Bremen. Blei im Trinkwasser kann krank machen. Wie Mieter auf Nummer sicher gehen und welche Ansprüche sie geltend machen können, weiß der Geschäftsführer des Bremer Mieterschutzbundes Gert Brauer. Notfalls, sagt er, kann der Mieter den Hauseigentümer sogar verklagen.
Sie sind schön anzuschauen, die alten, um 1900 gebauten Bremer Häuser. Was auf den ersten Blick nicht zu sehen ist, sind eventuell vorhandene, alte Trinkwasserleitungen aus Blei. Steht das Wasser längere Zeit in diesen Rohren, kann es sein, dass Spuren von gesundheitsschädlichem Blei im Wasser zu finden sind. Ob im Haus noch alte Leitungen aus Blei existieren, das müssen Hausbesitzer ihren Mietern laut Trinkwasserverordnung mitteilen. Halten sie damit hinterm Berg, müssen sie ab 1. Dezember 2013 mit einer Geldbuße rechnen.
Wer vorsätzlich oder auch nur fahrlässig verschweige, dass im Haus Trinkwasser durch Blei-Rohre fließt, begehe eine Ordnungswidrigkeit, erklärt der Sprecher des Senators für Gesundheit, Jens Schmidt. Auf welchen Betrag sich Hauseigentümer in dem Fall gefasst machen müssen, kann er noch nicht sagen.
Dass es Häuser gibt, in denen Trinkwasser zumindest durch Leitungsteile aus Blei fließt, ist unbestritten. Aber anders als der Vorsitzende des Vereins Deutscher Vermieter Matthias Volkmer (wir berichteten) geht Jens Schmidt davon aus, dass es in Bremen nicht mehr allzu viele Häuser gibt, in denen Leitungen aus Blei das Trinkwasser belasten. Gesicherte Zahlen hat aber auch er nicht parat. Der Sprecher der Gesundheitsbehörde sagt: "Vor zehn bis 20 Jahren wurde allgemein geschätzt, dass in etwa in zehn Prozent der Privathaushalte der Grenzwert für Blei im Trinkwasser überschritten wurde." Heute weise das Bremer Trinkwasser in der Regel einen Wert von weniger als zwei Mikrogramm Blei je Liter auf. "Insofern wird in den meisten Fällen auch der ab 1. Dezember gültige Trinkwassergrenzwert von zehn Mikrogramm je Liter zum Teil weit unterschritten", so Schmidt.
Die Kontrolle gestaltet sich schwierig. Mitarbeiter des Gesundheitsamtes prüfen einmal im Jahr das seit Jahren unbelastete Wasser des Trinkwasserversorgers SWB auf Blei und andere Belastungen. Ansonsten sind sie auf die Mithilfe der Bürger angewiesen. Hin und wieder finden die Behördenmitarbeiter in den privaten Proben Rückstände. Zahlen und Befunde will Schmidt nicht nennen. In öffentlichen oder gewerblichen Einrichtungen wird nur nach Bedarf getestet: "Bekommen wir einen Hinweis, dass das Trinkwasser eines Mietshauses Blei enthält, fordern wir den Eigentümer auf dies abzustellen", so Schmidt.
Auch die SWB findet in freiwillig abgegebenen Trinkwasserproben hin und wieder Bleirückstände – betont aber, dass "das Wasser aus dem Trinkwassernetz seit Jahren bleifrei ist". Nicht garantieren könne der Versorger, dass das Wasser bleifrei beim Wasserhahn ankommt. "Für die Hausinstallationen sind die Hausbesitzer zuständig", sagt SWB-Sprecherin Angela Dittmer. Wie oft bei Analysen Blei gefunden wird und wie hoch die Belastung ist, kann auch Dittmer nicht sagen. Die Ergebnisse würden nicht dokumentiert.
Nach Einschätzung von Gert Brauer ist vielen Bürgern gar nicht bewusst, dass in ihren Häusern und Wohnungen alte Blei-Leitungen liegen. Im vergangenen Jahr hätten sich lediglich 40 bis 50 Bürger beim Bremer Mieterschutzbund informiert. "Viele kommen erst zur Beratung, wenn sie Kinder bekommen", sagt er.
Ein Risiko sollten besonders Eltern von Säuglingen und Kleinkindern sowie Schwangere nicht eingehen, sagt Regina Aschmann von der Verbraucherzentrale Bremen. "Gerade weiches Wasser, wie wir es in Bremen haben, begünstigt , dass sich Metalle aus der Leitung lösen." Mit dem Ablaufen lassen von Wasser, das lange in Leitungen gestanden hat, dürften sich weder Eltern noch Schwangere begnügen. "Sie sollten Wasser in Flaschen kaufen", rät die Expertin für Ernährung.
Sie fordert, dass die Vermieter auch die letzten Blei-Leitungen austauschen. Die Wohnungsbaugesellschaft wirbt damit, dass sie "kein Gebäude mehr im Bestand hat, in dem das Trinkwasser durch Bleileitungen fließt", erklärt Sprecherin Karin Liedtke. Die Gewoba habe bereits vor 15 bis 20 Jahren alle ihre Wohnungen sanieren und Bleileitungen austauschen lassen.
Für Vermieter gibt es klare Pflichten. Mieter können schon jetzt jederzeit einen Nachweis darüber verlangen, ob und wie viel Blei im Trinkwasser enthalten ist. "Bitten Sie den Vermieter um eine Analyse", rät Brauer. Zwischen 20 und 30 Euro kostet eine Analyse. Einen Schnelltest für zu Hause gibt es nicht.
Brauer hat die Erfahrung gemacht, dass sich Vermieter um einen Test gerne drücken. Reagiert der Hauseigentümer nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen, kann der Mieter das Wasser auf Kosten des Vermieters testen lassen. "Sind die Grenzwerte überschritten, haben Mieter einen Anspruch auf Mietminderung bis zu zehn Prozent oder darauf, dass der Vermieter die Leitungen auf eigene Kosten austauscht", sagt Brauer. Reagiere der Hauseigentümer nicht, "kann der Mieter klagen" – und im äußersten Fall die Sanierung durch eine Fachfirma in Auftrag geben.Doch soweit, sagt Brauer, lassen es die meisten Vermieter nicht kommen. Viele, erklärt der Geschäftsführer des Vereins "Haus und Grund" in Bremen, Bernd Richter, hätten ihre Häuser ohnehin bereits modernisieren und dabei Blei-Rohre entfernen lassen. Richter schätzt, dass bis zu 85 Prozent der Blei-Leitungen erneuert sind. Probleme machten "Restteile aus Blei, von denen Hauskäufer und auch viele Verkäufer von Gebäuden gar nichts wissen."