Er hätte richtig steil gehen, auf dem Platz ein kleines Tänzchen machen und sich danach in den Interviews feiern lassen können – doch das ist nicht das Ding von Ole Werner, der nur sehr selten öffentlich aus sich herausgeht. Immerhin erkannte der Coach des SV Werder Bremen am Sonntagabend die historische Dimension des 1:0-Sieges beim FC Bayern München. Schließlich hatte Werder gegen den Rekordmeister seit 2008 in 32 Pflichtspielen (28 Mal Bundesliga, vier Mal DFB-Pokal) nicht mehr gewonnen, so etwas war noch keinem Bundesligisten widerfahren. „Es freut mich einfach für den ganzen Verein, für die Mannschaft, für die Spieler“, sagte Werner und gönnte sich ein kleines Lächeln. Eine andere Botschaft war ihm allerdings viel wichtiger – und die hat viel mit seiner Arbeit und durchaus auch mit der Kritik daran in den vergangenen Wochen zu tun.
„Es gibt nur noch wenige Spiele, bei denen man sagen könnte, dass nichts geht. Es war das schwierigste Auswärtsspiel der Saison, aber wir haben es gewonnen“, betonte Werner und forderte: „Es ist für uns eine Messlatte, an der wir uns orientieren können. Das sollte uns Selbstvertrauen geben und in dem Weg bestärken, den wir gehen. Wir haben von den letzten zehn Spielen nur zwei verloren. Zur Wahrheit gehört auch, dass wir nur drei gewonnen haben. Aber es zeigt trotzdem, dass wir mit der Art und Weise, wie wir arbeiten, erfolgreich sein können. Das heutige Spiel untermauert das.“
Aus dem Munde von Werner war das schon ein Statement – und längst nicht das einzige: „Man hat schon gegen Leipzig gesehen, als wir auch einige Ausfälle hatten, dass man sich auf die Jungs, die reinkommen, verlassen kann. Heute war das wieder so. Es ist überragend für uns als Mannschaft, zu wissen, dass wir, auch wenn jemand fehlt, trotzdem in der Lage sind, gute Spiele zu machen und zu gewinnen.“ Nach der peinlichen 1:3-Testspielpleite zu Jahresbeginn gegen Zweitligist Eintracht Braunschweig hatte der Coach noch die fehlende Tiefe des Kaders moniert und Neuzugänge gefordert, nun lobte er explizit sein komplettes Personal, obwohl in Julian Malatini erst ein Neuer dazugekommen ist.
Offenbar hat sich etwas verändert. Es wird weniger gehadert, sondern mehr geackert. Und im Vergleich zum spielerisch doch sehr dürftigem 1:1 beim VfL Bochum kommt neben einer stabilen Defensive nun auch der Schuss Kreativität dazu, der den Fußball zum Spaßerlebnis macht. Dass das ausgerechnet in Abwesenheit der gelbgesperrten Marvin Ducksch (29) und Leonardo Bittencourt (30) gelungen ist, gibt dem Ganzen eine besondere Note. Denn die für die Routiniers aufgebotenen und wesentlich jüngeren Nick Woltemade (21) und Romano Schmid (23) machten ihre Sache richtig gut, kombinierten sich immer mal wieder frech durch das Starensemble – unterstützt vom ebenfalls noch jungen Justin Njinmah (23).
Auch Senne Lynen (24) wusste bei seinem ersten Startelf-Einsatz sei drei Monaten als Sechser zu überzeugen. Das steigert den Konkurrenzkampf und sorgt jetzt schon für ein bisschen Spannung beim Gedanken an die Aufstellung im Heimspiel am Sonnabend gegen den SC Freiburg. „So weit bin ich noch nicht, da spielen dann vielleicht auch wieder andere Überlegungen eine Rolle“, würgte Werner dieses Thema allerdings ganz schnell ab.
Bayern kann Defensive nicht durchdringen
Denn nach dem ersten Auswärtssieg der Saison – und das auch noch ohne Gegentor beim lange Zeit allerdings etwas lethargisch wirkenden Rekordmeister – braucht es gerade keine neuen Baustellen. Mit 20 Punkten hat Werder nach 18 Spieltagen ein fettes Polster von neun Zählern auf die direkten Abstiegsplätze (Köln und Darmstadt). Der Abstand zum Relegationsplatz ist genauso groß, allerdings hat Mainz noch ein Spiel weniger absolviert. „Das war ein weiterer Schritt, um unser Ziel zu erreichen. Aber wichtig ist eben auch, dass wir diesen Schwung mitnehmen. Das wird kein Selbstläufer, das hat man heute gesehen. Man muss viel investieren, um Punkte zu holen. Den Weg müssen wir weitergehen“, forderte Clemens Fritz. Werders Leiter Profifußball hatte seinen Coach stets gestärkt und jede Trainerdiskussion schon im Keim erstickt.
Werner wirkte in der Vergangenheit dennoch sehr angespannt, zeitweise sogar leicht angeschlagen. Doch wie so oft in seiner Zeit bei Werder setzte er mit seiner Mannschaft ausgerechnet in einer schwierigen Lage ein deutliches Ausrufezeichen. Diesmal ging sein Plan mit dem 5-3-2-System voll auf. Das war zwar ziemlich defensiv und sah zuweilen aus wie bei der Handball-EM, doch Favorit Bayern fand eben kaum ein Durchkommen – und Werder stürmte regelmäßig überfallartig nach vorne, mit dem Siegtreffer des überragenden Mitchell Weiser nach knapp einer Stunde als Krönung.
Werner fühlte sich bestätigt in seiner Arbeit und ließ das auch durchklingen, natürlich nur in seiner sehr nüchternen Art. Romano Schmid fand da viel deutlichere Worte – auch für die Kritiker: „Ich kann nur sagen, dass wir auch in dieser Saison schon einige gute Spiele gemacht haben – auch gegen Top-Klubs. Jetzt ist es belohnt worden. Manche kritisieren Woche für Woche, aber ich denke, dass es dieses Mal nichts zu kritisieren gibt, wenn man gegen die Bayern gewinnt. Das ist natürlich auch schön.“