Vom Bremer Flughafen ausgehende Schadstoffbelastungen der Ochtum und ihrer Seitengräben haben sich bis Huchting, in die Neustadt und nach Woltmershausen, Strom und Seehausen ausgebreitet. Auf dem Areal, der Quelle des Übels, ist am Freitag nach Angaben des Umweltressorts eine Grundwasserreinigungsanlage in Betrieb gegangen.
Bis 2003 von der Flughafenfeuerwehr verwendete Löschschäume enthielten per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC), die sich über die Flächenentwässerung verbreiten können. Die Behörde hatte 2019 einen „PFC-Schadensfall am Bremer Flughafen“ gemeldet. Die von der Flughafen GmbH in Auftrag gegebene Sanierung hätte schon vor einem halben Jahr beginnen sollen. Die hydraulische Sanierung war bereits im Herbst behördlich angeordnet worden. Nun wird das Grundwasser mit Aktivkohlefiltern gereinigt. Laut der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe der senatorischen Abteilungen für Häfen, Gesundheit und Umwelt an die Fachdeputation muss die Anlage zunächst erprobt werden.
Im Oktober soll sie in den Regelbetrieb übergehen. „Parallel zur Grundwassersanierung im Bereich Feuerlöschübungsplatz“ werde die Planung der Kanalsanierung vorangetrieben, um zu verhindern, dass mit PFC belastetes Grundwasser in das Entwässerungssystem gelangt. Außerdem soll Wasser aus „belasteten Drainagesträngen“ der Grundwasserreinigungsanlage zugeleitet werden. Und es gilt, Probleme zu bewältigen, die mit starken Schwankungen der Ablaufmengen einhergehen.
Um die PFC-Kontaminierung der Ochtum in den Griff zu bekommen, hat die städtische Flughafen GmbH Rücklagen von vier Millionen Euro gebildet, die Kosten der gegenwärtigen Arbeiten wurden im Vorfeld auf zunächst rund 1,7 Millionen Euro geschätzt. Wann das Ochtumwasser wieder nutzbar sein werde, sei nicht absehbar, hatten Umweltsenatorin Maike Schaefer und Umweltstaatsrat Ronny Meyer (beide Grüne) bekundet. Der aktuelle Auftrag ist auf fünf Jahre ausgelegt.
Belastung sehr niedrig
Seit dem Frühjahr 2019 gilt eine Empfehlung der Gesundheitssenatorin und des niedersächsischen Verbraucherschutzministeriums, keine Fische aus der Ochtum zu verzehren. Nachdem im Februar neue Proben entnommen worden waren, hat auch die Ansage Bestand, Gärten nicht mit Wasser aus den Ochtumgräben zu bewässern. Lediglich in der Huchtinger Ochtum ist laut Behörde keine Belastung erkennbar. Und was das Grundwasser betrifft, waren westlich der Grollander Ochtum 2019 in Gartenbrunnen „keine PFC-Konzentrationen festgestellt“ worden, die gegen eine Gartenbewässerung sprächen. Nach der Überprüfung von Obst- und Gemüseproben der Ernte von 2019 aus Grollander Haus- und Kleingärten zog das Gesundheitsressort das Fazit, die Belastung sei sehr niedrig. Der Verzehr sei für Erwachsene unbedenklich. Ob auch für Kinder, ließ sich mangels Analysemöglichkeiten nicht definitiv sagen.
Anstatt mit Geringfügigkeitsschwellenwerten wie beim Grundwasser und mit sogenannten TWI-Werten zu operieren, die die Aufnahmemenge beschreiben, bei der keine nachteiligen Auswirkungen zu erwarten sind, müssten fundierte PFC-Grenzwerte her, sagt Ralph Saxe (Grüne), Bürgerschaftsabgeordneter und stellvertretender Sprecher der Umweltdeputation. Ein Aspekt, der in die Novelle der europäischen Trinkwasserverordnung einfließen müsse. „Wir beschäftigen uns mit der Spitze des Eisbergs. Das ist wie beim Mikroplastik“, sagt Saxe. „Die Stoffe reichern sich an und bauen sich nur langsam ab, da muss das Vorsorgeprinzip gelten. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Es ist erstaunlich, wie wenig man darüber weiß.“ Das Gesundheitsressort beschreibt es so: „Die PFC-Analytik stößt derzeit noch an Grenzen, was die Bestimmung sehr niedriger Gehalte betrifft.“
Der Abgeordnete Hartmut Bodeit (CDU) aus Huchting sieht es so ähnlich wie Saxe. „Den Warnhinweis, Kinder kein Obst und Gemüse aus den Gärten dort essen zu lassen, unterstreichen wir. Überall ist getestet worden, aber nicht in der Alten Ochtum. Das sollte man unbedingt tun, um auch an der Norderländer Straße eine Risiko ausschließen zu können“, sagt er. „Die Verunsicherung im Stadtteil ist zum Teil groß. Gut, dass jetzt was passiert.“
Bremen und Niedersachsen hatten außerdem gemeinsam ein „bundesweit einzigartiges Monitoring“ auf PFC bei Weidetieren gestartet. Ergebnis: Bei Milch von Kühen aus dem Bereich der Ochtum wurde keine gesundheitlich bedenkliche Belastung mit PFC-Verbindungen festgestellt. Anders sah es bei der Untersuchung von Rinder- und Schaflebern aus. Hierzu hat das Bundesinstitut für Risikobewertung in dieser Woche unter Bezugnahme auf die niedersächsischen Ergebnisse grundsätzlich festgestellt, dass bundesweit „Personen, die Leber von Schaf oder Rind in den übermittelten Gehalten verzehren“, erhebliche Mengen von PFAS, einem Stoff der PFC-Gruppe, aufnähmen. Allerdings stellte das Institut auch fest, dass es keinen Anlass gebe, in Niedersachsen diesbezüglich auf „eine regionale Besonderheit“ hinzuweisen.