So langweilig die Vorbereitung bisweilen war, so turbulent geht es nun beim SV Werder Bremen zu – und das nicht nur auf dem Platz: Nachdem die beiden Profis Marco Friedl und Marvin Ducksch nach dem 0:0 gegen Borussia Dortmund öffentlich Kritik an der Transferpolitik und an Trainer Ole Werner geäußert hatten, mussten sie zum Rapport bei Clemens Fritz. Der Sportchef ist sauer. Er hat dem Duo eine ordentliche Ansage gemacht – und wiederholt diese nun auch im Gespräch mit der Deichstube.
„Ich kann das nicht nachvollziehen: Wir machen ein Topspiel gegen Borussia Dortmund und verbreiten danach eine Stimmung, als hätten wir vier, fünf Stück bekommen. Das ärgert mich“, erklärt Fritz und wundert sich: „Nach einer so starken Leistung - gegen einen Champions-League-Finalisten wohlgemerkt - musst du doch mit einem guten Gefühl in die Länderspielpause gehen. Wir haben saisonübergreifend acht Spiele nicht mehr verloren und haben in den ersten drei Pflichtspielen gute Leistungen gezeigt. Aber wir sprechen nur über Kritik an Wechseln, Transfers und fehlender Hilfestellung des Trainers.“
In der Tat herrschte am Sonnabend bei Werder der große Frust. Spieler, Trainer und Fans wurmte die verpasste Chance, die 20-minütige Überzahl nach dem Platzverweis von Nico Schlotterbeck nicht für einen Sieg genutzt zu haben. „Wir hatten nicht viele Ideen und wussten auf dem Platz nicht so richtig, was wir jetzt machen müssen. Wir Spieler sind normalerweise in der Verantwortung, dass wir das selbst hinkriegen, aber auch von draußen müssen wir das mehr kommunizieren“, hatte Friedl seinen Coach in die Kritik einbezogen. „Ole Werner hat im Spiel nach dem Platzverweis sehr wohl auf die Mannschaft eingewirkt. Wir haben aber nicht mehr die Räume so gut besetzt, hatten keine Staffelungen, sind nicht angedribbelt, sondern haben die Brechstange herausgeholt. Das hätten wir sicherlich besser umsetzen können“, stellt Fritz klar – und nicht nur das: „Wenn jemand damit ein Problem hat, dann kann er das intern ansprechen, aber nicht extern. Der Trainer stellt sich immer vor die Mannschaft, da geht es überhaupt nicht, dass sich Spieler öffentlich so äußern. Darüber haben wir auch sehr deutlich mit Marco Friedl gesprochen.“ Eine klare Ansage also an den Kapitän.
Doch Fritz war damit längst noch nicht fertig. Das Thema Transfers nervte ihn mindestens genauso. Sowohl Friedl als auch Ducksch hatten den aus ihrer Sicht zu kleinen Kader moniert und ihren bereits mehrfach geäußerten Wunsch nach Neuzugängen erneuert. „Es ist nicht die Aufgabe der Spieler, öffentlich nach neuen Spielern zu rufen“, sagt Fritz und macht dann ganz deutlich: „Wir haben keinen Leistungsträger verloren, es ist jede Position doppelt besetzt, wir haben einen gesunden Konkurrenzkampf. Gleichzeitig haben wir Spieler, die ein Problem damit haben, ausgewechselt zu werden.“ Wer damit gemeint ist, steht außer Frage: Ducksch. Der war mit seiner Herausnahme in der 90. Minute überhaupt nicht einverstanden gewesen und hatte sich mutigere Wechsel seines Trainers in Überzahl gewünscht – eben nicht nur Stürmer für Stürmer, sondern Stürmer für Mittelfeldspieler.
„Das ist aber ganz allein die Entscheidung des Trainers, der sich darüber genügend Gedanken macht“, stärkt Fritz seinem Coach Werner ausdrücklich den Rücken, um dann klarzumachen: „Es geht als Spieler nicht, sich anschließend hinzustellen und die eigenen Ideen über Auswechslungen zu verbreiten. Bei allen Emotionen musst du auch direkt nach dem Spiel Profi genug sein, um deinen Frust runterzuschlucken. So etwas wollen wir nicht mehr sehen und nicht mehr hören, das haben wir Duckschi auch ganz klar so gesagt.“ Die nächste klare Ansage an Ducksch, dem absoluten Stammspieler im Sturm in den vergangenen Jahren.
Fritz verfolgt vor allem ein Ziel: Er will, dass Werder wieder eine Einheit ist. In den vergangenen Wochen war der Eindruck entstanden, als hätten sich die Beteiligten etwas auseinandergelebt. Das Vorhaben, auf den Kader der Vorsaison zu setzen, um davon spielerisch und menschlich zu profitieren, schien in Gefahr. Friedl hatte nach dem Trainingslager ungewohnt offen angemerkt, dass die Arbeit im Zillertal nur abgespult worden sei: „Wir haben gemacht, um zu machen.“ Schon diese Worte waren bei Fritz sauer aufgestoßen. „Wir können nur über die Gemeinschaft kommen, um erfolgreich zu sein. Für Einzelinteressen ist kein Platz. Das muss jedem klar sein“, betont der Sportchef deshalb noch einmal ausdrücklich. Er mag es gar nicht, dass die ganz offensichtlich vorhandenen Unstimmigkeiten öffentlich ausgetragen werden. Wozu er nun natürlich auch selbst beiträgt. Als Verantwortlicher will er den Schlusspunkt setzen: „Wir haben kein Problem miteinander. Die Dinge wurden klar besprochen und geklärt. Das Thema ist damit erledigt, wir blicken jetzt positiv in die Zukunft.“ Ob das alle so sehen und sich entsprechend verhalten, werden die nächsten Wochen zeigen.