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Werder-Kolumne Der Silva-Transfer: Sinnvoll – oder wieder nur ein großer Name?

Der Silva-Transfer ist eine Wette auf die Rückrunde. Doch ob dieser Wechsel sinnvoll war, wird erst im Mai klar sein, meint Jean-Julien Beer. Denn bei Werder konkurrieren nun zwei Ziele miteinander...
10.02.2025, 17:43 Uhr
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Der Silva-Transfer: Sinnvoll – oder wieder nur ein großer Name?
Von Jean-Julien Beer

Als Fußball-Manager muss man damit leben, dass eine heute getroffene Entscheidung erst in ein paar Monaten bewertet wird – und es dann von einer breiten Öffentlichkeit ein Urteil darüber gibt, wie sinnvoll die Entscheidung war. Das gilt auch für Transfers. Zu viele Fehlgriffe kosten einen Manager schnell den Job. Ein guter Griff hingegen und erst recht eine längere Erfolgsstory sorgen dafür, dass so mancher Manager noch viele Jahre von seinem erworbenen Ruf lebt – und in der erfolgssüchtigen Fußballbranche immer wieder einen Job bekommt.

Ob der Transfer von André Silva, den die Bremer bis Saisonende von RB Leipzig ausgeliehen haben, notwendig und sinnvoll war, wird nach dem 34. Spieltag im Mai abgerechnet. Es ist auf jeden Fall spannend, was da gerade passiert: Denn die Verpflichtung des Torjägers konkurriert in direkter Weise mit dem Vereinsziel, jüngere Stürmer wie Justin Njinmah, Marco Grüll und Keke Topp zu formen und ihnen auf Bundesliga-Niveau möglichst viel Spielpraxis zu geben, um sie zu entwickeln und gewinnbringend zu verkaufen.

Weil sich für Werder in der Tabelle die Chance auf den Europapokal auftut, war es verlockend, den Kader durch Silva zu verstärken. Es ist eine Wette auf die Rückrunde. Fakt ist aber: Durch den dritten ausgeliehenen Spieler, nach Derrick Köhn und Issa Kaboré nun Silva, schafft Werder keine eigenen Werte im Kader. Im blödesten Fall profitieren nur deren Stammvereine davon, wenn diese Jungs ordentlich spielen. Aus Trainersicht ist die Sache einfach: Auch wenn Ole Werner den Auftrag hat, erstens die Liga zu halten und zweitens junge Spieler zu fördern, damit Werder sie verkaufen kann – der Trainer hat lieber einen Mann mit Silvas Qualitäten im Kader.

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In einer Mannschaft, in der ein Mittelfeldspieler wie Jens Stage nach 21 Spieltagen mit sieben Treffern der erfolgreichste Torschütze ist, tut ein neuer Stürmer grundsätzlich gut. Von den Bremer Angreifern haben in dieser Saison nur Marvin Ducksch und Marco Grüll ordentlich getroffen. Ducksch steht bei sechs Toren, Grüll bei fünf. Der oft verletzte Njinmah spielte 662 Minuten und traf zwei Mal. Der junge Hoffnungsträger Keke Topp fehlt noch verletzt. Seine Bilanz: 193 Bundesligaminuten für Werder, ein Tor. Da hilft es leider nicht, dass der offensive Mittelfeldspieler Romano Schmid trotz seiner begnadeten Technik und 1778 Einsatzminuten erst ein Tor geschossen hat. Selbst „Teilzeitkraft“ Leo Bittencourt hat schon zwei Treffer erzielt – in nur 625 Minuten.

Werder weiß bei Silva, auf was man sich eingelassen hat. Im Prinzip ist es wie bei Rafael Borré in der vergangenen Saison. Auch er war mal ein gefeierter Mann bei Eintracht Frankfurt, doch als die Tore des Europa-League-Gewinners weniger wurden und die Karriere stockte, kam er plötzlich als Leihgabe zu Werder. Nicht etwa, weil er gerne für Bremen spielen wollte, eher das Gegenteil war der Fall. Borré wirkte in den Werder-Spielen wie eine Ich-AG. Ihm ging es nur darum, seine Karriere wieder in Schwung zu bringen und auf das nächstbeste Angebot zu lauern. Als das kam, im Winter vom brasilianischen Klub Internacional, da wurde die Leihe in Bremen ruckzuck beendet. Sein Ziel war erreicht.

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Auch bei Silva darf man nichts anderes erwarten. Der portugiesische Nationalstürmer hat schon mal 28 Bundesligatore in einer Saison für Eintracht Frankfurt geschossen, deshalb lag sein Marktwert viele Jahre zwischen 20 und 45 Millionen Euro – deutlich jenseits aller Werder-Profis. Einer wie Silva möchte in der Champions League spielen, Bremen ist eher der Zwischenschritt zum nächsten Vereinswechsel. Wenn beide Seiten von dieser Leihe profitieren, ist dagegen nichts einzuwenden. Als Fan sollte man aber eher kein Silva-Trikot kaufen. Das könnte schnell veraltet sein.

Einen Mehrwert schafft ein solcher Spieler nur dann, wenn er den Verein in den Europapokal und damit an die internationalen Geldtöpfe führt. Der sichere Klassenerhalt wäre nach der Verpflichtung von Silva kein Erfolg mehr, für den man sich bei Werder feiern dürfte – denn das würde die Mannschaft auch ohne ihn schaffen. Und wenn Spieler wie Grüll, Njinmah, Topp oder Ducksch dabei ihren Marktwert erhöht hätten, wäre auch das für Werder wirtschaftlich lukrativ gewesen, ohne die Investition in eine Leihgebühr an RB Leipzig sowie eine Übernahme des Silva-Gehaltes jenseits der Millionengrenze. Im Mai wird man sehen, wie sinnvoll der Transfer war. Endet die Saison durchschnittlich, hätte Werder nach Borré und Naby Keita wieder vergeblich auf den Effekt eines großen Namens gehofft. Schafft Werder durch Silva Europa oder das Pokalfinale, dann war er ein Volltreffer.

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