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Angebotspflicht Bremer Gastronomie hadert mit Mehrweggeschirr

Seit Januar müssen Gastronomen Mehrwegverpackungen für To-go-Gerichte anbieten. In der Praxis passiert das nicht immer, und auch die Nachfrage ist offenbar gering – Bremer Experten fordern Nachbesserungen.
21.07.2023, 05:00 Uhr
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Bremer Gastronomie hadert mit Mehrweggeschirr
Von Felix Wendler

Nach Einschätzung der Verbraucherzentrale wird die Mehrwegangebotspflicht in der Bremer Gastronomie bislang nur teilweise umgesetzt. Demnach verwenden 13 von 24 untersuchten Betrieben in der Innenstadt weiterhin ausschließlich Einwegverpackungen. Die Verbraucherschützer haben laut eigenen Angaben Restaurants, Bistros, Frischetheken von Supermärkten und Cafés getestet. Repräsentativ ist die Erhebung nicht. Seit Jahresbeginn müssen gastronomische Betriebe Mehrwegverpackungen für To-Go-Speisen und -Getränke anbieten. So soll Verpackungsmüll reduziert werden. 

Für wen gelten die Regeln?

Unter anderem für Restaurants, Bistros, Kantinen und Cafés. Auch Supermärkte, Tankstellen oder andere Lebensmittelgeschäfte fallen unter die Neuregelung. Ausnahmen gelten bislang für Betriebe, in denen höchstens fünf Beschäftigte arbeiten und deren Ladenfläche weniger als 80 Quadratmeter beträgt. Diese Anbieter müssen keine eigenen Mehrwegverpackungen anbieten, aber Gefäße akzeptieren und befüllen, die Kunden mitbringen. Keine Ausnahmen gibt es für kleine Geschäfte, die einer Kette angehören. Die Neuregelung verbietet keine Einwegverpackungen, sondern verpflichtet die Betriebe, zusätzlich Mehrwegverpackungen anzubieten.

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Finden Kontrollen statt?

Bislang wird offenbar nicht kontrolliert. Das Ordnungsamt würde nach Auskunft der Innenbehörde „zwingend rechtliche und fachliche Rahmenbedingungen von dem zuständigen Ressort benötigen“, um kontrollieren zu können. Eine Vorgabe müsste das Umweltressort machen. Umweltstaatsrat Jan Fries verweist wiederum auf Gespräche mit dem Lebensmittelüberwachungs-, Tierschutz- und Veterinärdienst, der zukünftig für die Kontrollen zuständig sein solle. Der Dienst ist bei der Gesundheitsbehörde angesiedelt. Laut Fries ist in Kürze eine Kampagne geplant, mit der betroffene Betriebe sowie Verbraucher über Rechte und Pflichten informiert werden sollen. 

Wie fällt die Zwischenbilanz der Gastronomen aus?

Nach rund einem halben Jahr bemängeln die Gastronomen weiterhin unklare Vorgaben. Noch immer sei nicht genau definiert, wann ein Essen als zum Mitnehmen gelte, sagt Thorsten Lieder, Geschäftsführer der Bremer Gastro-Gemeinschaft. Seiner Ansicht nach handelt es sich nicht um ein solches Essen, wenn der Kunde das Produkt direkt „auf die Hand“ mitnimmt. In einem Leitfaden des Umweltbundesamtes heißt es dagegen: „Die Mehrwegangebotspflicht greift auch, wenn der Verzehr direkt vor Ort erfolgt.“ Unklarheit herrscht auch darüber, welche Verpackungsmaterialien wann genutzt werden dürfen.

Wie ist die Nachfrage bei den Kunden?

Mehrwegverpackungen würden insgesamt sehr selten nachgefragt, sagt Lieder. Die meisten Gäste wüssten von der Neuregelung nichts. Die Gesetzesänderung verpflichtet Gastronomen auch, ihre Kunden "durch deutlich sicht- und lesbare Informationstafeln oder -schilder" auf das Mehrwegangebot hinzuweisen. Einige Betriebe wie das Woyton in der Bremer Innenstadt setzen schon länger auf die nachhaltigen Verpackungen. Lieder betont, dass die Bremer Gastronomen dem Thema sehr offen gegenüberstünden und bemüht seien, die Vorgaben umzusetzen. Allerdings sei das System derzeit nicht sonderlich kundenfreundlich.

Was soll sich verändern?

und App-abhängige Mehrwegsysteme – jeder macht es anders. In der Summe ist das zu kompliziert“, sagt Katja Quantius, Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Bremen. Sie plädiert für ein stadtweites, einheitliches Pfandsystem. Auch Lieder unterstützt diese Forderung. In Bremen arbeitet das „Bündnis für Mehrweg“ an einer solchen Lösung. Fries erklärt auf Nachfrage, dass seit dem Frühjahr ein Forschungsvorhaben an der Hochschule Bremen laufe. Ziel sei es, „die mögliche Ausgestaltung einer einheitlichen Mehrweglösung für Bremen und Bremerhaven“ zu beleuchten. 

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Werden Einwegverpackungen verboten?

Lieder rechnet damit, dass Speisen zum Mitnehmen irgendwann ausschließlich in Mehrwegverpackungen angeboten werden dürfen. Auch deshalb sei es wichtig, zügig klare Vorgaben und einheitliche Systeme zu schaffen. Bundesweit gibt es verschiedene Strategien, mit denen der Gebrauch von Einwegverpackungen reduziert werden soll. Der Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg will beispielsweise eine Steuer auf Plastik- und Pappbecher erheben. Der Bund plant zudem eine weitere Änderung des Verpackungsgesetzes, durch das die Gesamtmenge der produzierten Verpackungen sinken soll. Wirtschaftsverbände kritisieren den Vorstoß.

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