Die Straßenbahn in der Bremer Innenstadt bleibt, wo sie ist – keine Verlegung von der Obernstraße in die Martinistraße. So wird es nach Informationen des WESER-KURIER an diesem Dienstag offiziell gemacht. Damit geht eine Diskussion zu Ende, die seit fast 30 Jahren schwelt und zuletzt für beträchtlichen Ärger in der rot-grün-roten Regierungskoalition gesorgt hat. Streit gab es insbesondere zwischen der SPD und den Grünen. Die einen waren für die Verlegung, die anderen, und dies vor allem in der Person der ehemaligen Bau- und Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne), waren strikt dagegen. Zum Schluss obsiegten offenbar die Fakten: Das Projekt wäre immens teuer geworden und hätte viele Jahre Planungs- und Bauzeit beansprucht.
In einer Machbarkeitsstudie, deren Ergebnisse grob bereits im Sommer feststanden, werden die Kosten mit bis zu 140 Millionen Euro ausgewiesen. Sie hätten allein von Bremen gestemmt werden müssen. Eine Förderung vom Bund wäre nicht zu erwarten gewesen, weil es mit der Verlegung keine Verbesserung des ÖPNV gegeben hätte, sondern eher eine Verschlechterung. Auch das haben die Gutachter in ihrem mehr als 60 Seiten starken Papier festgestellt. Für Planung und Bau wird eine Zeitspanne von acht bis 14 Jahren angegeben.
Handelskammer und SPD-Fraktionschef waren für Straßenbahn-Verlegung
Im Stillen hatte angesichts dieser hohen Hürden eigentlich niemand mehr daran gezweifelt, dass die Schienen in der Obernstraße liegen bleiben. Trotzdem gab es in den vergangenen Monaten weiterhin Beratungen und aufwendig gestaltete Workshops. Maßgeblich für die Verlegung hatten sich unter anderen die Handelskammer und SPD-Fraktionschef Mustafa Güngör ausgesprochen. Noch in der vergangenen Woche gab es in der Sache Gespräche zwischen Güngör und seiner Parteigenossin Özlem Ünsal, die in Bremen seit Juli das Bau- und Verkehrsressort führt. Ünsal ist es nun und nicht Maike Schaefer von den Grünen, die das Projekt beerdigt.
Technisch wäre eine Verlegung möglich gewesen, anders als in der Vergangenheit behauptet. Die Straßenbahn hätte sozusagen die Kurve kriegen können, um von der Balgebrückstraße in die Martinistraße einzubiegen. Die Verbindung von der Tiefer zum Brill ist im vergangenen Jahr nach einem Verkehrsversuch auf zwei Fahrspuren reduziert worden, um den Radfahrern mehr Raum zu geben und die Durchlässigkeit zwischen City und Schlachte zu verbessern. Die Straßenbahn hätte dieses Ziel möglicherweise konterkariert. Auch das war ein Punkt der Überlegungen.
Mit der Entscheidung ist nun der Weg frei für den Umbau der Domsheide. Eigentlich ist er längst fällig, weil an dem Verkehrsknotenpunkt dringend die Schienen und Weichen ausgetauscht werden müssen. Doch weil bisher niemand sicher wusste, ob es zur Verlegung der Straßenbahn kommt und mit dieser Frage eine Zeit lang die Lage der Haltestationen verbunden war, wurden die Bauarbeiten aufgeschoben. Vom Tisch sind die Pläne, die Bahnen zentral entweder vor dem Konzerthaus Glocke oder in der Balgebrückstraße halten zu lassen. Es wird, so wie heute schon, zwei Punkte geben, an denen die Fahrgäste ein- und aussteigen können. In dieser Hinsicht wird sich der Aufwand beim Umbau also in Grenzen halten. Anders bei der Barrierefreiheit, unter anderem dafür wird die Domsheide von Grund auf angepackt.
Özlem Ünsal lädt für diesen Dienstag zu einer Pressekonferenz ein. Dort soll es dem Vernehmen nach nicht nur um die abgesagte Verlegung der Straßenbahn gehen. Die Senatorin wolle vielmehr nach vorne schauen und Ansätze vorstellen, wie man den Raum zwischen Obernstraße und Schlachte aufbessern könnte. Ünsals Vorgängerin kommentiert derweil bereits das Ergebnis des Straßenbahn-Streits: "Die Fakten sind seit Langem bekannt, man hätte deutlich früher entscheiden müssen. So haben wir auch beim Umbau der Domsheide zwei wertvolle Jahre verloren", kritisiert Maike Schaefer. Sie wolle nicht in die Position verfallen, es immer schon besser gewusst zu haben, "das ist nicht mein Stil", es tue ihr einfach nur leid um die Bremer Innenstadt, die in ihrer Entwicklung blockiert worden sei.