- Um wie viel Geld es geht
- Warum der Haushalt nicht komplett gedeckt ist
- Was die größten Vorhaben sind
- Welche Projekte der Koalition besonders wichtig sind
- Was die Opposition kritisiert
- Warum zwei Haushalte auf einmal beschlossen werden
- Warum die Lage ab 2024 schlechter wird
Die Einschaltquoten des Bürgerschafts-Livestreams werden an diesem Mittwoch voraussichtlich keine Spitzenwerte erreichen. Auf dem Programm steht ganztägig ein Thema: der Haushalt für die Jahre 2022 und 2023. Kein Kracher, was den Unterhaltungswert angeht – trotzdem ist der Beschluss ungemein wichtig. Der Haushalt ist das Korrektiv zum Koalitionsvertrag: Im Etat für Stadt und Land ist bis auf den Cent genau aufgelistet, welche der politischen Versprechungen umgesetzt werden. Er ist die Regierungserklärung in Zahlen. Ein Überblick, was man zum Haushalt wissen muss.
Um wie viel Geld es geht
Jeweils knapp mehr als fünf Milliarden Euro für das Land in den Jahren 2022 und 2023, für die Stadt Bremen jeweils 3,5 Milliarden Euro: Das ist das Gesamtbudget inklusive Investitionen, Sozialleistungen, Personalkosten, Ausgaben für Zinsen und der Mittel aus dem Corona-Sondertopf namens Bremen-Fonds. Der größte Bremische Haushalt aller Zeiten wird der neue nicht sein, das bleibt bis auf Weiteres der aktuelle mit rund 5,5 Milliarden Euro (Land) – aber der neue Doppeletat bewegt sich auf einem ähnlichen Niveau.
Für Investitionen sind im Land Bremen 391 Millionen Euro (2022) und im folgenden Jahr 387 Millionen Euro geplant. Die Stadt Bremen kann 345 Millionen Euro im kommenden und 368 Millionen Euro im Jahr 2023 für Investitionen ausgeben. Wollen Stadt und Land mehr Geld investieren, geht das nur über den kreditfinanzierten Bremen-Fonds (Gesamthöhe: 1,2 Milliarden Euro). Aus ihm stehen vorsorglich für das Land noch nicht konkret vergebene Mittel in Höhe von 140 Millionen Euro (2022) und 120 Millionen Euro (2023) im Etatentwurf, für die Stadt 230 Millionen Euro (2022) und 190 Millionen Euro (2023).
Warum der Haushalt nicht komplett gedeckt ist
Eigentlich müsste Bremen laut der in der Landesverfassung verankerten Schuldenbremse einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen – und würde es auch tun, wäre da nicht die Pandemie. Corona hat aber auch die öffentlichen Haushalte durcheinandergebracht, weil seit Mitte 2020 Steuereinnahmen in großer Höhe unvermittelt weggebrochen sind. Die Rechtslage lässt zu, dass die öffentliche Hand in Krisenzeiten eine außergewöhnliche Notlage feststellen kann. Damit wurde es möglich, für Steuerausfälle Kredite aufzunehmen oder den Bremen-Fonds (insgesamt 1,2 Milliarden Euro) über Kredite zu finanzieren. Die Notsituation soll auch für 2022/2023 beschlossen werden.
Konkret bedeutet die Lücke bei den Steuereinnahmen, dass nach Angaben von Finanzsprecher Simon Hamann jeweils für Stadt und Land pro Jahr rund 140 Millionen Euro kreditfinanziert werden müssen. Das geschieht laut Finanzsprecher Simon Hamann im Rahmen des Bremen-Fonds, verringert aber nicht dessen Spielraum. Zusätzlich muss innerhalb der neuen Haushalte gespart werden: 100 Millionen Euro im Jahr 2022 und rund 70 Millionen Euro 2023, die "globale Mindereinnahme".
Was die größten Vorhaben sind
Salopp formuliert, sind es vor allem Steine und Beine, in die investiert werden soll. Beine in Form von Personal, vor allem für Schulen (100 Stellen 2022, 80 Stellen 2023), Polizei (32,5 Stellen 2023) und Feuerwehr (32 Stellen ab 2022, 26 Stellen ab 2023). Ende des Jahres 2023 soll die Kernverwaltung (ohne Eigenbetriebe wie Kita Bremen) ein Beschäftigungsvolumen von 16.100 Vollzeitstellen erreichen (Vergleich zu 2019: 14.600 Vollzeitstellen). Insgesamt entstehen laut dem Haushaltsplan in beiden Jahren rund 400 neue Stellen, viele weitere werden verstetigt. Priorität genießt weiterhin der Bau von Schulen und Kitas. Zusammen rund 105 Millionen Euro stehen in 22/23 für die Sanierung und Neubauten von Schulen zur Verfügung, insgesamt 41 Millionen Euro für neue Kitas.
