Der Wert sticht heraus, keine Frage. Ganz einfach, weil er perfekt ist, weil es besser nun mal nicht geht. Während des Heimspiels gegen den FC Bayern München (0:4) hat Senne Lynen am Freitagabend unglaubliche 100 Prozent seiner Pässe an den Mann gebracht, hat sich in dieser Hinsicht bei seinem Debüt im Trikot des SV Werder Bremen also keinen einzigen Fehler erlaubt. Womit der Neuzugang aus Belgien – und jetzt kommen wir zur kuriosen Stelle dieser Geschichte – aber gar nicht zufrieden ist.
„100 Prozent sind mir etwas zu hoch“, sagte Lynen in einer Medienrunde am Montag, „zwischen 80 und 90 Prozent sind besser für mein Spiel“. Die fragenden, leicht skeptischen Blicke aus der Journalisten-Runde nahm der 24-Jährige danach umgehend wahr und erklärte: „Wenn deine Passquote bei 100 Prozent liegt, hast du wahrscheinlich etwas zu sehr auf Sicherheit gesetzt. Für den Start war das gut, aber ich möchte in Zukunft hin und wieder etwas mehr Risiko gehen.“
Darauf hatte der defensive Mittelfeldspieler während des Bundesliga-Auftaktspiels noch komplett verzichtet, was angesichts der Stärke des Gegners absolut nachvollziehbar ist. Zudem muss er sich erst noch mit den Abläufen bei Werder vollständig vertraut machen. Da besinnt man sich zu Beginn eben vor allem darauf, keine Fehler zu begehen. Gegen die Bayern ist Lynen das ziemlich gut gelungen, auch wenn er im Nachgang mit einer Szene doch etwas hadert. Bayerns Jamal Musiala hatte er bei der Entstehung des frühen 0:1 im Mittelfeld nicht stoppen können. „Es war eine komische Situation, der Ball sprang hin und her wie beim Ping-Pong. Natürlich bin ich nicht glücklich mit der Szene, aber als großen Fehler sehe ich sie auch nicht“, sagte Lynen.
Nach dem Spiel hatte es von den neuen Kollegen und Vorgesetzten lobende Worte für den Belgier gegeben, der laut eigener Aussage gut in der Mannschaft angekommen ist und sich bei Werder schon sehr wohlfühlt. Für die vollständige sportliche Umstellung wird er aber wohl noch etwas Zeit brauchen. „Die Liga in Belgien ist sehr gut, das ist kein kleiner Wettbewerb. Aber in Deutschland ist schon alles noch schneller und intensiver“, sagte Lynen, der für eine Ablösesumme in Höhe von zwei Millionen Euro von Royale Union Saint Gilloise nach Bremen gewechselt war.
Dort hat er nun miterlebt, wie seine neue Mannschaft in den ersten zwei Pflichtspielen schon wieder sieben Gegentore kassiert hat, nachdem es in der abgelaufenen Bundesliga-Saison stolze 64 gewesen waren. Die Kritik an der Defensive, die sowohl medial als auch aus dem Team selbst heraus klar formuliert wurde, hat Senne Lynen natürlich mitbekommen. „Ich kann die Kritik verstehen, aber nicht, dass die nur die Defensive trifft. Das ist nicht in Ordnung“, sagte er – und hielt fest: „Selbst wenn es ein Klischee ist, aber wir sind eine Mannschaft und müssen es gemeinsam lösen.“
Nach Lynens ordentlichem Debüt gegen die Bayern spricht aktuell einiges dafür, dass er auch in den kommenden Wochen in der Startelf dabei mithelfen darf. „Ich sehe mich als einen Spieler, der für Stabilität auf dem Platz sorgt. Das versuche ich zu tun“, betonte er. Zur Not, wenn es gar nicht anders geht, dann eben auch mal mit einer perfekten Passquote von 100 Prozent.