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Werders Nachwuchsleiter Hüsing: „Mehr Bundesliga-Minuten aus eigenem Nachwuchs herausbringen“

Werder Bremens Nachwuchsleiter Hüsing spricht im Interview über die U19 und die Rolle des Nachwuchses im Verein.
01.06.2025, 16:39 Uhr
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Von Bjarne Voigt

Oliver Hüsing, vor anderthalb Wochen fand das Pokalfinale der U19 in Potsdam statt. Sie waren selbst vor Ort – Hand aufs Herz: Hat es bei Ihnen da nicht ein bisschen gekribbelt, selbst noch einmal auf dem Platz zu stehen?

Ja, total. Ich hatte wirklich den Gedanken: Wie schön wäre es, jetzt selbst im grün-weißen Trikot auf dem Rasen zu stehen. Es war insgesamt eine tolle Kulisse im Stadion – absolut würdig für den Rahmen. Es roch einfach nach echtem Fußball. Besser hätte es für die Jungs nicht laufen können. Das war für alle ein riesiges Erlebnis.

Das Spiel ging in die Verlängerung. Wie nervös waren Sie auf der Tribüne?

Normalerweise bin ich niemand, der seine Anspannung groß zeigt. Aber wenn ich ehrlich bin – ich bin schon ein paar Mal aus dem Sitz gegangen (lacht). Man fiebert natürlich mit, gerade weil man will, dass die eigenen Farben gewinnen.

Am Ende steht der Pokalsieg – der erste Titel seit 1999 in dieser Altersklasse. Zudem war die U19 im Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft. Was zeichnet diese Mannschaft Ihrer Meinung nach besonders aus?

Zuallererst: Es sind richtig tolle Jungs. Jeder stellt sich in den Dienst der Mannschaft und keiner stellt sein Ego über das Team – das ist nicht selbstverständlich. Genau deshalb konnten sie im Laufe der Saison immer wieder Widerstände überwinden und in vielen Spielen spät zurückkommen. Das ist eine echte Stärke. Auch im Pokalfinale war Karlsruhe lange die dominantere Mannschaft, aber die Jungs sind nicht eingebrochen. Sie sind sehr fit, was ein großes Kompliment an das Trainerteam rund um Cedric Makiadi ist. Und was am wichtigsten ist: Jeder einzelne bringt eine enorme fußballerische Qualität mit.

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Viele Fans hoffen jetzt natürlich, dass einige aus diesem Jahrgang auch in der Bundesliga für Werder spielen. Sie selbst haben den Sprung aus dem Jugendbereich in den Profibereich erlebt. Worauf kommt es dabei an?

Für mich sind es zwei Dinge: Zum einen braucht man natürlich die fußballerische Qualität. Und zum anderen ist es die Widerstandsfähigkeit gepaart mit einem hohen Maß an Eigenantrieb. Es geht darum, eine Haltung zu entwickeln, mit der man immer weitermacht – egal, was passiert. Ob man zurückliegt, der Trainer einen anderen Spieler bevorzugt oder eine Aktion misslingt, du musst dranbleiben, geduldig bleiben und an dich glauben.

Trauen Sie Spielern wie Karim Coulibaly, Patrice Covic oder Wesley Adeh diesen Schritt bei Werder auch schon zeitnah zu?

Den Schritt traue ich vielen Jungs aus dem Team definitiv zu. Ob das aber sofort passiert, kann ich nicht sagen. In dieser U19-Mannschaft sind einige Spieler, auch die genannten, die das Potenzial haben, den Sprung zu schaffen. Aber: Durch die Tür müssen die Jungs selbst gehen.

Was bedeutet dieser Titel nicht nur für die Spieler, sondern auch für den Verein?

Wir wollen die individuelle Entwicklung der Jungs fördern und gleichzeitig erfolgreich sein. Dabei ist es wichtig, dass wir als Verein mit jeder Faser zeigen: Wir wollen gewinnen! Deshalb bewirkt so ein Titel nicht nur viel bei den Spielern, sondern auch im gesamten Verein. Ich bin überzeugt: Man kann Gewinner auch ausbilden. Und damit meine ich nicht nur Erfolg im klassischen Sinne. Ein Gewinner ist für mich jemand, der auch nach Rückschlägen wieder aufsteht. Natürlich setzen Titel und Erfolge zusätzliche Energie frei, und dieser Pokalsieg ist eine große Motivation für die kommenden Jahre. Deshalb glaube ich auch, dass er nach außen eine positive Strahlkraft hat.

Kommen wir zu Ihnen persönlich: Wie würden Sie Ihre erste Saison als Funktionär bei Werder beschreiben?

Ich habe unglaublich viel gelernt und lerne auch jetzt noch jeden Tag dazu. Zu Beginn war die Umstellung wirklich groß, weil der Alltag als Mitarbeiter im Leistungszentrum ein völlig anderer ist als der eines Profifußballers. Man ist länger im Büro, hat viele Besprechungen. Ich wollte trotzdem meinen sportlichen Ausgleich im Alltag beibehalten, weil ich diesen einfach brauche, um neue Energie zu tanken. Insgesamt macht es mir aber sehr viel Spaß, weil wir bei Werder richtig gute und qualifizierte Leute haben – sowohl im LZ als auch im Profibereich.

Nach dem Weggang von Ralf Heskamp Ende des vergangenen Jahres wurden Sie schon nach wenigen Monaten zum organisatorischen Leiter des LZ an der Seite von Marc Dommer benannt. Hatten Sie mit so einer Beförderung so früh gerechnet?

