Kaum noch eine Woche vergeht in Bremen ohne militante linksextremistische Aktion. Am vergangenen Wochenende war es „nur“ eine großflächige Schmiererei an der FDP-Zentrale, wenige Tage zuvor traf es die Awo. Dort hatte der Anschlag eine andere Qualität.
Steine und mit Farbe gefüllte Flaschen flogen gegen den Sitz des Wohlfahrtsverbandes, wobei beträchtlicher Sachschaden entstand. Die Attacke war Höhepunkt einer Einschüchterungskampagne gegen die SPD-nahe Organisation, die im Auftrag der Sozialbehörde die Landeserstaufnahmestelle für Asylbewerber in Vegesack betreibt. Schon zuvor hatten einzelne Mitarbeiter Drohungen erhalten.
Die Reaktion des rot-grün-roten Regierungsbündnisses war bezeichnend. In einer gemeinsamen Erklärung verurteilten die Parteivorsitzenden die Aktion zwar als Ausdruck von Verrohung der politischen Auseinandersetzung, vermieden aber jeden Hinweis auf die Richtung, aus der die Attacke kam. Kein Wort dazu, dass Bremen seit Jahren ein handfestes Problem mit linksradikaler Gewalt hat, das den Verantwortlichen allmählich zu entgleiten droht.
Dabei hätten insbesondere SPD und Grüne allen Anlass, es nicht bei pauschalen papierenen Erklärungen zu belassen, sondern die politische Auseinandersetzung mit dem linksextremen Milieu entschlossen aufzunehmen. Schließlich ist die Awo Fleisch vom Fleische der Sozialdemokraten. Ein Anschlag auf den karitativen Verband müsste eigentlich wie ein Angriff auf die Partei selbst empfunden werden.
Bei den Grünen ist Sozialsenatorin Anja Stahmann derzeit Hassfigur Nummer eins der Linksextremisten, weil sie sich weigert, die Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge komplett zu schließen. Stahmann wird nicht nur Rassismus attestiert. Vorwürfe wie „Lagerhaltung“ und die Behauptung, sie erkläre Flüchtlinge zu „interessanten Forschungsobjekten“, rücken die Sozialsenatorin bewusst in die Nähe zur NS-Ideologie. Kann es überraschen, wenn aus solch maßloser Rhetorik irgendwann Gewalt erwächst?
Die Nachsicht, die SPD und Grüne gegenüber der militanten Linken walten lassen, hat in Bremen Tradition. Man setzt hier auf Beschwichtigung. Wenn einschlägige Gruppen ein Gelände wie am Güterbahnhof widerrechtlich besetzen, käme in anderen Bundesländern vielleicht ein Zug Bereitschaftspolizei und würde dem Spuk ein Ende bereiten.
Nicht so in der liberalen Hansestadt. Hier werden nach einigem Hin und Her Nutzungsverträge abgeschlossen. Im Fall des Alten Sportamtes auf dem Peterswerder drohte die damalige Finanzsenatorin den Besetzern mal mit Zwangsräumung – ein schlechter Bluff, letztlich scheute der Staat auch hier die Konfrontation. Man kann das natürlich so machen.
Nur sollte man sich später nicht wundern, dass sich die Szene ermuntert und bestärkt fühlt. Angesichts dieser Historie ist es schon erstaunlich, wenn der Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz zu Protokoll gibt, er habe keine plausible Erklärung für die Stärke der Linksextremisten in der Hansestadt.
Wegschauen ist keine Option
„Das ist Kaffeesatzleserei“, sagte Dierk Schittkowski dem WESER-KURIER. Nein, ist es nicht. Denn während die Politik in Bremen gegen Neonazis – völlig zu Recht – entschlossen Front macht, wird das Problem linksgerichteter Militanz im rot-grünen Lager gern bagatellisiert oder schlicht ignoriert.
Dröhnendes Schweigen etwa, als vor einiger Zeit die Konrad-Adenauer-Stiftung den Historiker Jörg Baberowski aus Angst vor Störern nicht an der Uni auftreten lassen konnte. Oder als linke Aktivisten, die für sich und ihre Sicht der Welt stets Toleranz einfordern, eine Veranstaltung mit der umstrittenen konservativen Publizistin Birgit Kelle aufmischten, weil sie deren Thesen nicht ertragen.
Wegschauen ist keine Option mehr, das zumindest sollten der Anschlag auf die Awo und die verbalen Attacken gegen die Sozialsenatorin jedem im Bremer Regierungsbündnis klar gemacht haben. Die freiheitliche, pluralistische Gesellschaft wird nicht nur von rechts bedroht, sondern auch von linksaußen.