Ein weiterer Schwerpunkt ist der Klimaschutz. Stadt und Land wollen, so der Plan, insgesamt 172,4 Millionen Euro 2022 und 167,4 Millionen Euro unter anderem für Projekte und Maßnahmen, mit denen der CO2-Ausstoß vermindert wird, ausgeben.
Welche Projekte der Koalition besonders wichtig sind
"Finanzpaket der Vernunft" haben die Fraktionen von SPD, Grünen und Linken ihre rund 40 Millionen Euro teure Wunschliste genannt. Inhaltlich stehen bessere Bildungschancen auf der Agenda, Projekte für sozialen Ausgleich und klimafreundliche Zukunftsinvestitionen.
Konkrete Beispiele sind der Ausbau von niedrigschwelligen Frühförderungsplätzen (2,5 Millionen Euro), die Doppelbesetzung an Grundschulen in benachteiligten Stadtteilen (1,8 Millionen Euro). "Das ist uns ein soziales Kernanliegen“, sagte Sofia Leonidakis (Linke). Mit zwölf Millionen Euro aus dem Bremen-Fonds soll eine neue Familiencard für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre mit jährlichem Freizeit-Budget von 60 Euro finanziert werden. Sie ermögliche es allen, "an den vielen schönen Angeboten in unseren beiden Städten teilzunehmen", sagte Mustafa Güngör (SPD). Björn Fecker (Grüne) betonte, der neue Doppelhaushalt schaffe die "finanzielle Basis, um den Solar-Turbo zu starten“.
Was die Opposition kritisiert
Wenn die CDU über die Ausgaben bestimmen könnte, würden Schulen und Kitas 20 Millionen Euro für Luftfilter und andere Maßnahmen erhalten, um auch in der Pandemie möglichst großen Schutz zu bieten. Aus Sicht der Christdemokraten müssten außerdem schon jetzt mittlere dreistellige Millionenbeträge in den Umbau der öffentlichen Infrastruktur investiert werden, sie bemängeln einen "gigantischen Sanierungsstau". Auch Polizei und Justiz sind der CDU zufolge personell zu schlecht ausgestattet. Der Finanzierungsvorschlag der Fraktion setzt unter anderem auf die Auflösungen von Sonderrücklagen und verschlankte Strukturen in den Ressorts.
Einsparungen in der Verwaltung ist auch ein Punkt, den die FDP innerhalb ihrer insgesamt rund 70 Änderungsanträge FDP anführt. Die Haushaltsexperten der Liberalen plädieren außerdem dafür, die Wirtschaft mit rund 80 Millionen Euro zu stärken sowie im Bildungsbereich sogenannte "Aufstiegsscouts" einzustellen und das Ordnungsamt personell zu verstärken.
Warum zwei Haushalte auf einmal beschlossen werden
Das hat mit der Zeit zu tun, die es dauert, einen öffentlichen Haushalt aufzustellen: Von den ersten groben Entwürfen bis zum Beschluss des Parlaments vergeht im Normalfall rund ein Jahr. Zwei Haushaltsjahre auf einmal abzudecken, entlastet die Verwaltung und die Regierungsfraktionen, die sich dann nicht in einer Endlosschleife aus Beratungen und Verhandlungen befinden. Seit 2004 werden in Bremen Doppelhaushalte gemacht, es gibt aber auch Ausnahmen: Die Haushalte 2020/21 waren gemeinsam beraten worden, sie wurden aber nicht gemeinsam beschlossen.
Warum die Lage ab 2024 schlechter wird
Der Haushalt enthält schon jetzt keine großen Freiräume. Abzusehen ist, dass sich die Lage ab 2024 deutlich verschlechtert, denn dann zeichnen sich laut Finanzressort schon jetzt dreistellige Millionenlücken ab. Ab 2024 ist ein Ausnahmezustand wie aktuell voraussichtlich aber nicht mehr möglich, außerdem beginnt dann die Rückzahlung des Bremen-Fonds. Auf Bundes- wie Landesebene wird deshalb verstärkt über eine Aufweichung der Schuldenbremse diskutiert.