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Deutsche Bahn Künstliche Intelligenz soll für pünktlichere Züge sorgen

Weniger Zugverspätungen durch künstliche Intelligenz – das verspricht sich die Deutsche Bahn und verweist auf erfolgreiche Tests. Welche Chancen sehen regionale Eisenbahnunternehmen und Fahrgastvertreter?
04.09.2023, 05:00 Uhr
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Künstliche Intelligenz soll für pünktlichere Züge sorgen
Von Felix Wendler
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Die Deutsche Bahn setzt zunehmend auf künstliche Intelligenz (KI), um Verspätungen von Zügen zu reduzieren. Sowohl im Fern- als auch im Nahverkehr hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren KI getestet, die Mitarbeiter vor allem beim Umgang mit Betriebsstörungen unterstützen soll. Mit einem selbst entwickelten Programm konnte die Deutsche Bahn nach eigenen Angaben 2022 rund 58.000 Verspätungsminuten im S-Bahn-Verkehr vermeiden. ­Regionale Eisenbahnunternehmen in Bremen und Niedersachsen sehen in der neuen Technik ebenfalls Chancen, sind bei der Anwendung allerdings noch zurückhaltend.

Wo setzt die Deutsche Bahn KI ein?

Im Nahverkehr kam die KI-Unterstützung bislang bei den S-Bahnen in Stuttgart, im Rhein-Main-Verbund und in München zum Einsatz – in diesem Jahr wird sie auf Berlin ausgeweitet, im nächsten Jahr soll das Hamburger S-Bahn-Netz folgen. Für 2023 erwartet das Unternehmen im S-Bahn-Verkehr 90.000 vermiedene Verspätungsminuten. Laut einer Mitteilung testet die Deutsche Bahn das Programm mittlerweile auch im Mischverkehr, also auf einer Strecke, auf der Güter-, Nah- und Fernverkehrszüge unterwegs sind. 

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Wie funktioniert das Programm?

Das System wird bei Fahrplanabweichungen eingesetzt. Ein Beispiel: Verzögert sich die Abfahrt eines Zuges, erreicht dieser möglicherweise gleichzeitig mit einem anderen Zug einen eingleisigen Abschnitt. Die KI berechnet, welcher Zug zuerst weiterfahren sollte, damit die Verspätungen möglichst gering ausfallen. Wie die Deutsche Bahn in einem Video erklärt, berücksichtigt das Programm auch den Einfluss auf alle anderen Züge im Netz. Das System trifft nach Unternehmensangaben keine eigenen Entscheidungen, sondern liefert Vorschläge. Die Planer „können so frühzeitig eingreifen, bevor ein Engpass eintritt“, heißt es.

Nutzen regionale Eisenbahnunternehmen die Technik?

Die Nordwestbahn (NWB) beobachtet nach eigenen Angaben die Entwicklungen auf dem Markt, setzt aber bislang keine KI ein, um Betriebsabläufe zu optimieren. „Auch die Erfahrungen der Mitbewerber schauen wir uns intensiv an und prüfen eine mögliche Anwendbarkeit“, erklärt NWB-Sprecher Benjamin Havermann. Ähnlich äußert sich das Eisenbahnunternehmen Metronom, das zukünftige Anwendungsmöglichkeiten vor allem in den Betriebszentralen der Netzbetreiber sieht. Fraglich ist, inwiefern die regionalen Unternehmen finanziell in der Lage sind, eigene KI-Programme zu entwickeln. Nach Ansicht von Malte Diehl, Landesvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn Bremen/Niedersachsen, ist das lediglich für zwei, drei größere Privatbahnen denkbar. 

Welche Chancen sehen Fahrgastverbände?

Diehl warnt vor zu großen Erwartungen. "KI hat ihre Vorteile, die aber eher in den 'weichen Bereichen' liegen", sagt er. Betriebsinterne Verbesserungen seien möglich, organisatorische Abläufe könnten optimiert werden – beispielsweise bei der langfristigen Baustellenplanung. Auch in der Fahrgastinformation sieht er Chancen. KI könne dafür sorgen, dass Fahrgäste realistischere Verspätungsvorhersagen in Echtzeit bekämen. An strukturellen Problemen wie Personalmangel oder überlasteten Strecken ändere auch die neueste Technik nichts. Dass Fahrgäste durch die Anwendung von KI seltener ihren Anschlusszug verpassen, erwartet Diehl ebenfalls nicht. Abgefahren werde nach vertraglichen Vorgaben, ansonsten drohten den Unternehmen Strafzahlungen.

Welche Probleme gibt es noch?

Der Erfolg der KI muss sich erst noch im Mischverkehr beweisen. Diehl erinnert ­daran, dass die S-Bahnen bei den bisherigen KI-Tests der Deutschen Bahn größtenteils auf eigenen Gleisen, also in einem geschlossenen System, unterwegs waren. Auch die vermiedenen Verspätungsminuten im S-Bahn-Verkehr müsse man in Relation betrachten, so Diehl. Ihm zufolge entsprechen die für dieses Jahr prognostizierten 90.000 Minuten einer Verspätungssumme, die im gesamten Schienenverkehr innerhalb von zwei Tagen erreicht wird.

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Was plant die Deutsche Bahn?

Die KI wachse mit ihren Aufgaben, sagt ­Daniela Gerd tom Markotten, Bahn-Vorständin für Digitalisierung und Technik. Ziel sei es, sich Schritt für Schritt an einen „bundesweiten Echtzeitfahrplan“ heranzuarbeiten – also das komplette Netz virtuell abzubilden, sodass die KI in Echtzeit verschiedene ­Varianten berechnen und die besten Betriebsabläufe vorschlagen kann. Nach eigenen Angaben nutzt die Deutsche Bahn auch in anderen Bereichen bereits KI-Programme, beispielsweise bei der Instandhaltung und bei Verspätungsprognosen.

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