Nein, das hatte ich so nicht erwartet. Ich bin im Sommer nicht mit dem Ziel angetreten, so schnell diese Rolle zu übernehmen. Aber im Fußball – und auch im Leben generell – spielt das Timing eben oft eine entscheidende Rolle. Durch die neue Funktion sind meine täglichen Aufgaben nochmal deutlich mehr geworden. Ich brauchte eine gewisse Zeit, um meine eigene Struktur zu finden. Aber das spielt sich inzwischen gut ein. Besonders das Zusammenspiel mit Marc macht großen Spaß, da er fachlich top und auch menschlich ein super Typ ist.

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Wie sieht Ihr Arbeitsalltag im LZ konkret aus?

Es geht vor allem um viele interne Abstimmungen, um den Laden am Laufen zu halten und gleichzeitig weiterzuentwickeln. Ich führe täglich Gespräche mit Mitarbeitern, der Profiabteilung, Eltern oder Beratern von Spielern. Dazu kommen vertragliche Themen – etwa Vertragsverlängerungen oder potenzielle Neuzugänge. Und natürlich gehört es auch dazu, Fußballspiele zu schauen – das darf nicht zu kurz kommen (lacht).

Wie würden Sie sich selbst als Chef beschreiben?

Schwierige Frage. Für mich ist wichtig, dass ich das vorlebe, was ich auch einfordere. Ich habe eine sehr ambitionierte Haltung – ich will, dass wir etwas erreichen, dass wir erfolgreich sind, den Verein und unsere Kultur voranbringen. Gleichzeitig ist es mir extrem wichtig, dass wir alle Freude an dem haben, was wir täglich tun. Diesen Mix versuche ich auszustrahlen und in meinem Führungsstil zu verankern.

Thomas Wolter hat in einem Gespräch gesagt, Sie seien das perfekte Vorbild für die jungen Spieler, weil Sie sich in Ihrer Karriere alles hart erarbeiten mussten.

Wenn ich mit Thomas gemeinsam unterwegs bin, kommt oft die Geschichte auf, wie ich als Kapitän der U19 zu ihm in die U23 kam – und er mich die ersten acht, neun Spiele nicht mal in den Kader genommen hat. Ich habe mich dann über die dritte Mannschaft in der Bremen-Liga zurückgekämpft, bin wieder in die Startelf der U23 gekommen und habe es später bis in die Bundesliga geschafft. Es geht also auch auf anderen Wegen – und das ist wichtig, dass die Jungs das verstehen. Es ist nicht immer nur der in der Startelf, der es am Ende schafft.

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Wie wichtig ist für Ihre zukünftige Arbeit der Ausbau und Neubau des Leistungszentrums?

Das ist natürlich ein starkes Zeichen des Vereins. Gemeinsam mit unseren Partnern wird viel Geld in die Hand genommen – das zeigt ganz klar: Werder setzt auf Jugend und Nachwuchs. Für uns ist das aber auch ein Arbeitsauftrag. Es geht darum, die Jungs bestmöglich auszubilden und aus jedem Einzelnen die größtmögliche Qualität herauszuholen. Für die Entwicklung der Spieler sind moderne, professionelle Bedingungen extrem hilfreich. Aber mir ist auch wichtig zu betonen: Das allein reicht nicht. Haltung und Kultur sind für mich immer wichtiger als der beste Kraftraum oder die größte Kabine. Natürlich wird alles modern – aber es wird bewusst kein übertriebener Luxus. Denn ich finde: Gerade im jungen Alter ist es gut, nicht alles zu haben. Man soll gierig bleiben und mehr wollen.

Nochmal zu Ihnen persönlich: Wie sehen Ihre nächsten beruflichen Ziele aus?

Im Moment geht es für mich darum, in meiner aktuellen Rolle alles dafür zu tun, dass wir uns im LZ tagtäglich weiterentwickeln. Da läuft schon vieles gut – aber es gibt auch noch einige Bereiche, in denen wir besser werden können. Darauf liegt mein voller Fokus. Langfristig würde es mich natürlich reizen, irgendwann einmal eine ähnliche Rolle im Profifußball zu übernehmen.

Am liebsten bei Werder?

Natürlich – das ist mein Verein.

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Wie würden Sie abschließend die bisherige Durchlässigkeit vom Nachwuchs zu den Profis im letzten Jahr beschreiben?

Unsere große Stärke als Verein ist, dass wir kurze Wege haben – sowohl in den Büros im Weserstadion als auch draußen auf den Trainingsplätzen. Wir sitzen regelmäßig zusammen, tauschen uns aus. Und mit Björn Schierenbeck haben wir einen Top-Talente-Manager, der sich gezielt um die Jungs kümmert, die kurz vor dem Sprung zu den Profis stehen. Das ist ein großer Mehrwert. Trotzdem ist uns allen klar: Wir müssen es schaffen, noch mehr Bundesliga-Minuten aus dem eigenen Nachwuchs herauszubringen. Unser Ziel ist es, die Spieler so auszubilden, dass man im Profibereich gar nicht mehr an ihnen vorbeikommt.

Die U19 hat gerade mit dem Pokalsieg für Schlagzeilen gesorgt. Welche Headline würden Sie in einem Jahr gerne über Werders Nachwuchs lesen?

Dass es reichlich Bundesliga-Minuten aus dem eigenen Stall gegeben hat und die nächsten Talente schon auf dem Sprung sind.

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