Stadtverwaltung mit.
Das Verbraucherschutzministerium hatte nach Bekanntwerden des Problems im Frühjahr das Institut für Fische und Fischereierzeugnisse (IFF) des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Cuxhaven mit entsprechenden Untersuchungen beauftragt. Seit Mai testete das Institut daraufhin 146 Flussfische aus den niedersächsischen Abschnitten der Ochtum auf ihren Gehalt an PFOS sowie Perfluoroctansäure (PFOA).
Beprobt wurden die vier Fischarten Aal, Brasse, Rotauge und Flussbarsch. Nun wurden erste Ergebnisse vorgelegt. Die Substanz war in allen Proben nachweisbar. Dabei gab es durchaus Unterschiede zwischen den Fangstellen und den Fischarten. Besonders hoch waren die Werte bei Proben aus der Nähe zur Grollander Ochtum, sie betrugen durchschnittlich 57,18 Mikrogramm pro Kilogramm Fleisch. Der Medianwert der beprobten Fische lag bei 11,22 Mikrogramm pro Kilogramm.
Für PFOS gibt es bislang noch keinen Grenzwert, allerdings jedoch einen von der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde neu herausgegebenen TWI-Wert (Tolerable Weekly Intake). Aus diesem ergibt sich ein Orientierungswert von 0,36 Mikrogramm pro Kilogramm Muskelfleisch, mehr ist als bedenklich anzusehen. „Da der ermittelte Medianwert aller Fische den Orientierungswert deutlich überschreitet, empfiehlt das Fachministerium, bis auf weiteres auf den Verzehr von Fischen aus dem Bereich zu verzichten“, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums.
Das dürfte vor allem für die Angler eine schlechte Nachricht sein. Auch der Delmenhorster Fischereiverein empfiehlt weiterhin seinen Mitgliedern, vom Fischfang jeglicher Art in der Ochtum derzeit abzusehen. „Fischen ist ja überhaupt nur für den Eigengebrauch zulässig“, erklärt Fischereiverein-Vorsitzender Detlef Roß. Nur zum Spaß zu fischen, ohne die Fische dann auch essen zu wollen, ist verboten.
Für den Verein könnte ein dauerhaftes Angel-Verbot in der Ochtum verheerend sein. „Es wäre natürlich fatal, wenn wir als Verein eines unserer wichtigsten Angelgewässer verlieren würden“, sagt Roß. Das könne in der Konsequenz bedeuten, dass viele Mitglieder austreten würden. Doch noch ist der Vorsitzende zuversichtlich. „Solange es nur eine Verzehrwarnung seitens des niedersächsischen Ministeriums gibt, ist noch nichts verloren“, betont er.
Denn die endgültigen Ergebnisse der Untersuchungen stehen noch aus. Erst Ende August werden diese erwartet, wie Roß erklärt. Erst dann wird sich zeigen, wie über das Angeln in der Ochtum entschieden wird, also ob es ein komplettes Angel-Verbot geben wird, weiterhin nur eine Verzehrwarnung oder ob diese sogar aufgehoben wird.
Der Fischereiverein-Vorsitzende sieht vor allem auch die Bremer in der Angelegenheit in der Pflicht. Denn die Chemikalie war durch Löschschaum, der bis vor etwa 15 Jahren auf dem Bremer Flughafen bei Löschübungen eingesetzt worden war, in den Boden des Flughafengeländes gesickert und schließlich durch das anfallende Drainagewasser über das Entwässerungssystem in die Grollander Ochtum gelangt.
„Das ganze Thema muss unter dem Verursacher-Prinzip betrachtet werden“, findet Roß. Sprich: Wer es einbringt, müsse es auch wieder rausholen. Der Vorsitzende wirft auch die Frage auf, was die Verunreinigung abgesehen von den Fischen für Folgen hat und was dagegen getan werden könnte: „Kommt PFOS nun auch im Boden und Sediment vor?“
Die Bremer planen derweil eine Sanierung der Verunreinigung auf dem Gelände des Flughafens, um eine weitere Ausbreitung der Chemikalie zu verhindern, wie aus einer Mitteilung auf der Homepage der Bremer Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz vom 24. Mai hervorgeht.
Dass mit der Sanierung noch nicht begonnen wurde, hängt demnach mit den noch geringen praktischen Erfahrungen mit der Sanierung von perfluorierten Chemikalien zusammen. „Die Planungen hierfür sind mit größter Sorgfalt durchzuführen“, heißt es. Die zuständigen Behörden und der Flughafen würden intensiv an der Umsetzung arbeiten. „Gemeinsames Ziel ist derzeit, noch in diesem Jahr mit dem ersten Teil der Grundwassersanierung zu beginnen.“
Perfluoroctansulfonsäure (PFOS)
gehört zu den perfluorierten Chemikalien. Diese finden laut Verbraucherschutzministerium häufig in der Industrie, in Verbraucherprodukten und auch in Löschschäumen Anwendung aufgrund ihrer technischen Eigenschaften. „Einmal in die Umwelt gelangt, können sie dort nur über sehr lange Zeiträume abgebaut werden“, heißt es seitens des Ministeriums. Außerdem sei PFOS ein bioakkumulierender Stoff, also etwas, das vom Organismus sehr schnell aufgenommen und nur schwer wieder ausgeschieden wird, wodurch er sich im Laufe der Zeit im Organismus anreichert.