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Werder-Kolumne Und wohin jetzt mit Naby Keita?

Die Verpflichtung von Naby Keita sorgte für Aufsehen, doch bisher fällt er nur durch Fehlzeiten auf. Wird der Mittelfeldspieler seine alte Form wiederfinden? Die Lage ist kompliziert, meint Jean-Julien Beer.
13.02.2024, 06:14 Uhr
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Und wohin jetzt mit Naby Keita?
Von Jean-Julien Beer

Das Beste an der Verpflichtung von Naby Keita sind aus Werder-Sicht bisher die Trikotverkäufe. Der aus Liverpool gekommene Neuzugang hatte in Bremen noch nicht gegen den Ball getreten, da war sein Trikot mit der Nummer 18 schon der Renner. Von den aktuellen Spielern konnte da nur Marvin Ducksch mithalten. Ob Männer, Frauen und vor allem viele Kinder: Man sieht sie immer noch bei den Heimspielen, die Besitzer von Keita-Trikots. Was man nicht sieht, ist ein Keita, der gegen den Ball tritt.

Wie lange es schon her ist, dass der technisch begnadete Mittelfeldspieler für Werder auf dem Feld stand, ruft der Spielplan gerade in Erinnerung. Die nächsten drei Gegner waren genau die drei, gegen die Keita in der Hinrunde mitwirkte: Köln (da spielte er eine Minute), Darmstadt (21 Minuten) und Hoffenheim (59 sehr schwache Minuten). In diesem letzten Spiel verletzte er sich bei seiner einzigen schnellen Bewegung am Oberschenkel. Das Comeback gestaltete sich schwierig: Im Dezember stand er zwar für drei Spiele im Kader – Trainer Ole Werner wollte das Wagnis aber nicht noch mal eingehen und ließ Keita komplett draußen. Immerhin konnte er im Winter beim Afrika-Cup mitwirken, beim Ausscheiden Guineas im Viertelfinale sogar über wundersame 90 Minuten. Zurück in Bremen saß er gegen Heidenheim wieder komplett draußen.

Gewöhnlich dominieren Spieler mit Keitas Klasse zahlreiche Statistiken. Das war bei ihm vor Jahren auch so. Längst aber sind es die Fehlzeiten, die rekordverdächtig wirken. In fünf Jahren beim FC Liverpool kam Keita auf 630 Fehltage, davon 92 Tage am Stück und einmal 60 wegen Oberschenkelproblemen. In Bremen kommt er schon auf 119 Tage, die er verletzt oder krank nicht zur Verfügung stand. Ein komplettes Spiel im Verein machte er zuletzt am 17. Januar 2023 für Liverpool im FA-Cup. In einem Ligaspiel ist das noch viel länger her: Da sahen ihn die Fans zuletzt im Mai 2022 für 90 Minuten am Ball, Liverpool gewann 2:1 bei Aston Villa.

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Verletzungsprobleme hatte er aber nicht immer. Naby Keita war zu Beginn seiner Karriere stabil. Der Mann, der sich am Wochenende zum 29. Geburtstag gratulieren ließ, galt in seinen jungen Jahren als zuverlässiger Profi. In zwei Saisons bei RB Salzburg fiel er nur wegen Malaria etwas länger aus. Danach in Leipzig waren es in zwei Jahren nur 31 Fehltage, auch hier wegen des Oberschenkels. Er wurde zum besten Spieler der Bundesliga und gewann später mit Liverpool die bedeutendsten Vereinstrophäen, von der Champions League über die Meisterschaft bis zum Weltpokal. 65 Millionen Euro betrug sein Wert. Doch je älter sein Körper wurde, desto seltener spielte er mit.

Der Weg zurück zum Glück ist nun schwierig: Bei Werder hat sich ein Mittelfeld mit Senne Lynen, Jens Stage und Romano Schmid etabliert. Alle drei sind fünf Kilometer pro Stunde schneller als Keita, der in seinen 81 Minuten im Werder-Trikot auf den unzureichenden Topspeed von 27,6 km/h kam. Auch Leo Bittencourt kann und will die Positionen im Mittelfeld spielen. Zuletzt gegen Heidenheim wechselte Ole Werner nicht etwa Keita ein, sondern den jungen Lyon-Leihspieler Skelly Alvero, der gute Ansätze im Zweikampf zeigte und der sich beweisen muss, damit Werder ihn im Sommer kauft.

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Keita steht in Bremen bis 2026 unter Vertrag. Viel Zeit, um den Ruf zu verbessern. Was er Werder geben kann, hat er bei seinen Kurzauftritten gezeigt. Es war nicht alles schlecht. Er bringt eine Ballsicherheit mit, die gerade dem manchmal hektisch wirkenden Werder-Spiel guttun kann. Von seinen 45 Pässen kamen 78 Prozent an. Auch Dribbeln auf engem Raum kann er, um sich aus einer Bedrängnis zu befreien und eine neue Spielsituation zu erzeugen. Dreimal dribbelte er, jedes Mal setzte er sich durch. Das Problem ist ohnehin nicht sein Können, sondern sein Körper: Schafft er es noch mal, konstant mitzuhalten?     

Auch jenseits der Trikotverkäufe ist Keita für Werder ein wirtschaftlicher Faktor. Im Sommer lag sein Marktwert immerhin noch bei zwölf Millionen, in seiner Zeit bei Werder hat er diesen mehr als halbiert. Die Hoffnung ist vage geworden, ihn in Bremen wieder hinzubekommen und teuer verkaufen zu können. Bisher scheitert das schon am ersten Teil des Vorhabens. Immerhin: Keita gehört noch zu den wertvolleren Spielern im Kader – zumindest in der Theorie. In der Praxis geht es für ihn nun darum, an Konkurrenten vorbeizukommen, von denen er vor seinem Wechsel noch nie etwas gehört hatte, weil sie nie auf seinem früheren Niveau spielten.

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