Begrünte Haltestellendächer, die idealerweise auch bienenfreundlich sind – Ideen dazu gibt es in Bremen mindestens seit dem Jahr 2019. Lange Zeit kam das Projekt allerdings nicht über einen Versuch hinaus: Lediglich eine Haltestelle am Überseetor wurde entsprechend umgestaltet, quasi als Anschauungsobjekt. Erst im vergangenen Sommer kamen einzelne Dachbegrünungen hinzu. Konkret gibt es mittlerweile vier weitere Gründächer am Roland-Center sowie eine begrünte Haltestelle am Ulrichsplatz. Das hat der Senat auf Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion mitgeteilt.
Sechs grüne Haltestellendächer sind also seit der ersten Idee entstanden. 26 Umgestaltungen hatte die damals noch kombinierte Verkehrs- und Umweltbehörde im Jahr 2022 angekündigt – was wird daraus? Beendet ist das Projekt nicht, wie aus der Senatsantwort hervorgeht. Demnach "sind im Bereich der Neubaumaßnahme der Linie 1 in Huchting 19 begrünte Fahrgastunterstände vorgesehen". Weitere neun Begrünungen seien an verschiedenen Standorten angedacht.
Auf Nachfrage des CDU-Umweltpolitikers Hartmut Bodeit erklärte Verkehrssenatorin Özlem Ünsal (SPD) in der Stadtbürgerschaft allerdings, dass es zwar Überlegungen, aber keine konkreten Planungen für diese Standorte gebe. Grundsätzlich verteidigte Ünsal das Projekt als "sinnvolle Maßnahme" für den Insektenschutz und das Stadtklima. Bodeit erwiderte, dass er bislang keinen Erfolg erkennen könne. Ob man das Geld nicht besser in Blühwiesen hätte anlegen sollen, fragte der Christdemokrat rhetorisch.
Eben jenes Geld – konkret ein Betrag von 18.600 Euro, den Bremen laut Senatsantwort bislang für die Begrünung bezahlt hat – sorgte für weitere Nachfragen. Ole Humpich (FDP) zeigte sich erstaunt, dass dafür nicht die Wall GmbH aufkommt. Das Unternehmen, das zur Gruppe des französischen Werbekonzerns JCDecaux gehört, ist seit Jahrzehnten für die Wartehäuschen in Bremen zuständig. Es liefert der BSAG jährlich ein gewisses Kontingent an Fahrgastunterständen und refinanziert diese über die Vermarktung der integrierten Werbeflächen.
Besondere statische Anforderungen
Zur Kostenfrage heißt es in der Senatsantwort: "In Abhängigkeit vom Ausbau digitaler Werbeträger ist die Ausstattung mit einem Gründach ebenfalls für die BSAG kostenfrei." Im Folgenden wird aber relativiert, dass die "Mehrkosten für die Gründächer" entlang der Linie 1 durch das Projekt – also durch die Stadt – zu tragen seien. Das sei die Vertragsgrundlage, die man mit der Wall GmbH habe, sagte Ünsal auf Nachfrage.
Ob die Begrünung und deren Kostenübernahme bei zukünftigen Verträgen mit Betreibern der Haltestellen wichtige Punkte der Ausschreibung sein würden, fragte Humpich. Ünsal kündigte an, die Nachfragen in der Fachdeputation beantworten zu wollen.
Allein von finanziellen Fragen hängt die Umsetzung des Projekts nicht ab. Vorhandene Dächer können nicht einfach begrünt werden, weil die Last durch Erde und Pflanzen zu groß wäre. Nötig sind also neue Dächer. Dabei gibt es besondere statische Anforderungen: Bremen ist als relativ küstennahe Stadt in die sogenannte Windlastzone drei eingeordnet – die stärkeren Winde müssen bei der Konstruktion berücksichtigt werden.
Leipzig beispielsweise liegt in der Windlastzone zwei. Von 2019 an wurden dort innerhalb eines Jahres Hunderte Wartehäuschen mit Grün- beziehungsweise Solardächern ausgestattet. Der Windvorteil dürfte für dieses Tempo aber eine untergeordnete Rolle gespielt haben: Die neuen Dächer gab es im Zuge eines Austauschs aller Wartehäuschen, nachdem die Betreiberfirma gewechselt hatte – von der Wall GmbH zur RBL Media GmbH.