Sprachlos waren die Mitglieder der Baudeputation, als unversehens ein neuer Punkt auf die Tagesordnung rutschte: Was eher verschämt als „Bereitstellung von zusätzlichen Baumitteln“ für die Discomeile daherkam, beinhaltet zusätzliche Kosten in Höhe von 1,3 Millionen Euro. Damit wird das so lange diskutierte und nun endlich in Gang gekommene Projekt praktisch von einem Tag auf den anderen deutlich teurer als vorgesehen. Im April waren noch Gesamtkosten von etwas mehr als zwei Millionen Euro veranschlagt worden, jetzt rechnet die Verwaltung plötzlich mit 3,3 Millionen Euro.
Und das ist womöglich noch nicht einmal das Ende der Fahnenstange. Laut Bauressort „bleibt abzuwarten“, ob die Kostenberechnungen für den zweiten Bauabschnitt der Realität standhalten. Umso erstaunlicher, dass die Baudeputation die Beschlussvorlage ohne Wortmeldung durchwinkte. Einzig die FDP enthielt sich der Stimme. Weil Kostensteigerungen nun einmal „besonders ärgerlich“ seien, wie Rainer W. Buchholz auf Nachfrage anmerkte. Dass er nicht gegen die Vorlage votierte, begründete er damit, dass die FDP „ja insgesamt für den Umbau“ sei – „einen zügigen noch dazu“.
Das Bauressort erklärt die Kostenexplosion mit der „anhaltend sehr guten Auftragslage der Bauunternehmen und deren hohen Auslastungsgrad“. Ein Gesetz des Markts: Bei starker Nachfrage und geringem Angebot steigen die Preise. Zum Zeitpunkt der Kostenkalkulation im September 2017 sei diese Kostensteigerung nicht vorhersehbar gewesen. Tatsächlich klettern nur die Kosten für den Straßenbau: um 400 000 Euro für den ersten Bauabschnitt und 900 000 Euro für den zweiten Bauabschnitt im Jahr 2020 – so viel ist jedenfalls fürs Erste veranschlagt.
Bremen stemmt den Löwenanteil
Macht zusammen 1,3 Millionen Euro zusätzliche Kosten. Alle anderen Posten für Ampeln, Beschilderungen und Markierungen, öffentliche Beleuchtung sowie Planungskosten bleiben unverändert. Um die Zusatzkosten zu stemmen, muss Bremen eine Million beisteuern, die restlichen 300 000 Euro sind Bundesmittel aus dem Entflechtungsgesetz. Die Gesamtkosten für die Discomeile sind dagegen fast gleichmäßig auf Land und Bund verteilt: Bremen trägt knapp 1,7 Millionen Euro, die Bundesförderung beläuft sich auf 1,6 Millionen Euro.
„Wir haben ein riesengroßes Problem“, gesteht Ralph Saxe (Grüne) ein. Denn: Bei allen Tiefbaumaßnahmen seien erhebliche Kostensteigerungen zu verzeichnen. Schon bei der Umgestaltung des Herdentorsteinwegs oder dem Fahrradmodellquartier in der Neustadt habe sich das gleiche Phänomen gezeigt. Tatsächlich sind im Fall des Herdentorsteinwegs zusätzliche Kosten von 400 000 Euro zu verzeichnen, das Fahrradmodellquartier wird sogar um fast eine Million Euro teurer.
In beiden Fällen nickten die Vertreter sämtlicher Parteien mit Ausnahme der FDP die modifizierten Vorlagen ab. Beim Herdentorsteinweg ohne weitere Diskussion. Nur bei den höheren Kosten fürs Modellquartier meldeten sich mehrere Abgeordnete „zähneknirschend“ zu Wort. Ähnlich äußerte sich Nelson Janßen (Linke): Kostensteigerungen bei Projekten und Bauvorhaben seien „leider der Normalfall“.
An die lange Vorlaufzeit des Projekts erinnerte Silvia Neumeyer (CDU). „Man hätte schon viel früher Gas geben müssen“, sagte sie. Ihre Rechnung: Bei einem früheren Baubeginn hätte es auch keine so enormen Kostensteigerungen gegeben. „Jetzt müssen wir in den sauren Apfel beißen.“
Dass die Beschlussvorlage für die Kostensteigerung bei der Discomeile erst in letzter Minute als Nachtrag auf die Tagesordnung der Baudeputation rutschte, ist für Jürgen Pohlmann (SPD) kein Grund zum Argwohn. Der Vorsitzende der Deputation sieht darin einen normalen Bearbeitungsvorgang, früher sei die Verwaltung eben nicht fertig gewesen mit der Ausarbeitung des Papiers.
Auch für die ausgebliebene Diskussion kann er eine Erklärung beisteuern: Das Thema sei schon vielfach behandelt worden, Kritikpunkte habe man nicht ausgespart. „Jetzt sind alle froh, dass es endlich richtig losgehen kann.“ Darauf weist auch Nelson Janßen hin. Das Projekt laufe bereits seit Jahren, der Stand der Umsetzung sei „mehr als unbefriedigend“. Die Deputierten wollten „langsam vor allem Fortschritte sehen“.